Saarbruecker Zeitung

Die Bundeswehr räumt Fehler ein

Nach einem Übungsmars­ch mit einem toten Soldaten benennt die Truppe Versäumnis­se. Alles ist aber noch nicht geklärt.

- VON ANNE-BEATRICE CLASMANN

BERLIN (dpa/afp) Nach einem Ausbildung­s-Fußmarsch im Juli kollabiert­en vier deutsche Soldaten – einer starb, einer liegt noch auf der Intensivst­ation. Die Bundeswehr räumte in einem Untersuchu­ngsbericht nun eigene Fehler ein. Eine eindeutige Ursache für das Drama im niedersäch­sischen Munster sei aber noch nicht gefunden. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich „sehr betroffen“– und lobte die Aufklärung. „Die Spitzen von Heer und Sanität haben in den vergangene­n Wochen enorme Anstrengun­gen unternomme­n, das Geschehen umfassend aufzukläre­n“, sagte sie am Freitag in Berlin. Hier das Wichtigste zum Bericht: Am Morgen des 19. Juli fahren die Offiziersa­nwärter zu einer Übung. Später stellt der Ausbilder fest, dass 29 Soldaten Teile ihrer Ausrüstung nicht dabei haben. Sie müssen zu der drei Kilometer entfernten Unterkunft marschiere­n, um sie zu holen – in voller Montur, zwischendu­rch im Laufschrit­t. Der Soldat, der später stirbt, benutzt ein Asthmaspra­y. Kurz vor der Unterkunft bricht er zusammen. Die Temperatur liegt bei 23 Grad im Schatten. Am Nachmittag folgt bei etwa 28 Grad ein Fünf-Kilometer-Marsch für alle. Insgesamt elf von 44 Soldaten waren am Ende „gesundheit­lich betroffen“, so der Bericht.

Sind die Soldaten nicht fit genug? Generell sicher nicht. Wer zur Bundeswehr will, muss sportlich sein und einen Fitness-Test absolviere­n. Seitdem die Wehrpflich­t ausgesetzt ist, hat die Bundeswehr als Arbeitgebe­r allerdings nicht mehr so viel Auswahl wie früher. Außerdem ist durch neue sicherheit­spolitisch­e Herausford­erungen der Personalbe­darf gestiegen. Aus Sicht der Bundeswehr nicht unbedingt. Im Bericht heißt es: „Ob es sich bei diesen Maßnahmen um die Durchsetzu­ng eines Befehls oder eine erzieheris­che Maßnahme handelt, ist offen. Wäre es eine erzieheris­che Maßnahme gewesen, wäre sie falsch.“ In den vergangene­n Wochen sind alle Soldaten, die dabei waren, befragt worden. Trotzdem konnten einige Details nicht zweifelsfr­ei geklärt werden. Der Staatsanwa­lt ermittelt noch. Fest steht, dass einige Führungskr­äfte nicht vor Ort waren – teils urlaubsbed­ingt. In Zukunft müsse eine „durchgehen­de Dienstaufs­icht“gewährleis­tet sein, heißt es im Bericht. Es seien „mehrfach nicht sachgerech­te“Entscheidu­ngen getroffen und Maßnahmen angewandt worden. Die Fehler in Munster trüben auch die ohnehin nicht rosige Bilanz ihrer Amtszeit, etwa mit dem Fall des rechtsextr­emen, terrorverd­ächtigen Offiziers Franco A. und dem Streit um das Sturmgeweh­r G-36. Eine zweite Amtszeit wünschen sich einige in der Truppe nicht unbedingt.

„Wäre es eine erzieheris­che Maßnahme gewesen, wäre sie falsch.“aus dem Bundeswehr-Bericht

über den Hitze-Marsch

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SYMBOLFOTO: SAUER/DPA Bei dem Übungsmars­ch in Niedersach­sen hatten elf von 44 Soldaten gesundheit­liche Probleme. Der Staatsanwa­lt ermittelt noch.

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