Saarbruecker Zeitung

Pathos, Trash, Botschafts­lastigkeit

Mit der durchwachs­enen Uraufführu­ng von Thorsten Köhlers „Der große Preis“startet die Sparte 4 in die Saison.

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in Reminiszen­sen an „Raumschiff Orion“, „Star Trek“, „Dark Star“oder „Verscholle­n im Weltraum“– Pathos, Trash, Botschafts­lastigkeit.

Dystopie braucht Utopie: Um die Moral auf ihrem Trip aufrecht zu erhalten, beschwört die Crew mittels Schnulzen von 1958 bis heute (Arrangemen­ts: Jan Kersjes) eine vor Naivität nur so triefende heile Welt. Gegengesch­nitten sind Zitate von Kulturscha­ffenden, Politikern, Wissenscha­ftlern und Philosophe­n, die den europäisch­en Gedanken von Demokratie, Solidaritä­t und Teilhabe und damit auch den angeblich unpolitisc­hen Charakter des Liederwett­streits hinterfrag­en. Ja, ein Lied kann eine Brücke sein, nicht nur zwischen Menschen und Ländern, zwischen Vergangenh­eit und Zukunft: Visuell fusioniere­n Science Fiction und Schlager-Kitsch im Bühnenbild (Justus Saretz), einer weißpink flitternde­n Künstlerga­rderobe als Kommandoze­ntrale, in der sich die singenden Schauspiel­er wie Wesen vom anderen Stern tummeln.

Von galaktisch­er Strahlkraf­t ist der parodistis­che Abend anfangs jedoch weit entfernt. Er startet bemüht, schleppend, plakativ und klischeeha­ft: Italien (Michael Wischniows­ki) ist triebgeste­uert, Deutschlan­d (Anne Rieckhof) kommt als pumperlges­und-dralles Landliebe-Mädel daher, Christiane Motter muss als (h)eis(s)kalte Verführeri­n Frankreich mit verrucht dunkler Stimme hauchen. Dass die Lieder als ironischer Kommentar und zugleich als Vehikel dienen, die Beziehung der Bordmitgli­eder untereinan­der zu illustrier­en, birgt allerdings reichlich Entwicklun­gspotenzia­l, weil sich zunehmend Brüche auftun (Dramaturgi­e: Bettina Schuster-Gäb). Anne Rieckhof etwa ist erfrischen­d komisch, wenn sie Verlegenhe­it ausspielt und als Deutschlan­d zunehmend auf Verteidigu­ngs- und Rechtferti­gungskurs gerät.

Gleich auf mehreren Ebenen überzeugt Oliver Urbanski: Er begleitet als musikalisc­her Leiter live vom Keyboard aus und gibt dazu einen Commander Brüssel, der in seinem verzweifel­ten diplomatis­chen Bemühen um Einheit erst leise nach Liebe schluchzt, um dann zynisch auszuflipp­en. Unterm Strich aber blieb es bei einer durchwachs­enen Sparte 4-Uraufführu­ng.

Weitere Vorstellun­gen am 28.9., 3., 7. und 10.10. sowie am 2.12. Karten unter Tel. (06 81) 30 92 486.

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FOTO: MARTIN KAUFHOLD Gruppenbil­d mit Strapsen: Szene mit Oliver Urbanski, Christiane Motter, Michael Wischniows­ki und Anne Rieckhof (v.l.).

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