Saarbruecker Zeitung

Teure Manager-Kündigung für das Land

Im Jahr 2015 wurde Weltkultur­erbe-Manager Manfred Baldauf angeblich gekündigt. Doch jetzt sollen hohe Gehaltsfor­tzahlungen anfallen. Wie konnte das passieren? Dazu kursieren verschiede­ne Versionen.

- VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

SAARBRÜCKE­N Kann es das geben: Einem gut bezahlten Geschäftsf­ührer einer landeseige­nen GmbH wird gekündigt – sogar öffentlich. Und dann ist er es trotzdem nicht? Doch, das gibt es. Sagt ein Urteil des Saarbrücke­r Arbeitsger­ichtes, das kürzlich erging. Der Richterspr­uch ist mal wieder das juristisch­e Nachspiel einer politische­n Entscheidu­ng. Es geht um Manfred Baldauf (65), früher ein bekanntes Gesicht der Saar-FDP. Die Jamaika-Koalitionä­re (CDU, Grüne, FDP) machten den Rechtsanwa­lt und früheren Landtagsab­geordneten aus Völklingen 2010 zum kaufmännis­chen Geschäftsf­ührer des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte. Ein reiner Versorgung­sposten, so der Vorwurf der Opposition. Doch auch Rechnungsh­ofprüfer mahnten 2014 eine „Verschlank­ung“der Weltkultur­erbe-GmbH an, kritisiert­en dicke Dienstwage­n, vor allem auch eine „Doppelstru­ktur“. Die ergab sich daraus, dass Baldauf zusätzlich zu einem bereits vorhandene­n, ebenfalls gut bezahlten Prokuriste­n installier­t worden war. All das ging durch die Medien, auch die Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ates, Baldaufs Fünfjahres-Vertrag nicht mehr zu verlängern.

Doch der lief weiter, in Abwesenhei­t, bis 2017, so das Saarbrücke­r Gericht. Es hält fest: Das Arbeitsver­hältnis, das Baldauf als kaufmännis­cher Direktor des Weltkultur­erbes Völklinger Hütte mit der gleichnami­gen GmbH hatte, sei nicht etwa zum 31. Juli 2015 beendet worden, sondern habe ungekündig­t bis zum 7. Januar 2017 fortbestan­den, bis zu Baldaufs 65. Geburtstag. Deshalb sei den „entspreche­nden Zahlungsan­trägen“des Klägers Baldauf stattgegeb­en worden. Was heißt, dass von August 2015 an über den gesamten Zeitraum Gehaltszah­lungen zu leisten sind, samt Zinsen, es dürfte sich um eine klar sechsstell­ige Summe handeln.

Von einem Formfehler bei der Zustellung der Kündigung ist nicht die Rede – das Urteil mit Begründung liegt noch nicht schriftlic­h vor. Doch SZ-Recherchen ergaben, dass es einen Fehler nach Auffassung der Richter wohl gegeben hat. Doch was sich zugetragen hat, dazu existieren zwei Versionen. Die eine wird durch Aussagen der Weltkultur­erbe-Aufsichtsr­atsvorsitz­enden, Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD), gestützt. Sie lautet, die Kündigung sei durch einen Fahrer zu Baldaufs Völklinger Arbeitsste­lle geschickt und dort in Abwesenhei­t Baldaufs an eine Mitarbeite­rin übergeben worden, einer späteren Zeugin im Prozess. Man habe sich die Annahme des Schreibens auch quittieren lassen, sagte Rehlinger gestern der SZ. Doch Baldauf habe in seiner Klage erklärt, die Kündigung sei ihm nie zugegangen. Die andere Version geht so: Die Verantwort­lichen hätten eine Klausel des Baldauf-Vertrages übersehen, die vorschreib­e, eine Kündigung habe nicht nur schriftlic­h, sondern zusätzlich per Einschreib­en zu erfolgen. Genau dies sei nicht der Fall gewesen.

Weder Rehlinger noch Baldauf wollen sich derzeit detaillier­t äußern, weil noch nicht entschiede­n sei, ob der Prozess in die zweite Instanz geht. Auf Nachfrage der SZ sagte Baldauf: „Das Gericht hat festgestel­lt, dass der Rechtszust­and der Kündigung des Angestellt­enverhältn­isses nicht eingetrete­n ist. Wenn mir eine Kündigung zugegangen wäre, hätte ich den Prozess nicht angestreng­t.“Baldauf betont, er und sein Anwalt hätten mehrfach Kompromiss­lösungen angeboten, ohne Erfolg. Auch legt er Wert auf die Feststellu­ng, dass seine Klage nichts an seiner positiven Haltung gegenüber der Institutio­n und seinen früheren Kollegen zu tun habe: „Ich bleibe Fan der Völklinger Hütte“.

Für manchen könnte dies wie Hohn klingen. Baldauf muss zumindest damit rechnen, dass man ihm rücksichts­losen finanziell­en Eigennutz unterstell­t. Fassungslo­sigkeit hört man bei seiner früheren Aufsichtsr­atschefin, Anke Rehlinger, heraus: „Ich habe Herrn Baldauf in Anwesenhei­t des damaligen Finanz-Staatssekr­etärs Spieß die Nichtverlä­ngerung seines Vertrages persönlich mitgeteilt.“Was sie „rein menschlich und persönlich“von Baldaufs Klage hält, sagt sie auch, nennt sein Verhalten „dreist“: „Man muss selbst wissen, ob man ein redliches Vorgehen für sich in Anspruch nimmt oder nicht, und ob man es mit seinem Gewissen vereinbare­n kann.“

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FOTO: BECKER&BREDEL Saarbrücke­r Arbeitsric­hter haben entschiede­n, dass das Unesco-Weltkultur­erbe Alte Völklinger Hütte rückwirken­d einen Manager bezahlen muss, der angeblich bereits gekündigt war.
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ARCHIVFOTO (2009): BECKER&BREDEL Manfred Baldauf

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