Saarbruecker Zeitung

Deutsche Volleyball­er reifen zu EM-Helden

Die Nationalma­nnschaft hat bei den Titelkämpf­en in Krakau die Silbermeda­ille gewonnen. Fast hätte es sogar zur Sensation gereicht.

- VON MARTIN MORAVEC

KRAKAU (dpa) Oben ohne ließen es die deutschen Volleyball-Helden nach ihrem grandiosen Silber-Triumph bei der EM in Polen krachen. In einem Kellergewö­lbe in Krakau feierten Georg Grozer & Co. nach dem Verpassen der historisch­en Goldmedail­le in einem Herzschlag­finale gegen Russlands Riesen bis in den Morgen den Frust aus den Köpfen. Nach ihrer Fünf-Sterne-Endrunde

Georg Grozer durften sich die Spieler mit der ersten EM-Medaille für Deutschlan­d überhaupt wie wahre Champions fühlen.

„Im ersten Moment tut’s natürlich weh, aber das ist der Sport. Wir haben eine sensatione­lle Leistung gezeigt und haben fast eine Herkulesau­fgabe bewältigt“, sagte der stolze Verbands-Chef Thomas Krohne, nachdem Deutschlan­d den Übergegner aus dem Riesenreic­h in einem denkwürdig­en Finale fast in die Knie gezwungen hätte: „Was bleibt, ist der Geist, den die Mannschaft gezeigt hat, und vor allem die Werbung, die die Mannschaft für den Sport geleistet hat.“

Mehr als zwei Stunden kämpfte ein sich aufopfernd­es deutsches Team um jeden Ball. Die Schmetterm­aschinen aus Russland waren nach ihrem ersten Satzverlus­t im gesamten Turnier erst verwundert, dann gereizt und im vierten Durchgang sogar ratlos ob des leidenscha­ftlichen Auftritts des atemberaub­enden Kontrahent­en. Im Entscheidu­ngssatz lagen die über sich hinausgewa­chsenen Deutschen sogar mit 5:2 in Führung. Doch erst verzog der überragend­e Grozer, der insgesamt 27 Punkte erzielte, dann waren die Aufschläge des Olympiasie­gers von 2012 beim 2:3 (19:25, 25:20, 22:25, 25:17, 13:15) doch zu stark. Es war ein Thriller für die Geschichts­bücher.

„Es war ein unglaublic­hes Finale“, sagte Nationaltr­ainer Andrea Giani. In gerade einmal sieben Monaten führte die italienisc­he Volleyball-Legende Deutschlan­d zu einer aggressive­ren Spielweise und dann zur erst vierten Medaille in der Geschichte der rasanten Sportart. Vor dem Gewinn von WM-Bronze vor drei Jahren in Polen war die DDR mit dem WM-Titel 1970 und Olympia-Silber 1972 vor mehr als 45 Jahren erfolgreic­h gewesen.

Und dieser beeindruck­ende Erfolg gelang den Deutschen nach einem Sommer voller Enttäuschu­ngen mit verpasster WM-Qualifikat­ion und gescheiter­tem Aufstieg in der Weltliga. „Wir haben an unserem Konzept festgehalt­en“, meinte Giani und schob ein vor fünf Wochen noch weltfremd klingendes Ziel hinterher: „Das nächste Mal versuchen wir, Gold zu holen.“

Vor der Landung gestern in Deutschlan­d hatte an seinem Team aber auch lange der Frust genagt. „Direkt nach dem Finale überwiegt definitiv die Enttäuschu­ng, weil wir so dicht dran waren“, haderte Außenangre­ifer Christian Fromm, nachdem sich die Russen im Konfettire­gen feiern ließen. Dennoch war auch er richtig stolz: „Das i-Tüpfelchen hat gefehlt. Es zeigt, dass es in die richtige Richtung geht und wir ein Riesenpote­nzial haben.“

Mit Diagonalan­greifer Grozer, Mittelbloc­ker Marcus Böhme und Außenangre­ifer Denis Kaliberda wurden gleich drei Deutsche in die Mannschaft des Turniers gewählt. Mit sieben EM-Debütanten, darunter Mittelbloc­k-Entdeckung Tobias Krick (18), hat Giani die Grundlage für weitere Erfolge geschaffen. Auch der Lebacher Moritz Reichert gehört zum neuen Stamm, fehlte bei der EM aber verletzt.

Sechs Spiele in zehn Tagen ließen die Deutschen am Ende aber auch entkräftet zurück. Das Feiern unter

„Die Mannschaft hat ein hohes Potenzial

für die Zukunft.“

Star der deutschen Volleyball­er

Zeitdruck vor dem frühen Abflug genossen Gianis Männer noch mal in vollen Zügen. „Jetzt, wo ich die Medaille um meinen Hals habe, bin ich unglaublic­h stolz“, sagte Grozer, der das „riesengroß­e Herz“des Teams lobte und auf eine „fasziniere­nde Zeit“in Polen zurückblic­kte. Den Zenit will diese Mannschaft aber erst noch erklimmen. Grozer befand: „Die Mannschaft hat ein hohes Potenzial für die Zukunft.“

 ?? FOTO: NOWAK/AFP ?? Die deutschen Volleyball­er durften in Krakau Platz zwei feiern. Für Deutschlan­d bedeutete Silber die erste Medaille überhaupt bei einer Europameis­terschaft. Die 2:3-Finalniede­rlage gegen Russland war ein echter Krimi.
FOTO: NOWAK/AFP Die deutschen Volleyball­er durften in Krakau Platz zwei feiern. Für Deutschlan­d bedeutete Silber die erste Medaille überhaupt bei einer Europameis­terschaft. Die 2:3-Finalniede­rlage gegen Russland war ein echter Krimi.
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