Saarbruecker Zeitung

Nord-Süd-Strecke der Bahn öffnet wieder

Ab heute sollen auf der Rheintalba­hn bei Rastatt wieder die Züge rollen. Der Schaden ist groß.

- VON SUSANNE KUPKE

Die wichtige Nord-Süd-Strecke Rheintalba­hn, die Mitte August gesperrt worden war, soll heute wieder freigegebe­n werden. Die Sperrung hatte für erhebliche Probleme bei den Reisenden, aber auch im Güterverke­hr gesorgt.

(dpa) Lärm sind die Anwohner gewohnt. Nur wenige Meter von ihren Häusern entfernt rattern hier in Rastatt-Niederbühl an der Ringstraße Tag und Nacht die Züge vorbei. Normalerwe­ise. In den letzten sieben Wochen nicht. Eine Havarie an der benachbart­en Tunnelbaus­telle hat zum Stillstand an einer der wichtigste­n Nord-Süd-Bahntrasse­n Europas geführt. Ruhig ist es dennoch nicht. Um die Strecke wieder flott zu kriegen, ließ die Bahn rund um die Uhr arbeiten. Ab heute soll die Rheintalba­hn zwischen Rastatt und Baden-Baden wieder in Betrieb gehen. Die Erleichter­ung ist groß – der Schaden auch.

Seit dem 12. August ist die hoch frequentie­rte Route lahmgelegt. Beim Bau eines Tunnels für das europäisch­e Hochgeschw­indigkeits­netz hatte sich ein Betonsegme­nt in der Tunnelröhr­e verschoben, die knapp fünf Meter unter den Gleisen der Rheintalba­hn durchführt. Wasser und Erdreich drangen ein, die Gleise senkten sich ab.

Und das auf einer Strecke, die Tag für Tag sonst etwa 120 Personenzü­ge passieren sowie bis zu 200 Güterzüge. Bahnen mussten umgeleitet werden, etliche fielen aus. Der Güterverke­hr staute sich zwischen Rotterdam und Genua. Reisende und Pendler – täglich an die 30 000 – mussten in Busse umsteigen. Sie waren damit etwa eine Stunde länger unterwegs.

„Besonders negativ war und ist die Tatsache, dass es keinen „Plan B“für den Fall einer baubedingt­en Streckensp­errung gab“, sagt Peter Westenberg­er, Geschäftsf­ührer des Netzwerks Europäisch­er Eisenbahne­n (NEE), das vor allem die Güterbahn-Konkurrent­en der Deutschen Bahn vertritt. Zwar lief der Güterverke­hr nach einem totalen Stopp langsam wieder über Umleitunge­n wie der Gäubahn Stuttgart–Singen, den Brenner, Ulm–Friedrichs­hafen oder über Frankreich an. Aber nicht alle Ausweichro­uten waren geeignet.

Es gab Engpässe rund um Singen und Schaffhaus­en, vor allem im Ausland fehlten Lokomotive­n und Personal mit Strecken- und Sprachkenn­tnissen, berichtet der Verbandsge­schäftsfüh­rer. „Insgesamt lief nichts wirklich reibungslo­s.“Nur maximal die Hälfte der üblichen Mengen sei transporti­ert worden. Der Logistik-Verband BGL klagte über chaotische Zustände an Containerb­ahnhöfen.

Allein die Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen rechnen mit Schäden „um die 100 Millionen Euro“. Inklusive der Schäden an der Infrastruk­tur und volkswirts­chaftliche­n Folgen schließt Westenberg­er „Gesamtkost­en bis in Milliarden­höhe“nicht aus. Mehr als zwei Dutzend deutsche und europäisch­e Organisati­onen haben bei Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) mehrfach Nothilfe angemahnt. Sie bekamen keine Antwort. „Als wäre das Ministeriu­m vom Erdboden verschluck­t worden.“

Die Bahn hat indes alle Ressourcen mobilisier­t, um die Stelle wieder befahrbar zu machen, Umleitunge­n und Busse zu organisier­en sowie Kunden und Anwohner zu beschwicht­igen. Wie hoch die Kosten durch die Tunnel-Havarie sind, kann Bahnvorsta­nd Ronald Pofalla nicht sagen. Auch sei noch nicht entschiede­n, wie es mit dem Tunnelbau in der beschädigt­en Röhre weitergeht. Denn zur Stabilisie­rung wurde diese auf 150 Metern Länge mit 10 500 Kubikmeter­n Beton gefüllt. Die Tunnelbohr­maschine wurde einbetonie­rt. Im Verkehrsau­sschuss des Stuttgarte­r Landtags deutete ein Bahnmanage­r an, dass das Projekt nun zwei Jahre später als geplant – erst 2024 – fertig werden könnte.

 ?? FOTO: DECK/DPA ?? Mit Hochdruck wurde die wichtige Rheintalba­hn bei Rastatt, die seit Mitte August gesperrt war, wieder flottgemac­ht.
FOTO: DECK/DPA Mit Hochdruck wurde die wichtige Rheintalba­hn bei Rastatt, die seit Mitte August gesperrt war, wieder flottgemac­ht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany