Mix aus Neobarock und Jugendstil
Die evangelische Kirche Lebach präsentiert sich äußerlich mit einer historischen Stilsynthese und ist innen komplett modernisiert.
LEBACH In Lebach gibt es seit 1907 eine evangelische Kirche. Zuvor nutzten die wenigen Evangelischen dort einen Betsaal im alten Amtsgericht. Das heutige evangelische Gotteshaus in der Trierer Straße fällt auf durch seine asymmetrische Turmfassade überwiegend mit Elementen des Neobarocks und des Jugendstils. Innen zeigt sich die kleine Kirche mit modernisiertem zweiachsigen Saal und kleinem Rechteckchor. Geplant hat sie der Saarlouiser Presbyter und Architekt Carl Schlück.
„Der einladend und fast schon familiär wirkende Innenraum unserer Kirche verbindet die Gottesdienstbesucher mit ihrem Glauben“, schwärmt Andrea Sattler. Sie betreut die Kirchengemeinde Lebach-Schmelz seelsorgerisch seit 2010 als deren Pfarrerin. Die einstige D iaspora-Kirche, an die 1977 ein Gemeindezentrum angebaut wurde, ist heute religiöser Mittelpunkt von 2700 evangelischen Christen aus allen Lebacher Stadtteilen und der Gemeinde Schmelz nebst Ortsteilen. Die Kirche hat Stühle für 85 Gläubige, eine verschiebbare Seitenwand zum Gemeindezentrum hin verschafft etwa 200 einen Sitzplatz.
„Unsere Kirche kommt ohne aufwändige Architektur oder ikonografische Symbolik aus, fügt sich markant in die Landschaft ein und vermittelt den Gläubigen ein Gefühl von Geborgenheit“, schreibt Reiner Jost in seiner Jubiläumsschrift zum 100-jährigen Bestehen des Gotteshauses im Jahr 2007. „Die Kombination von Neobarock, gepaart mit der Dynamik und dem Schwung des Jugendstils, was vor allem an der Giebelform und dem fein gestuften Bogen über dem Hauptportal erkennbar ist, zeigt, dass Architekt Schlück zeittypisch geplant hat“, erläutert die promovierte Kunsthistorikerin Kristine Marschall 2002 in ihrem Buch über saarländische Sakralbauwerke. Die evangelische Kirchengemeinde Lebach hat von jeher keine gleichbleibende Mitgliederstruktur. Bis 1894 gab es in dem Marktfleck nur 44 evangelische Bürger.
Erst mit dem Bau der Eisenbahnstrecken im traditionell katholisch geprägten Raum Lebach um 1897 und der späteren Errichtung einer lutherischen Kirche stieg die Zahl der Evangelischen. „Nach dem letzten Krieg kamen viele Flüchtlinge aus Ostpreußen und Schlesien, später Angehörige der Bundeswehr sowie in den 1990er-Jahren Russlanddeutsche nach Lebach und wurden Mitglied unserer Kirchengemeinde“, berichtet Pfarrerin Sattler. „Viele ziehen aus privaten oder beruflichen Gründen wieder weg, jedoch finden neue Mitbürger immer wieder den Weg zu uns“, erzählt die Pfarrerin. Bis zu 80 Menschen im Jahr tauft sie in der Lebacher Kirche, darunter viele Muslime, die zum evangelischen Glauben konvertieren. Der seitlich vorm Altarraum platzierte Taufstein ist ein Geschenk der Kirchengemeinden Dillingen und Saarlouis. Zentraler Blickfang im kleinen Chorraum ist ein frei schwebendes neuzeitliches Acrylkreuz des Saarbrücker Licht- und Kinetikkünstlers Werner Bauer. Darunter steht ein schlichter Holzaltar, bedeckt mit drei Glasplatten als Symbol für die göttliche Trinität. Ein Antependium aus einem bestickten Vorhang in den jeweils aktuellen liturgischen Farben verhüllt teils die Vorderseite des Altars. Rechts davon ist fast auf Bodenhöhe der Grundstein der Kirche eingemauert. Er ist ein Ersatz für den ersten Grundstein vom 23. September 1906, der wenig später mutwillig zerstört wurde. Der Stein trägt die Aufschrift: „Einen anderen Grund kann niemand legen.“
Sowohl an der Rückseite des Altarraums als auch an der rechten Seitenwand des Kirchensaals und über dem Eingang vermitteln moderne Glasfenster stimmungsvoll den Eindruck von blau-weißen Wasserspiegelungen. „Die Fenstermotive des Lichtkünstlers Braun tragen mit den einfühlsam gestalteten Paramenten der Heusweiler Künstlerin Dorothea Zech zu einer meditativen Atmosphäre bei“, schreibt Jost in seiner Chronik über die evangelische Kirche. Einzelne abstrakte Ölbilder des Berliner Künstlers Gotthard Krupp zieren deren Innenwände. An der rechten Stirnseite des Chorraums symbolisiert ein Großbild die Taufzeremonie in den Anfängen des Christentums. Auf der anderen Stirnseite hängt eine Jesus-Büste ohne Hände und Arme, die der früherer Pfarrer Hans-Martin Saamann auf einem Flohmarkt erstanden hat.
Die heutige Kirchenorgel baute 1982 die Firma Hugo Mayer, Heusweiler, neu auf. Sie hat zwei Manuale, 17 Register, 1072 Pfeifen. Das Geläut der Kirche besteht aus einer kleinen Glocke der Kaiserslauterner Gießerei Pfeifer (1933) und einem 432-Kilogramm-Exemplar der Saarburger Firma Mabilon (1983). ............................................. Auf der Seite Momente stellt die Saarbrücker Zeitung im Wechsel Kirchen und Lebenswege Verstorbener vor. Michaela Heinze
Monika Kühn, Peter Stefan Herbst