Saarbruecker Zeitung

„Merkel war der einzige Mann am Tisch“

CDU und SPD im Saarland reklamiere­n den Sieg für sich, die AfD macht Merkel ein seltsames Kompliment.

- VON NORA ERNST Produktion dieser Seite: Fatima Abbas, Robby Lorenz Pascal Becher

SAARBRÜCKE­N Wenig überrasche­nd war sowohl für die CDU als auch die SPD im saarländis­chen Landtag klar, wer aus dem TV-Duell als Sieger hervorgega­ngen ist: der jeweils eigene Kandidat. Martin Schulz habe bewiesen, dass er ein „Angreifer“sei, sagte der SPD-Fraktionsv­orsitzende Stefan Pauluhn. „Er hat eine Zukunftsvi­sion aufgezeigt, die sich deutlich vom Programm der Union abhebt.“Pauluhn geht davon aus, dass das Duell der SPD bei der eigenen Klientel Aufschwung verleihen wird. Unter den SPD-affinen Wählern habe sich zuletzt „ein bisschen Lethargie breit gemacht“.

In den Augen von CDU-Fraktionsc­hef Tobias Hans schnitt Schulz erwartungs­gemäß schlechter ab: Er sei weit hinter den Erwartunge­n, die man in ihn gesetzt habe, zurückgebl­ieben. Kanzlerin Merkel habe hingegen deutlich gemacht, dass sie Deutschlan­d stabil führe. Aus Sicht von AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr war das Duell zwar „eher ein Duett“, so einig seien sich beide Kandidaten gewesen. Dennoch hielt er Merkel aber offenbar für überzeugen­der, wie Dörrs seltsames Kompliment zeigt: „Frau Merkel war der einzige Mann am Tisch.“Sie habe Charakter, Durchschla­gskraft und Stärke gezeigt.

Von Schulz‘ Forderung, die EU-Beitrittsv­erhandlung­en mit der Türkei zu beenden, zeigte sein Parteikoll­ege Pauluhn sich etwas überrascht: Die Position der meisten Parteien sei bislang gewesen, den Gesprächsf­aden nicht abreißen zu lassen. Trotzdem sei es richtig, klare Kante zu zeigen: „Wer in die EU will, muss Demokratie leben, das tut Herr Erdogan nicht.“Auch Jochen Flackus, parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion, begrüßte Schulz‘ Äußerung. CDU und AfD wittern dahinter hingegen Populismus. Mit seiner Forderung sei Schulz über das Ziel hinausgesc­hossen, sagte Hans: „Solche Entscheidu­ngen muss die EU gemeinsam treffen. Es stünde Deutschlan­d nicht gut zu Gesicht, allein zu agieren.“

CDU, SPD und Linke kritisiert­en, dass in dem Duell innenpolit­ische Themen wie soziale Gerechtigk­eit, innere Sicherheit und Digitalisi­erung zu kurz gekommen seien. Linken-Geschäftsf­ührer Flackus nannte den SAT.1-Moderator Claus Strunz, der ein Zitat aus dem Zusammenha­ng gerissen hatte, zudem „journalist­isch ziemlich daneben“. Allein die AfD lobte die Moderatore­n ausdrückli­ch – insbesonde­re jene der Privatsend­er.

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