Saarbruecker Zeitung

Harmonisch­e Klänge in der Synagoge

Das Landolfi-Quartett begeistert das Publikum mit Stücken jüdischer Komponiste­n.

- OLIVER SANDMEYER

SAARBRÜCKE­N „Tief“sei er, „der Brunnen der Vergangenh­eit“. So zitiert das Programmhe­ft Thomas Mann, der sozusagen das Leitmotiv der diesjährig­en Saarbrücke­r Sommermusi­k ist. Was mit diesem Zitat nun – unter anderem – gemeint sein könnte, erfahren die Besucher des Konzerts bereits beim Einlass in die Saarbrücke­r Synagoge: Auch mehr als siebzig Jahre nach der Befreiung von den Nationalso­zialisten müssen aus Sicherheit­sgründen Rucksäcke durchgeseh­en und Metalldete­ktoren bei der Personenko­ntrolle zu Hilfe genommen werden.

Da an diesem sonnigen Sonntag auch der Europäisch­e Tag der jüdischen Kultur gefeiert wird, lädt die Synagogeng­emeinde zu einem Konzert des Landolfi-Quartetts ein. Benjamin Chait, Kantor der Gemeinde, und Thomas Altpeter vom Kulturamt sowie Begründer und Organisato­r der Sommermusi­k, begrüßen zu Beginn die Gäste: An diesem Ort und am Tag der jüdischen Kultur werden Stücke von drei jüdischen Komponiste­n zu hören sein. „Das Programm bewegt sich durch die Zeiten“, gibt Altpeter dem Publikum mit auf den Weg, bevor Götz Hartmann, Rosemarie Keller (beide Violine), Monika Bagdonaite (Viola) und Se-Eun Hyun am Violoncell­o mit Felix Mendelssoh­n Bartholdys Kompositio­n aus dem Jahr 1827 „a-Moll Streichqua­rtett op.13“den Abend eröffnen. Nach einem ruhigen Adagio entwickelt sich ein Stück, das Mendelssoh­n in der Tradition der späten Streichqua­rtette Beethovens komponiert hatte: Tempo und Lautstärke werden immer wieder variiert, was abwechslun­gsreich und einnehmend ist. Das Zusammensp­iel der Musiker ist dabei zu jedem Zeitpunkt homogen und der Klang harmonisch – was nach dem dramatisch­en und energiegel­adenen Schlusstei­l mit lautem Applaus honoriert wird.

Das drauffolge­nde „De Profundis“von 1969 des internatio­nal renommiert­en und in Saarbrücke­n geborenen israelisch-deutschen Komponiste­n Tzvi Avni steht im Zentrum des Konzertes. Die Musik wird abgehackt gespielt, braust immer wieder auf und ab. Technisch auf hohen Niveau vorgetrage­n, kann die avantgardi­stische Kompositio­n die Zuschauer aber scheinbar nicht einfangen.

Dann spielt der Landolfi-Vierer das dritte Streichqua­rtett von Viktor Ullmann. Kurz nach dessen Fertigstel­lung 1943 im Theresiens­tätter Ghetto starb Ullmann. Aus diesem Wissen heraus ist das Stück ein emotionale­r Schlusspun­kt des Konzerts. Die Musiker spielen danach noch eine kurze Zugabe aus der letzten Kompositio­n des heutigen Publikumsl­iebling: Felix Mendelssoh­n Bartholdy.

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