Teure Manager-Kündigung für das Land
Im Jahr 2015 wurde Weltkulturerbe-Manager Manfred Baldauf angeblich gekündigt. Doch jetzt sollen hohe Gehaltsfortzahlungen anfallen. Wie konnte das passieren? Dazu kursieren verschiedene Versionen.
SAARBRÜCKEN Kann es das geben: Einem gut bezahlten Geschäftsführer einer landeseigenen GmbH wird gekündigt – sogar öffentlich. Und dann ist er es trotzdem nicht? Doch, das gibt es. Sagt ein Urteil des Saarbrücker Arbeitsgerichtes, das kürzlich erging. Der Richterspruch ist mal wieder das juristische Nachspiel einer politischen Entscheidung. Es geht um Manfred Baldauf (65), früher ein bekanntes Gesicht der Saar-FDP. Die Jamaika-Koalitionäre (CDU, Grüne, FDP) machten den Rechtsanwalt und früheren Landtagsabgeordneten aus Völklingen 2010 zum kaufmännischen Geschäftsführer des Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Ein reiner Versorgungsposten, so der Vorwurf der Opposition. Doch auch Rechnungshofprüfer mahnten 2014 eine „Verschlankung“der Weltkulturerbe-GmbH an, kritisierten dicke Dienstwagen, vor allem auch eine „Doppelstruktur“. Die ergab sich daraus, dass Baldauf zusätzlich zu einem bereits vorhandenen, ebenfalls gut bezahlten Prokuristen installiert worden war. All das ging durch die Medien, auch die Entscheidung des Aufsichtsrates, Baldaufs Fünfjahres-Vertrag nicht mehr zu verlängern.
Doch der lief weiter, in Abwesenheit, bis 2017, so das Saarbrücker Gericht. Es hält fest: Das Arbeitsverhältnis, das Baldauf als kaufmännischer Direktor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte mit der gleichnamigen GmbH hatte, sei nicht etwa zum 31. Juli 2015 beendet worden, sondern habe ungekündigt bis zum 7. Januar 2017 fortbestanden, bis zu Baldaufs 65. Geburtstag. Deshalb sei den „entsprechenden Zahlungsanträgen“des Klägers Baldauf stattgegeben worden. Was heißt, dass von August 2015 an über den gesamten Zeitraum Gehaltszahlungen zu leisten sind, samt Zinsen, es dürfte sich um eine klar sechsstellige Summe handeln.
Von einem Formfehler bei der Zustellung der Kündigung ist nicht die Rede – das Urteil mit Begründung liegt noch nicht schriftlich vor. Doch SZ-Recherchen ergaben, dass es einen Fehler nach Auffassung der Richter wohl gegeben hat. Doch was sich zugetragen hat, dazu existieren zwei Versionen. Die eine wird durch Aussagen der Weltkulturerbe-Aufsichtsratsvorsitzenden, Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD), gestützt. Sie lautet, die Kündigung sei durch einen Fahrer zu Baldaufs Völklinger Arbeitsstelle geschickt und dort in Abwesenheit Baldaufs an eine Mitarbeiterin übergeben worden, einer späteren Zeugin im Prozess. Man habe sich die Annahme des Schreibens auch quittieren lassen, sagte Rehlinger gestern der SZ. Doch Baldauf habe in seiner Klage erklärt, die Kündigung sei ihm nie zugegangen. Die andere Version geht so: Die Verantwortlichen hätten eine Klausel des Baldauf-Vertrages übersehen, die vorschreibe, eine Kündigung habe nicht nur schriftlich, sondern zusätzlich per Einschreiben zu erfolgen. Genau dies sei nicht der Fall gewesen.
Weder Rehlinger noch Baldauf wollen sich derzeit detailliert äußern, weil noch nicht entschieden sei, ob der Prozess in die zweite Instanz geht. Auf Nachfrage der SZ sagte Baldauf: „Das Gericht hat festgestellt, dass der Rechtszustand der Kündigung des Angestelltenverhältnisses nicht eingetreten ist. Wenn mir eine Kündigung zugegangen wäre, hätte ich den Prozess nicht angestrengt.“Baldauf betont, er und sein Anwalt hätten mehrfach Kompromisslösungen angeboten, ohne Erfolg. Auch legt er Wert auf die Feststellung, dass seine Klage nichts an seiner positiven Haltung gegenüber der Institution und seinen früheren Kollegen zu tun habe: „Ich bleibe Fan der Völklinger Hütte“.
Für manchen könnte dies wie Hohn klingen. Baldauf muss zumindest damit rechnen, dass man ihm rücksichtslosen finanziellen Eigennutz unterstellt. Fassungslosigkeit hört man bei seiner früheren Aufsichtsratschefin, Anke Rehlinger, heraus: „Ich habe Herrn Baldauf in Anwesenheit des damaligen Finanz-Staatssekretärs Spieß die Nichtverlängerung seines Vertrages persönlich mitgeteilt.“Was sie „rein menschlich und persönlich“von Baldaufs Klage hält, sagt sie auch, nennt sein Verhalten „dreist“: „Man muss selbst wissen, ob man ein redliches Vorgehen für sich in Anspruch nimmt oder nicht, und ob man es mit seinem Gewissen vereinbaren kann.“