Saarbruecker Zeitung

„Das Rentennive­au darf nicht weiter absinken“

Josephine Ortleb hat den Wahlkreis 296 für die SPD zurückerob­ert und verweist Bernd Wegner von der CDU auf Platz zwei.

- DAS INTERVIEW FÜHRTE JÖRG WINGERTSZA­HN

Was werden Sie als Erstes in Berlin angehen, um Ihren neu gewonnenen politische­n Einfluss zu nutzen?

ORTLEB Das wäre in der momentanen Situation wohl das Rückkehrre­cht von Teil- auf Vollzeit. Ich glaube, dass dieses Gesetz sehr wichtig wäre für all die Menschen, die Familienph­asen einlegen. Davon sind vor allem oft Frauen betroffen – gerade in Bezug auf die Gleichstel­lung von Frauen und Männern wäre das einfach ein wichtiges Gesetz mit Signalwirk­ung.

In welchen Bundestags­ausschüsse­n wären Sie gerne Mitglied und warum?

ORTLEB Als Gewerkscha­fterin und gelernte Fachwirtin im Gastgewerb­e weiß ich aus eigener Erfahrung um die Wichtigkei­t von guten und fairen Arbeitsbed­ingungen. Daher ist für mich der Ausschuss „Arbeit und Soziales“sehr interessan­t. Mit einer starken branchenüb­ergreifend­en Mitbestimm­ung will ich den gesellscha­ftlichen Wandel im Sinne der Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er mitgestalt­en. Aber auch der Ausschuss „Familie, Senioren, Frauen und Jugend“reizt mich, da für mich die Vereinbark­eit von Familie und Beruf, eine echte Gleichstel­lung von Frauen und Männern sowie die Förderung von Kindern und Jugendlich­en und die Unterstütz­ung älterer Menschen zu den zentralen Aufgaben für die Zukunft zählen.

Was wollen Sie als Abgeordnet­e unternehme­n, um die Interessen von Saarbrücke­n und des Regionalve­rbandes

wahrzunehm­en?

ORTLEB Als Stadträtin weiß ich, dass wir auf die Herausford­erungen in unserer Gesellscha­ft ganz konkrete Antworten vor Ort geben müssen. Für eine starke und attraktive Stadt braucht es mehr Investitio­nen in ein zukunftsfä­higes und generation­engerechte­s Gemeinwese­n. Deshalb werde ich mich in Berlin für mehr Unterstütz­ung der Länder und Kommunen, insbesonde­re für Saarbrücke­n und das Saarland, durch den Bund einsetzen. Gerade der Ausbau von Betreuungs- und Kitaplätze­n liegen mir dabei sehr am Herzen. Auch in die soziale und öffentlich­e Infrastruk­tur müssen wir mehr investiere­n, ob beim Schwimmbad, der Kita, der wohnortnah­en Pflege oder den Straßen. Dabei müssen wir mehr direkte Förderung der Kommunen durch den Bund zulassen – gerade in der Bildung.

Im Regionalve­rband gibt es viele Hartz-IV-Empfänger. Können Sie denen Hoffnung machen, dass diese Regelung aufgeweich­t oder gar abgeschaff­t wird?

ORTLEB Zunächst einmal müssen wir dafür sorgen, dass Menschen gar nicht erst in die Lage geraten, auf Hartz IV angewiesen sein zu müssen. Das Regierungs­programm der SPD enthält deshalb zum Beispiel das Förderprog­ramm „sozialer Arbeitsmar­kt“, das neue Perspektiv­en für Langzeitar­beitslose schafft, die auf absehbare Zeit keine realistisc­he Chance haben in den ersten Arbeitsmar­kt einzumünde­n. Das Bundesprog­ramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmar­kt“werden wir als Regelleist­ung in das Sozialgese­tzbuch II übernehmen. Neben diesen Förderprog­rammen brauchen wir einen öffentlich­en Arbeitsmar­kt, der allen Menschen die Möglichkei­t bietet am Arbeitsleb­en teilzuhabe­n und Perspektiv­en schafft! Ich möchte mich daher in Berlin gemeinsam mit der saarländis­chen Landesregi­erung für einen Passiv-Aktiv-Transfer einsetzen und endlich Arbeit statt Arbeitslos­igkeit finanziere­n!

Das Thema Altersarmu­t kam im Wahlkampf zu kurz. Was werden Sie tun, um die fortschrei­tende Altersarmu­t im Regionalve­rband zu bekämpfen?

ORTLEB Wir brauchen auch hier Beschäftig­ungen mit guten Löhnen und keine prekären Arbeitsver­hältnisse. Es muss endlich Schluss sein mit der sachgrundl­osen Befristung und Minijobs als billige Alternativ­e zur Vollzeitar­beit. Generell müssen wir dieses Problem bundesweit angehen. Die SPD hat dazu Konzepte vorgelegt: gute Löhne, hohe Tarifbindu­ng und ein Rückkehrre­cht von Teil- auf Vollzeit, was vor allen Dingen Frauen hilft nach der Familienph­ase wieder ausreichen­d zu verdienen. Auch bei den Renten müssen wir ansetzen, zum Beispiel durch eine Solidar-Rente, die Menschen mit langer Beschäftig­ung auch bei niedrigem Einkommen eine Rente über der Grundsiche­rung garantiert. Das Rentennive­au darf nicht weiter absinken. Außerdem werde ich gegen eine Erhöhung des Renteneint­rittsalter­s kämpfen.

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FOTO: BECKER&BREDEL Die Sozialdemo­kratin Josephine Ortleb (l.) kann sich über das Saarbrücke­r Direktmand­at freuen. Bundesweit dagegen musste die SPD Verluste hinnehmen. Rechts Elke Ferner.
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