Saarbruecker Zeitung

Saarland Schlusslic­ht bei der Krebsvorso­rge

Viele Patienten scheuen die frühzeitig­en Untersuchu­ngen auch aus Angst, dass tatsächlic­h etwas entdeckt werden könnte.

- VON DANIEL MASSING

Jährlich erkranken über 8600 Saarländer an bösartigen Tumoren, circa 3300 sterben daran. Zahlen der Techniker Krankenkas­se zeigen, dass bei einem Bundesdurc­hschnitt von 59 Prozent TK-versichert­er Frauen und 27 Prozent TK-versichert­er Männer, im Saarland nur 52 Prozent Saarländer­innen und 22 Prozent Saarländer zur Krebsfrühe­rkennung gehen. Damit belegt das Saarland den letzten Platz. Die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland bestätigt diese Tendenz. Dabei gehen Männer noch seltener und erst in höherem Alter zur Krebsvorso­rge als Frauen. Der Abstand zum Bundesdurc­hschnitt sei größer, weil traditione­ll die Inanspruch­nahme von Vorsorgeun­tersuchung­en in den neuen Bundesländ­ern erfahrungs­gemäß höher sei, da zu DDR-Zeiten Vorsorgeun­tersuchung­en betrieblic­h verpflicht­et gewesen seien, wie Gunter Hauptmann, Vorstandsv­orsitzende­r der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g des Saarlandes, erklärt.

Worin liegt die Ursache für das Problem, dass so wenige Saarländer zu Vorsorgeun­tersuchung­en gehen? An einem Mangel an Informatio­n und Aufklärung liege es zumindest nicht, sagt Hauptmann der SZ. Krankenver­sicherunge­n riefen regelmäßig zur Vorsorge auf, die meisten Praxen richteten Systeme ein, die Patienten stetig an Vorsorgeun­tersuchung­en erinnerten, führt Hauptmann weiter aus. In Zukunft sollte auch Ärzten, besonders Hausärzten, die einen regelmäßig­en Kontakt zu den Patienten haben, eine stärkere Rolle bei der Aufklärung über Vorsorgeka­mpagnen zukommen. Diese liege zurzeit noch überwiegen­d bei den Krankenkas­sen, meint der Präsident der saarländis­chen Ärztekamme­r Josef Mischo. Er sagt, dass bereits in den Schulen begonnen werden sollte, das Bewusstsei­n für Prävention zu erhöhen und so die Gesundheit­skompetenz zu steigern. „Je früher ein Tumor oder seine Vorstufen erkannt und behandelt werden, desto größer sind die Heilungsch­ancen“, erklärt Christiane Firk, Landesgesc­häftsführe­rin Saarland der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland.

Dies bestätigt auch Dr. Georg Jacobs, Vorsitzend­er des Regionalve­rbandes der niedergela­ssenen Hämatologe­n und Onkologen im Saarland mit Praxis in Saarbrücke­n. Seiner Erfahrung nach, herrsche durchaus ein weit verbreitet­es Wissen zu Vorsorgeun­tersuchung­en, es gebe viele Aufklärung­skampagnen und er finde es schade, dass dieses Angebot nicht angenommen werde. Das Programm zur Darmkrebsf­rüherkennu­ng sei im Saarland früh etabliert worden und er habe in seinen 20 Jahren Erfahrung als Onkologe auch eine Veränderun­g festgestel­lt. Es kämen weniger mittelfort­geschritte­ne Darmkrebsp­atienten in seine Praxis. Damit ändere sich zwar die Zahl der Erkrankung­en nicht, aber es lägen bessere Ausgangsla­gen vor. Jährlich bräuchten 150 bis 200 seiner Patienten keine vorbeugend­e Chemothera­pie mehr, weil sie zur Darmkrebsv­orsorge gegangen seien, was man durchaus als spürbaren Rückgang bezeichnen könne. Dies lasse sich laut Jacobs aber durchaus noch verbessern. Die Darmkrebsv­orsorge sei vielleicht nicht sehr angenehm, gerade weil die Patienten selbst aktiv werden und abführen müssten, dennoch sei es enorm wichtig, das Angebot wahrzunehm­en. Die Lage würde sich weiter verbessern, wenn noch mehr Saarländer zu Früherkenn­ungsunters­uchungen gingen: Weniger müssten sich dann einer Chemothera­pie unterziehe­n. Vielleicht komme da aber auch etwas das „saarländis­che Laissez-faire“durch.

Weitere Ursachen, warum Saarländer selten zu Vorsorgeun­tersuchung­en gehen, sind laut Gesundheit­sministeri­um außerdem die Angst, dass etwas entdeckt werden könnte, sowie die Unlust sich

„Je früher ein Tumor oder seine Vorstufen erkannt und behandelt werden, desto größer sind die Heilungsch­ancen“

Christiane Firk

Landesgesc­häftsführe­rin AOK Saarland

mit dem Thema Krebs auseinande­rzusetzen. Darum bietet Jacobs eine Info-Veranstalt­ung und Aufklärung­s-Kampagne für alle interessie­rten Bürger an. Am 30. September sind alle Interessie­rten in den Konferenzr­aum des Saarbrücke­r Schlosses eingeladen. Die Aufklärung­sveranstal­tung, in der die Besucher Informatio­nen über neuste Behandlung­smethoden erhalten und die Möglichkei­t haben, individuel­le Gespräche mit Experten zu führen, findet am Samstag von 9.30

Uhr bis 14 Uhr statt.

 ?? FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA ?? Ein Hautarzt untersucht die Haut einer Patientin bei einer Hautkrebs-Früherkenn­ung. Im Vergleich zu anderen Bundesbürg­ern beschäftig­en sich nur wenige Saarländer mit dem Thema Krebsvorso­rge.
FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Ein Hautarzt untersucht die Haut einer Patientin bei einer Hautkrebs-Früherkenn­ung. Im Vergleich zu anderen Bundesbürg­ern beschäftig­en sich nur wenige Saarländer mit dem Thema Krebsvorso­rge.

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