Saarbruecker Zeitung

Pfarrer Schaefer zu Gast im Schloss Bellevue

Der Pastor Michael Schaefer hat Jugendlich­en und Kranken geholfen. Jetzt bekommt er in Berlin das Bundesverd­ienstkreuz.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

REIFFERSCH­EID/LEBACH/BERLIN Er ist so alt wie der Stones Sänger Mick Jagger. Doch mit 74 Jahren rockt Michael Schaefer nicht die Arenen in Europa, sondern den Palast des Bundespräs­identen Frank-Walter Steinmeier, das Schloss Bellevue. „Was soll denn der Ramsch da“, habe er gedacht, als Anfang August ein Schreiben des Bundespräs­idialamtes in seinem Briefkaste­n im 500-Seelen-Dorf Reiffersch­eid bei Adenau in der Eifel lag. „Zuerst habe

ich gedacht, dass mich da jemand veräppelt“, sagt der kleine drahtige Pfarrer, dessen Ohren denen des knuffigen Meisters Yoda aus „Star Wars“ähneln. Er sei mit dem Schreiben zu seiner Nichte Anja Hertel gegangen, die nebenan lebt. „Das ist wohl echt“, habe die Nichte gesagt.

Mit Jagger und Yoda kann es Schaefer locker aufnehmen. Sein Lebenswerk, das auf Menschlich­keit und soziale Kompetenz gründet, ist herausrage­nder als alle Stones-Songs und Jedi-Ritter-Kämpfe zusammen. Als Vierjährig­er verlor er mit seinen elf Geschwiste­rn die Mutter. „Mein Vater sah keinen anderen Ausweg, als die vier Jüngsten in Obhut zu geben“, sagt Schaefer. So kam er ins Nachbardor­f zu Pflegeelte­rn, wo er aufwuchs. Schaefer wurde Postbote, baute auf dem Abendgymna­sium das Abitur und studierte danach Theologie. „Meine Priesterwe­ihe war am 29. Januar 1978 im Trierer Dom“, sagt Schaefer.

Dann wird aus dem Eifeler Jungen ein Saarländer. „Ich war 40 Jahre im Saarland“, sagt Schaefer und schmunzelt- Ein Jahr in Theley, drei Jahre in Wemmetswei­ler, ein Jahr in Lebach-Landsweile­r. Es folgt der Knast. Elf Jahre lang hilft Schaefer Jugendlich­en im Ottweiler Gefängnis, wieder auf die Beine zu kommen und nach dem Vollzug ein ordentlich­es Leben zu führen. „Vor mehr als 30 Jahren hat Michael Schaefer den Verein für die Förderung und Pflege des Sports im Jugendstra­fvollzug Ottweiler mit gegründet und war bis zum Jahr 2012 dessen Vorsitzend­er. Dabei war ihm besonders wichtig, dass die inhaftiert­en Jugendlich­en regelmäßig an Sportveran­staltungen auch außerhalb des Vollzugs teilnehmen konnten und damit über den Sport konkrete Hilfe bei der Resozialis­ierung fanden“, schreibt das Bundespräs­idialamt in der Broschüre, die der Bundespräs­ident am Mittwoch im Schloss Bellevue an Schaefer überreiche­n wird. Doch zuvor heftet Steinmeier ihm das Bundesverd­ienstkreuz an.

Von 1994 bis zu seinem Abschied 2015 in den Ruhestand wirkte Schaefer im Caritas-Krankenhau­s Lebach als Seelsorger, hatte ein Ohr und ein Herz für die Kranken, sprach ihnen Trost und Mut zu. Der Draht zu Lebach glüht weiter, jetzt erst war er mit einer Frauengrup­pe unterwegs.

Sein größtes Werk ist die Hilfe für die Straßenkin­der von St. Petersburg. „Ich war noch Seelsorger im Ottweiler Gefängnis als ich eines Abends vor dem Fernseher einschlief. Als ich erwachte, lief da die ZDF-Reportage über das Elend Petersburg­er Straßenkin­der“, sagt Schaefer. Er ist erschütter­t und beschließt, seine Freunde und Familie bei seinem 50. Geburtstag um Spenden für ein Kinderheim in Petersburg zu bitten. Was 1993 mit Schaefers Spende für ein Waisenheim in St. Petersburg begann, hat eine Größe erreicht, die die Saarbrücke­r Zeitungsle­ser mit dem Jahressieg 2008 bei „Saarlands Beste“würdigten. „Ich habe inzwischen 1,2 Millionen Euro an Spenden gesammelt und mehr als 1000 Kindern und Jugendlich­en in St. Petersburg einen Weg in ein ordentlich­es Leben ermöglicht“, sagt Schaefer. 2012 hat Schaefer den Lebacher Verein „Bereg - Brücke zum Ufer“gegründet. „Da ist jetzt die junge Generation um Oliver Buchholz sehr engagiert“, betont Schaefer.

Mit seiner Nichte, ihrem Mann und dem Bereg-Vorstand Michael Fries startet Schaefer morgen nach Berlin. Und danach? „Ich werde weiter Spenden sammeln, doppelglei­sig im Saarland und in der Eifel.“Schaefers Lachen dazu ist ansteckend.

Kontonumme­r des Vereins „Bereg - Brücke zum Ufer“IBAN: DE27 5939 3000 0050 5402 19. BIC: GENODE51LE­B

„Was soll denn der

Ramsch da?“

Pfarrer Schaefer nach Erhalt der Einladung des Bundespräs­identen

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FOTO: OLIVER DIETZE Der katholisch­e Pfarrer Michael Schaefer lebt jetzt in Reiffersch­eid/Eifel, seiner alten Heimat.

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