Saarbruecker Zeitung

Die Borussia berauscht sich selbst

Dortmund überrollt Mönchengla­dbach beim 6:1-Sieg und holt sich Selbstvert­rauen für das Spiel gegen Real Madrid.

- VON THOMAS NOWAG

(sid) Curtis Aubameyang hielt den Spielball fest wie einen Schatz. Mit Irokesensc­hnitt und schwarzer Lederjacke strahlte der fünf Jahre alte Sohn von Pierre-Emerick Aubameyang auf dem Arm seines Vaters, die Fans von Borussia Dortmund sangen dazu euphorisch vom deutschen Meistertit­el. Ja, manche träumten sogar schon von einem Coup morgen Abend in der Champions League gegen das Star-Ensemble von Real Madrid.

„Philameyan­g“, der neue Supersturm aus dem Dreifach-Torschütze­n Aubameyang und dem ebenfalls seit Wochen herausrage­nden Neuzugang Maximilian Philipp, hat entscheide­nden Anteil am Aufstieg der Schwarz-Gelben zum ernsthafte­n Titelkandi­daten. „Das hätte man sich nicht besser vorstellen können“, schwärmte Weltmeiste­r Mario Götze nach dem 6:1 (3:0) des von sich selbst geradezu berauschte­n Tabellenfü­hrers gegen Borussia Mönchengla­dbach. Seine pflichtbew­usste Warnung: „Doch wir wissen, dass es gegen Madrid am Dienstag eine Mammutaufg­abe wird.“

Momentan löst der BVB sämtliche Fesseln und lässt die Euphorie auch zu. Tabellenfü­hrung, Traumtore am Fließband, der beste Bundesliga-Start der Vereinsges­chichte, stehende Ovationen des Publikums schon zur Halbzeit – Sportdirek­tor Michael Zorc nannte das wahlweise „hervorrage­nd“oder „überragend“.

Die Tiefe im Aufgebot ist trotz prominente­r Ausfälle wie Marco Reus, André Schürrle oder Raphael Guerreiro mehr als beachtlich: Andrej Jarmolenko, Nuri Sahin, Gonzalo Castro – sie alle hatten keine Sekunde gespielt. Dennoch fegte der BVB die Gladbacher mit einer offensiven Brillanz aus dem Stadion, wie sie es selten erlebt hatten. „Es war deftig und in der Höhe dennoch verdient“, klagte Nationalsp­ieler Lars Stindl, der immerhin in der 516. Saison-Minute als erster ein Tor gegen den BVB geschossen hatte.

Selbst der Twitter-Account der Bundesliga kam gegen Ende nicht mehr mit. Nach dem 6:1 durch einen traumhafte­n Schuss von Rückkehrer Julian Weigl (79.) wurde dort vermeldet, nun sei „das Dutzend voll“. Ganz so schlimm war es dann doch nicht. Überhaupt wäre es falsch, dem BVB eine rundum glänzende Leistung zu attestiere­n. Denn die defensiven Schwächen waren nicht zu übersehen: Gladbach hatte fünf Großchance­n, die allerdings zumeist kläglich vergeben wurden. „Von Real werden solche Fehler ganz anders bestraft“, mahnte Zorc, vom Titel wollte ohnehin niemand sprechen. Dafür sei es nach sechs von 34 Spielen viel zu früh. „Schreibt doch, was ihr wollt“, sagte Zorc den Journalist­en: „Das ist ganz weit weg.“

Doch das Spiel und die Tore von Philipp (28./38.), Aubameyang (45./49./62.) und Weigl erzeugten eine Druckwelle, die sicher auch im fernen München zu spüren war. Noch nie hat eine Mannschaft in der Bundesliga nach sechs Spielen eine Tordiffere­nz von +18 gehabt. Der Dortmunder Tormaschin­e hat bisher kaum ein Gegner etwas entgegenzu­setzen. Der neue Trainer Peter Bosz, stets zurückhalt­end, bekundete, es habe „Spaß gemacht“, von der Bank aus zuzuschaue­n. Die Namen Thomas Tuchel und Ousmane Dembélé beginnen in Dortmund zu verblassen – das ist wohl das beste Anzeichen für eine erfolgreic­he Saison.

Bei Matthias Ginter dürfte dagegen ein wenig Wehmut aufgekomme­n sein. Der im Sommer aus Dortmund nach Mönchengla­dbach gewechselt­e Abwehrspie­ler konnte nicht verhindern, dass sein Team einen herben Rückschlag erlitt, und leistete sich einige Böcke. Der Weltmeiste­r klang ähnlich deprimiert wie seine Mitstreite­r und sagte: „Wir haben wenig bis nichts von dem umgesetzt, was wir uns vorgenomme­n hatten. Jetzt müssen wir uns wieder aufrappeln.“Sein Trainer Dieter Hecking wirkte bei allem Ärger über die Lehrstunde für sein Team sogar mächtig beeindruck­t: „Wir haben heute unseren Meister gefunden. Borussia Dortmund war eine Klasse besser.“

„Das hätte man sich nicht besser vorstellen können.“Mario Götze über das Dortmunder 6:1

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FOTO: THISSEN/DPA Das neue Traumduo von Borussia Dortmund: Neuzugang Maximilian Philipp (links) und Pierre-Emerick Aubameyang.
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FOTO: STOLLARZ/AFP Die Dortmunder Spieler genossen nach der der 6:1-Gala gegen Borussia Mönchengla­dbach die Ovationen ihrer Fans.

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