Macron wirbt in Forbacher Schule für seine Bildungspolitik
Zwischen glühenden Anhängern und Buh-Rufen bekommt der französische Präsident einen durchwachsenen Empfang im Brennpunkt Wiesberg.
FORBACH An diesen Schulanfang werden sich nicht nur die Jungs und Mädchen der Louis-Houpert-Grundschule in Forbach lange erinnern. Auch die Eltern. „Die Gendarmen sind seit vier Uhr morgens da. Das ganze Viertel ist wie ein Sicherheitstrakt“, meint ein Vater, der vor der Schule hinter einem Absperrgitter steht. Seine Tochter ist schon in der Schule, doch er wartet hier auf den Ehrengast. Denn heute ist auch Emmanuel Macrons erster Schultag – als Präsident versteht sich. Und dafür hat er diese Grundschule im Forbacher Brennpunkt Wiesberg ausgesucht. Anders als seine Vorgänger, die sich traditionell zum ersten Schultag in einen Pariser Vorort begaben. In Forbach hat Macron nicht nur Freunde. Die Grenzstadt ist eine Hochburg der rechtsextremen Partei Front National und das Revier von deren Vize-Parteichef Florian Philippot. Außerdem kämpft der Präsident gegen seinen Absturz in den Umfragen. Laut dem Meinungsforschungsinstituts YouGov haben jetzt nur noch 30 Prozent der Franzosen ein positives Bild von ihm.
So durchwachsen ist auch das Empfangskomitee, als das schwarze Präsidentenauto vor dem Tor anhält. Viel Applaus, aber auch erstaunlich viele Buh-Rufe bekam Emmanuel Macron von den rund 200 Schaulustigen am Straßenrand oder an den Fenstern der umliegenden Wohnblöcken. Der Präsident lässt sich nichts anmerken, schüttelt routiniert Hände, nimmt sich Zeit für ein paar Selfies und verschwindet – gefolgt von ausgewählten Pariser Journalisten – in ein Klassenzimmer. Lokale Medienvertreter müssen im Schulhof warten. Die Kommunikation wird gekonnt abgeriegelt.
Diese Forbacher Grundschule ist ein Symbol für Macrons Schulreform. In allen Brennpunktschulen arbeiten ab heute die Erstklässler in kleineren Gruppen, hier von zwölf statt sonst 24 Schülern. „So wird gewährleistet, dass alle Kinder von Anfang an die Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen beherrschen und nicht in einer größeren Gruppe untergehen“, erklärt der französische Bildungsminister Jean-Michel Blanquer, der auch nach Forbach mitgereist ist. Die Eltern finden das löblich, sind aber darüber skeptisch, ob der Plan aufgehen wird. „Warum nicht, aber in dieser Schule gibt es schon so oft Probleme, weil man für kranke Lehrer keine Vertretung bekommt, wie soll das dann gehen?“, fragt sich eine Mutter, deren Tochter ab heute die zweite Klasse besucht.
Der nächste Halt bringt Macron zu einer Inklusionsklasse. Die gemeinsame Arbeit von nicht behinderten und behinderten Kindern, die bisher überwiegend in Förderklassen unterrichtet waren, ist ein Eckpunkt seiner Bildungspolitik. Minister Blanquer lobt, dass dafür zusätzliche Stellen als Inklusionshelfer geschaffen wurden. Dafür fallen andere staatlich bezuschusste Helferstellen („emplois aidés“) weg, merkt Florence Robine, Leiterin der Landesschulbehörde Grand Est, an. In ihrem Gebiet wurden im Vergleich zum Vorjahr 515 von 2500 dieser Stellen gestrichen. Nach dem Mittagessen in der Kantine geht’s zurück nach Paris. Zwar lief für Macron in Forbach nicht alles rund. Doch der erste Schultag ist geschafft. Und das wissen auch alle Erstklässler: Aller Anfang ist schwer.