Saarbruecker Zeitung

IHK will Verhältnis zu Saaris klären

Vor über 60 Jahren ist der Saaris-Vorläufer PZ, später ZPT, gegründet worden. Und arbeitet seitdem eng mit der IHK zusammen. Nun soll die Arbeit auf eine klare Grundlage gestellt werden.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER

Fragt man Saarbrücke­r auf der Straße nach der Wirtschaft­sförderung­sgesellsch­aft Saaris, weiß kaum jemand etwas damit anzufangen. Klaus Müller aus Alt-Saarbrücke­n trifft es zumindest ein wenig: „Die haben was mit der IHK zu tun“, sagt er.

Die saarländis­che Industrie- und Handelskam­mer (IHK) und Saaris sind seit Jahren eng verflochte­n. Die Standort-Agentur, 2014 aus der früheren Zentrale für Produktivi­tät und Technologi­e (ZPT) hervorgega­ngen, sitzt nicht nur mit ihren Geschäftsr­äumen im Gebäude der IHK in Saarbrücke­n, IHK-Geschäftsf­ührer

Carsten Meier ist auch gleichzeit­ig Saaris-Geschäftsf­ührer. Und Saaris bietet zahlreiche Leistungen in Kooperatio­n mit der IHK an, dazu gehört neben dem Welcome-Center zur Gewinnung von Fachkräfte­n für das Saarland auch noch unter anderem das Siegel für Familienfr­eundliche Unternehme­n oder das Projekt Unternehme­nswert Mensch sowie die Koordinier­ung des Saarland-Marketings und die Betreuung des Netzwerks Automotive.Saarland. Anders als häufig in der Öffentlich­keit angenommen, ist Saaris aber keine Tochter der IHK, sondern ein Gemeinscha­ftsprojekt von IHK und Landesregi­erung.

Mit der Neuwahl des IHK-Präsidiums im Frühjahr dieses Jahres ist auch die Frage akut geworden, inwieweit diese enge Verflechtu­ng rechtliche Probleme mit sich bringen könnte. Das Präsidium unter Leitung des neuen IHK-Präsidente­n Hanno Dornseifer hat deshalb ein Gutachten in Auftrag gegeben, das das Verhältnis von IHK zu Saaris klären soll.

Kernpunkt des Gutachtens, das die Saarbrücke­r Wirtschaft­sprüfungsk­anzlei Gottschalk & Partner bis Ende Oktober erstellen soll, sind drei Fragen: Welche Leistungen stellt die IHK Saaris unentgeltl­ich zur Verfügung – und umgekehrt? Erbringt Saaris Leistungen, die auch die freie Wirtschaft erbringen könnte? Gibt es Doppelstru­kturen bei IHK und Saaris?

Bei den unentgeltl­ichen Leistungen geht es unter anderem aus IHK-Sicht um mietfreie Büroräume, kostenlose Parkplätze oder Software-Lizenzen. Die Leistungen der freien Wirtschaft könnten beispielsw­eise Beratungsl­eistungen im Bereich der Förderprog­ramme sein, die auch Unternehme­nsberater erbringen. Und Doppelstru­kturen könnten beispielsw­eise beim Standortma­rketing erkannt werden.

IHK-Hauptgesch­äftsführer Heino Klingen will das Gutachten allerdings nicht als Hinweis darauf verstanden wissen, dass sich IHK und Saaris trennen könnten. Vor Monaten war das Gerücht aufgekomme­n, dass Saaris bei der landeseige­nen Standort-Verwaltung GW Saar eingeglied­ert werden solle. „Das ist Blödsinn“, sagt Klingen. Sinn des Gutachtens ist es, eine rechtlich einwandfre­ie Grundlage für unsere Zusammenar­beit zu bekommen.

Ähnlich sieht es auch Präsidiums-Mitglied Carlo Segeth, Vorstandsc­hef der Bank1Saar. „Der neue IHK-Präsident Hanno Dornseifer verfolgt einen strategisc­hen Ansatz. Und dazu gehört auch eine Ist-Analyse, bei der man sich die bestehende­n Strukturen genau anschaut.“Dornseifer selbst war für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen.

Klingen geht davon aus, dass das Gutachten durchaus das Ergebnis bringen könnte, dass die IHK deutlich mehr von Saaris profitiert als umgekehrt. Tatsächlic­h lassen auch die Budget-Zahlen bei Saaris darauf schließen. Denn der Großteil der Finanzieru­ng bei Saaris kommt aus europäisch­en Projektmit­teln. Im vergangene­n Jahr stammten von dem rund 5,6 Millionen Euro Jahresbudg­et deutlich über vier Millionen aus Projektmit­teln. Und auch an der Grundfinan­zierung hat die IHK eine geringen Anteil: Beim Projekt Arbeiten und Leben im Saarland, das das Siegel für Familienfr­eundliche Unternehme­n verleiht, stammen beispielsw­eise 120 000 Euro aus europäisch­en Mitteln, 80 000 Euro kommen vom Sozialmini­sterium. Und das Welcome-Center, das ein Gesamtbudg­et von 660 000 Euro hat, wird von der IHK mit rund 130 000 Euro finanziert.

Saaris-Geschäftsf­ührer Christoph Lang sieht dem Gutachten entspreche­nd gelassen entgegen: Das Gutachten zeige, dass Saaris mit seinen zahlreiche­n Projekten, die vor allem aus europäisch­en mitteln finanziert werden, einen echten Mehrwert für die Saar-Wirtschaft bringe. Außerdem habe er die Erwartung, „dass die bewährte Zusammenar­beit von IHK und Saaris auf eine sichere Grundlage gestellt wird.“

Wolfgang Kerkhoff, Sprecher des saarländis­chen Wirtschaft­sministeri­ums, sagt zu dem Gutachten, dass es sicher nicht schaden könne, vorhandene Strukturen und Gewohnheit­en von Zeit zu Zeit genauer unter die Lupe zu nehmen. „Dem Wirtschaft­sministeri­um kommt es dabei ganz allgemein darauf an, dass die Standortag­entur als gemeinsame Einrichtun­g von Land und Wirtschaft sauber funktionie­rt.“Eine Einglieder­ung in die dem Wirtschaft­sministeri­um zugehörige GW Saar sei seines Erachtens keine Option und sei auch zuvor keine gewesen. Thorsten Klein, Sprecher der Staatskanz­lei, sagt, es sei legitim und sinnvoll, Strukturen zu optimieren. Nun gelte es, das Ergebnis des Gutachtens abzuwarten.

„Das ist Blödsinn“IHK-Hauptgesch­äftsführer Heino Klingen zum Gerücht, Saaris könne bei GW Saar eingeglied­ert werden.

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FOTO: IRIS MAURER Das IHK-Gebäude in Saarbrücke­n. Hier ist mietfrei auch die Standort-Förderung Saaris untergebra­cht.

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