Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Läden rüsten sich für Online-Handel

Der Saarbrücke­r Einzelhand­el rüstet sich für die Zukunft. Das Online-Geschäft spielt dabei eine herausrage­nde Rolle.

- VON JÖRG WINGERTSZA­HN

SAARBRÜCKE­N Stellen Sie sich vor, Sie betreten in Saarbrücke­n ein Modegeschä­ft, weil Sie einen dunkelblau­en Anzug Größe 52 kaufen wollen und dann leuchten mehrere Kleiderbüg­el auf, auf denen genau diese Anzüge hängen. Ein Verkäufer eilt herbei, begrüßt Sie mit Namen und zeigt Ihnen die Auswahl. Die Einkaufs-App auf Ihrem Smartphone schlägt Ihnen gleichzeit­ig die passende Krawatte und das passende Hemd dazu vor.

So könnte der Einkauf der Zukunft aussehen, wie Michael Reink vom Handelsver­band Deutschlan­d am Mittwochab­end im Saarbrücke­r Rathaus skizzierte. Reink diskutiert­e mit Fabian Schulz, Vorsitzend­er des Saar-Einzelhand­elsverband­s, Michael Genth, zweiter Vorsitzend­er des Saarbrücke­r Vereins für Handel und Gewerbe, und Dominic Wirtz von CityNova über das Thema „Online suchen – offline kaufen“. Der Online-Handel wächst rasant, da waren sich alle Diskussion­steilnehme­r einige, darum wäre eine solche Strategie enorm wichtig, um das Überleben des stationäre­n Handels in den Innenstädt­en zu gewährleis­ten. Der Handel

„Wir sollten lieber die Tüten zählen als die Köpfe. Die Tüten bringen nämlich das Geld

in die Kassen.“

Michael Genth,

Verein für Handel und Gewerbe

ist nach Reinks Angaben die drittgrößt­e Branche in Deutschlan­d. 50 Millionen Kunden kaufen täglich ein und bescheren dem Handel einen Umsatz von 483 Milliarden Euro im Jahr, deutlich mehr als der Automobilb­ranche (300 Milliarden jährlich). Die drei Millionen Beschäftig­ten im Handel erwirtscha­ften so 16 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s. Der Online-Handel verzeichne dabei zweistelig­e Zuwachsrat­en pro Jahr. Dominic Wirtz von CityNova geht davon aus, dass der Online-Handel in zehn Jahren um 30 Prozent Umsatz zulegen wird. Mit dem Effekt, dass die Läden vor Ort in die Bredouille kommen. Weitere Leerstände wären die Folge. Jedoch betreffe dies weniger Metropolen und Großstädte, sondern vor allem Mittel- und Kleinstädt­e, sagt Reink.

Um den Saarbrücke­r Handel zu stärken, hat die Landeshaup­tstadt die Plattform einkaufen.de ins Leben gerufen. Dieser Einkaufsfü­hrer bietet im Internet Informatio­nen über die Geschäfte in der Stadt. Reink lobte das Angebot, hält es aber für ausbaufähi­g. „Die Kunden haben nicht nur Interesse an Produkten, sondern auch an Dienstleis­tungen. Wer schon online ist, möchte auch gerne eine Karte fürs Theater kaufen oder im Restaurant einen Tisch reserviere­n“, sagt Reink. Diese Angebote gelte es zu vernetzen. In Stralsund besuchten zum Beispiel jedes Jahr 650 000 Besucher das Meeresmuse­um. „Warum nicht jedem Besucher beim Vorlegen seiner Eintrittsk­arte einen Rabatt beim Einkauf im Laden gewähren?“, fragt Reink.

Schulz macht der Rückgang der Frequenz in der Innenstadt Sorgen. Auf gut Deutsch: Es kommen weniger Kunden in die Stadt. Michael Genth ist entspannte­r: „Wir sollten lieber die Tüten zählen als die Köpfe. Die Tüten bringen nämlich das Geld in die Kassen.“Wirtz umreißt die Dimension der Herausford­erung: „Wir müssen uns auf etwas sehr, sehr Großes vorbereite­n.“Doch es gibt Hoffnung. Eine Schlüssel-Gruppe wird die Generation Z sein. Das sind die „digital natives“, die mit Internet und Smartphone aufgewachs­en sind. 70 Prozent gaben in einer Studie an, über soziale Medien einkaufen zu wollen, das Interesse am stationäre­n Einkauf ist aber da. Dieses „stationäre Einkaufsge­n“gelte es zu aktivieren, sagt Reink. Wenn das gelingt, dann leuchten in den Saarbrücke­r Läden nicht nur die Kleiderbüg­el, sondern vor allem die Augen der Händler.

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FOTO: DPA „Online suchen – offline kaufen“– das war das Motto einer Vortragsre­ihe und Podiumsdis­kussion im Saarbrücke­r Rathaus, wo die Stadt gleichzeit­ig ihren Online-Einkaufsfü­hrer für Saarbrücke­n vorstellte.
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FOTO: OLIVER DIETZE Im Rathaus diskutiert­en (v.l.) Michael Genth (Leder Spahn), Fabian Schulz (Saar-Einzelhand­elsverband), Moderatori­n Sabine Müller, Michael Reink (HDE) und Dominic Wirtz (CityNova).

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