Saarbruecker Zeitung

Polyester-Lager am Leib

Untrüglich­er Sinn für krasse Outfits, gepaart mit der Liebe zur Natur und einem Riecher für preiswerte Urlaubsunt­erkünfte — das kann erschrecke­n.

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Machen Sie gerne Camping? Das ist diese entspannen­de Freizeitbe­schäftigun­g, bei der man mit Zelt, Haken und Ösen gleichzeit­ig hantiert, bis das Ganze Spannung und Stand hat, nur um festzustel­len, dass man neben einen Ameisenhau­fen gebaut hat. Und der Spiritusko­cher nicht funktionie­rt, was weniger schlimm ist, da man den Kochtop eh vergessen hat und den Dosenöffne­r auch. Wer aber ein gewiefter Camper ist, der bekommt die Dose auch anders auf. Mit dem Schweizer Offiziersm­esser etwa. Da stecken viele Mini-Werkzeuge drin, eins wird wohl fürs Dosenknack­en passen… Vielleicht die Nähahle oder der Drahtabiso­lierer? Das verflixte Ding hat doch irgendwo so einen Konservenö­ffner? Na, egal, jedenfalls ist man beim Campen näher an der Natur. Manchmal zu nahe, Stechmücke­n, Ohrwürmer und Tausendfüß­er sind nicht jedermanns Sache. Das des Nachts ungehinder­t durch die Zeltplane schallende Juchzen und Uhuhen von Käuzen und wer weiß welchen gefiederte­n Gesellen auch nicht. Gut, wenn das Wetter unerquickl­ich ist, dann machen sich die Viecher rar. Schlecht aber irgendwie für den Camper, nun muss er in seiner Wasser abweisende­n Polyester-Behausung bleiben oder er wird nass. Nun gibt es ja angeblich diesen neuen Modetrend, der auf Hiking-Camping-Outdoor-Klamotten setzt. Nein, damit sind nicht bloß Designer-Fleece-Pullis, teure Parkas und Wanderschu­he gemeint, die sind ja schon länger in. Vor allem beim Shopping, After-Work und SUV-Fahren. Sondern merkwürdig­e, zeltartige, imprägnier­te und nach allem nur nicht Natur aussehende Gebilde, mit denen man sich um- oder verhüllen kann. Gorpcore nennt sich das, führte zu weit, es hier zu erklären. Diese Kleidung soll angeblich nicht schön und cool sein, sondern funktional, das sei ja eben das Coole. Das ist praktisch gedacht. Hat man das Zelt schon um, muss man es nicht erst aufbauen. Für die Unterbring­ung des Interieurs, wie Schlaf- und Kochutensi­lien, wird sich eine Lösung finden, schließlic­h sind die Dinger recht wenig förmig, sprich weit genug. Wahrschein­lich kann man sich gleich in so einem Wald-undWildnis-Design-Teil niederbett­en. Bloß aufpassen sollte man, dass das morgendlic­he Erwachen nicht zu Eichhörnch­en-Herzinfark­ten führt. Es empfehlen sich Signalfarb­en.

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