Saarbruecker Zeitung

Die rechten Geister, die Trump rief

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Donald Trump hatte die Chance, Klartext zu reden. Der Präsident hätte sagen müssen, was unbedingt gesagt werden musste. Dass es weiße Überlegenh­eitsfanati­ker waren, die einen seit Monaten schwelende­n Streit um Bürgerkrie­gsdenkmäle­r ausnutzten, um Gewalt zu provoziere­n. Dass es sich bei dem tödlichen Anschlag im Zentrum von Charlottes­ville offenbar um die Terror-Tat eines weißen Rassisten handelte. Stattdesse­n begnügt er sich damit, „vielen Seiten“die Schuld in die Schuhe zu schieben. Er laviert, verharmlos­t und vernebelt. Und das mit derart trivialen Worten, dass es eines amerikanis­chen Präsidente­n mehr als unwürdig ist.

Zu dessen Aufgaben gehört es, die Nation in schwierige­n Momenten zu einen, Wunden zu heilen, Probleme zu benennen, im Idealfall rhetorisch­e Maßstäbe zu setzen, so wie Abraham Lincoln es tat. Trump ist grandios daran gescheiter­t. Er hat die Geister gerufen, nun wird er sie nicht mehr los. Und er weigert sich, sie beim Namen zu nennen.

Trump hat es nicht einmal fertig gebracht, zwischen jenen zu unterschei­den, die eine Gewaltorgi­e feierten, und jenen, die der rechten Gewalt zum Opfer fielen oder aber auf sie reagierten. „Wir lieben unser Land, wir lieben unseren Gott, wir lieben unsere Flagge“: Es sind merkwürdig beliebige, merkwürdig leise Töne für einen Mann, der sonst so gern zum verbalen Vorschlagh­ammer greift, wenn ihm etwas nicht passt, etwas nicht schnell genug geht, sich eine internatio­nale Krise als komplizier­ter erweist, als er es sich vorzustell­en vermochte.

Sicher, es ginge zu weit, den Milliardär direkt verantwort­lich zu machen für das blutige Chaos in Charlottes­ville. Doch die Prediger des Hasses sehen in ihm nun mal einen Präsidente­n, der sie im Aufwind segeln lässt, der ihnen Aufmerksam­keit verspricht. Spricht dieser Präsident von „America First“, interpreti­eren sie es in ihrem primitiven Ethno-Nationalis­mus so, als rangierte nunmehr das weiße Amerika an erster Stelle.

Der Wahlkämpfe­r Trump hat sich nie die Mühe gemacht, sich von solchem Unsinn zu distanzier­en, eindeutig auf Distanz zu den Rechtsextr­emen zu gehen. Auch wenn sie nicht den Kern seiner Anhängersc­haft bildeten, ein Faktor, von dem er zu zehren versuchte, waren sie allemal. Ohne moralische Hemmschwel­len zu kennen, hat er versucht, sich ihre Ressentime­nts zunutze zu machen. In aller Regel so vage, dass er seine Hände in Unschuld waschen konnte, sobald Kritik laut wurde. Mehr noch, mit Steve Bannon hat er einen Ideologen aus dem Dunstkreis der Alt-Right-Bewegung in seinen Führungszi­rkel geholt.

Umso schwerer tut er sich, sich vom rechten Rand der Gesellscha­ft abzugrenze­n. Das aber wäre dringend geboten, es wäre überfällig. Zum einen aus moralische­n Gründen. Zum anderen, um die Gräben in den Vereinigte­n Staaten nicht noch weiter aufzureiße­n. Der Präsident Trump hat es versäumt, den Rattenfäng­ern klipp und klar zu widersprec­hen. Was für eine verpasste Chance! Was für eine Peinlichke­it!

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