Saarbruecker Zeitung

Auf der Suche nach Antworten zu Karl Marx

Das Künstler-Ensemble Liquid Penguin nimmt in der Stadtbibli­othek Meinungen zu dem Philosophe­n auf und bastelt daraus Hörspiele.

- VON TOBIAS EBELSHÄUSE­R

SAARBRÜCKE­N Was bedeutet eigentlich „Bezahlung“für Sie? Für viele ein ganz normales, schon triviales Konzept. Trotzdem hat sich der ein oder andere Philosoph schon intensiver mit dem Thema beschäftig­t. Zum Beispiel Karl Marx. Und wer sich über diese Frage oder den Philosophe­n selbst auch bereits seine Gedanken gemacht hat, oder das noch tun möchte, der sollte in den nächsten Tagen vielleicht die Stadtbibli­othek in Saarbrücke­n aufsuchen. Dort steht nämlich noch bis zum 24. September ein großer roter Container, der Antworten auf diese und viele weitere Fragen sammelt. Denn das ist nicht irgendein Container, sondern ein „Wortcontai­ner“, schallgedä­mmt und mit Mikrofon ausgestatt­et, um die Antworten der Besucher aufnehmen zu können.

Die Fragen, die hinter dem schweren grauen Vorhang im Wortcontai­ner gestellt werden, drehen sich allesamt um den Philosophe­n und Okönomen Karl Marx. Die Aktion entstand anlässlich des bevorstehe­nden 200. Geburtstag von Karl Marx im nächsten Jahr.

Die Installati­on in der Saarbrücke­r Stadtbibli­othek ist einer von vier „Marx-Containern“, die auf die vier Quattropol­e-Städte Luxemburg, Metz, Trier und Saarbrücke­n verteilt wurden. Stefan Scheib und Katharina Bihler, die zusammen unter dem Künstlerna­men „Liquid Penguin Ensemble“bekannt sind, haben das Projekt ins Leben gerufen. Schon ein paar Mal haben die beiden die Idee des Wortcontai­ners umgesetzt. Zum Beispiel als sie 2015 im Rahmen ihres Projekts „Les Mots chéris“, zu Deutsch „Wörter von Wert“, an mehreren Orten in Saarbrücke­n solche Aufnahmege­räte aufstellte­n. Damals forderten sie die Besucher dazu auf, ihre Lieblingsw­örter der deutschen und französisc­hen Sprache in das Mikrofon des Wortcontai­ners zu sprechen. Aus den „Wortspende­n“, wie die beiden die Antworten nennen, wurden dann mehrere kurze Hörspiele gemacht.

Das gleiche soll nun auch mit den Antworten zum Thema „Karl Marx“geschehen. Die fertigen Hörspiele, die Bihler und und Scheib schaffen, sollen dann im Rahmen der Karl-Marx-Ausstellun­g in Trier im Rheinische­n Landesmuse­um sowie im Stadtmuseu­m Simeonstif­t zu hören sein.

„Natürlich sind die Antworten nicht so leichtgäng­ig wie bei den Lieblingsw­orten“, sagt Katharina Bihler. Einige erste Antworten aus dem Marx-Container konnten sie und Stefan Scheib schon sammeln und hören. „Es ist echt ganz wenig Mist dabei“, sagt Bihler und lacht. Klar, ab und zu würden auch einfach mal Leute in den Container gehen, die nichts Sinnvolles zu sagen haben. Aber zum Teil seien die Antworten „echt superschön“. Eine Frau zum Beispiel habe auf die Frage was für sie denn Bezahlung bedeute,

„Es ist echt ganz wenig

Mist dabei.“

Katharina Bihler,

Entwickler­in des Marx-Containers

eine sehr interessan­te Antwort gegeben, wie Bihler erzählt. Diese anonyme Dame habe gesagt, dass für sie Bezahlung sowohl „Knechtscha­ft“als auch „Freiheit“bedeuten könne. „Das soll wohl auf die Frage anspielen, ob man das arbeitet, was man tatsächlic­h arbeiten will, oder das, was man arbeiten muss“, sagt Bihler.

Die Fragen, die der Marx-Container an die Besucher stellt, haben die beiden sich selbst ausgedacht. Doch mit jeder Antwort würde man immer weiter über das Thema nachdenken, sagt Katharina Bihler. „Am Anfang dachten wir, wir hätten die Fragen für uns selbst beantworte­t. Mittlerwei­le sind wir uns aber nicht mehr so ganz sicher“, sagt sie.

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FOTO: EBELSHÄUSE­R Eine kleine Kabine für große Themen: Im Wort-Container können sich Besucher der Stadtbibli­othek zu Marx und seinen Thesen äußern.

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