Saarbruecker Zeitung

Der dienstälte­ste Landrat verabschie­det sich nach 38 Jahren

Hans Jörg Duppré blickt auf eine bewegte Zeit als oberster Kommunalbe­amter des Kreises Südwestpfa­lz zurück.

- VON JASPER ROTHFELS

(dpa) Wenn Landrat Hans Jörg Duppré (CDU) ins Erzählen kommt, rauschen die Jahrzehnte vor dem geistigen Auge vorbei: Ende der soziallibe­ralen Koalition in Bonn, Helmut Kohl wird Kanzler, Niedergang der Schuhindus­trie, Abzug der Amerikaner, Wiedervere­inigung, Flüchtling­e: Der Landrat des Kreises Südwestpfa­lz hat viel erlebt. Er ist seit fast 38 Jahren im Amt und der dienstälte­ste Landrat Deutschlan­ds – bis zum 30. September, dann hat der 72-Jährige seinen letzten Einsatz.

Und dann? „Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das Amt gerne und mit Freude gemacht habe“, sagt Duppré, der auch lange Jahre Chef des rheinland-pfälzische­n und des Deutschen Landkreist­ages war. „Wie sich das dann anfühlt am 1. Oktober, das weiß ich natürlich nicht.“Seine drei erwachsene­n Kinder wissen es auch nicht: Sie erleben dann erstmals einen Vater, der kein Landrat ist.

Von Abschied ist in der Kreisverwa­ltung in Pirmasens noch nichts zu spüren. Kein Wunder. Christdemo­krat Duppré, der als Mann der alten Schule gilt, hat wie immer einen vollen Terminkale­nder. Das Arbeitszim­mer, dem er in all der Zeit äußerlich kaum eine persönlich­e Note aufgedrück­t hat, sieht ihn an diesem Vormittag selten. Es hat den Kreis nicht viel gekostet. Hier steht noch die Couchgarni­tur aus schwarzem Leder, die sein Vorgänger angeschaff­t hatte.

Außerhalb des Zimmers hat sich allerdings viel verändert, seit der Jurist 1979 Landrat des Landkreise­s Pirmasens wurde, wie der Kreis früher hieß. „Als ich hierherkam, war die Schuhindus­trie noch voll im Gange, das schien auch die Zukunft zu sein.“Pirmasens war deutsche Schuhhaupt­stadt. Im Rekordjahr 1969 stellten dort über 32 000 Arbeiter 62 Millionen Paar Schuhe her. Wer nicht in einer der vielen Schuhfabri­ken beschäftig­t war, arbeitete für das damals noch hier stationier­te US-Militär. „Wir hatten in den Zeiten, als beides noch lief, bis in die 80er Jahre hinein Vollbeschä­ftigung“, so Duppré.

Aber immer mehr Betriebe verlagerte­n die Produktion ins Ausland. Zur gleichen Zeit, so der Landrat, folgte der überrasche­nde Abzug der Amerikaner. Zwar nahmen die ihre in Clausen gelagerten Chemiewaff­en mit, aber die Arbeitslos­igkeit schnellte „in extremer Art und Weise“hoch, erzählt Duppré. Hinzu kam, dass das Verbindung­sstück der A8 zwischen Pirmasens und Karlsruhe nicht gebaut wurde. So blieb zwar der Wald intakt, aber die wirtschaft­liche Entwicklun­g einer ganzen Region wurde „massiv negativ beeinträch­tigt“.

Aber es ging wieder aufwärts. „Unsere Leute haben sich sehr schnell an das Pendeln gewöhnt“, sagt Duppré. Viele fahren zum DaimlerLkw-Werk ins südpfälzis­che Wörth oder ins Saarland. Zudem wurde der Tourismus im östlichen Teil des Kreises „absoluter Wirtschaft­sfaktor“, wie er sagt. Arbeitsplä­tze entstanden auch anderswo: Zum Beispiel in Hauenstein, dem „größten Schuhdorf Deutschlan­ds“. Und rund um den Flugplatz Zweibrücke­n, der allerdings im November 2014 den Betrieb einstellen musste. Die EU wertete Staatsbeih­ilfen als unrechtmäß­ig.

Auch aus Sicht der Opposition lief nicht immer alles rund. An der maßgeblich von Duppré vorangetri­ebenen Entscheidu­ng für Bau und Finanzieru­ng eines Müllheizkr­aftwerkes in Pirmasens trage die Region bis heute schwer, so der Fraktionsc­hef der Kreistags-Grünen, Bernd Schumacher. Aber Duppré habe auch die Finanzlage „ganz gut im Griff“gehabt, gut in die Schulen investiert und früh eine „Projektste­lle Klimaschut­z und erneuerbar­e Energien“geschaffen. Alexander Fuhr, Chef der SPD-Fraktion, die mit der CDU koaliert, attestiert Duppré ein breites Konsensstr­eben, zudem habe er es „hervorrage­nd verstanden“, seine Kontakte zum Wohl seiner Heimat zu nutzen.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Der Landrat des Kreises Südwestpfa­lz, Hans Jörg Duppré (CDU), legt am 30. September sein Amt nieder.

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