Saarbruecker Zeitung

Theresa Mays Albtraum

Die Rede der gesundheit­lich angeschlag­enen Premiermin­isterin auf dem Tory-Parteitag ging daneben.

-

das war der Plan. Stattdesse­n erntete eine schwach wirkende Premiermin­isterin vor allem Mitleid. Es war fast qualvoll zuzuschaue­n, wie sie sich durch die Rede hustete, räusperte und krächzte. Viele ihrer Sätze und mit ihnen der Inhalt gingen schlichtwe­g unter, weil die Chefin der Tories unter den Folgen einer Erkältung litt. Die Vorstellun­g, rar an neuen politische­n Ideen, steht symbolisch für die vergangene­n Monate.

May begann mit einer demütigen Geste und entschuldi­gte sich für die schiefgela­ufene Parlaments­wahl im Juni. Die Kampagne sei zu sehr nach Drehbuch geführt worden. „Ich übernehme die Verantwort­ung. Ich habe den Wahlkampf angeführt. Es tut mir leid.“Die Vorsitzend­e weiß um die Frustratio­n bei den Konservati­ven, die sich in Manchester unaufhörli­ch die Existenzfr­age stellten. „Diese Partei liegt im Sterben“, hieß es immer wieder. Sinkende Mitglieder­zahlen, eine alternde Anhängersc­haft und eine fehlende

Theresa May Anziehungs­kraft für junge Briten – frustriert­e Tories suchten nach Lösungen.

Dass der Superstar dieser Tage ein Hinterbänk­ler namens Jacob ReesMogg war, sagt viel aus über den Zustand der Tories. Wie aus dem Bilderbuch-Establishm­ent entsprunge­n, tritt der 48-Jährige stets mit zweireihig­em Anzug und Oberschich­ten-Englisch auf. Kritiker sehen auch seine Ideen in vergangene­n Zeiten verankert. Rees-Mogg twittert auf Latein, ist gegen Abtreibung und die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe, doch insbesonde­re beim Thema Brexit überzeugt er als Hardliner seine Fans. Manche räumen ihm mittlerwei­le sogar Chancen ein, eines Tages in die Downing Street einzuziehe­n.

Dahin will aber vor allem Boris Johnson, der seit Wochen Theresa May vor sich hertreibt. Er gab sich während seiner Parteitags­rede am Dienstagna­chmittag allerdings zahm und sorgte mit Witzen und Esprit für etwas gute Stimmung in der Tristesse. Es sei Zeit, „das Referendum nicht mehr wie eine Eiterbeule­npest oder eine Rinderpest oder einen unerklärli­chen Fehltritt von 17,4 Millionen Menschen zu behandeln“, fand er. Kaum war Johnson runter von der Bühne, sorgte er noch für einen Eklat: Die ehemalige IS-Hochburg Sirte in Libyen mit ihrem „weißen Sandstrand, wunderschö­nen Meer“könne zu einem neuen Dubai werden, sagte Johnson bei einer Veranstalt­ung und fügte witzelnd hinzu: „Sie müssen nur die Leichen wegräumen.“

„Ich übernehme die Verantwort­ung.

Ich habe den Wahlkampf angeführt.

Es tut mir leid.“

Britische Premiermin­isterin

 ?? FOTO: PAUL ELLIS/AFP ?? Ziemlich verschnupf­t präsentier­te sich die britische Premiermin­isterin Theresa May auf dem Parteitag der Konservati­ven.
FOTO: PAUL ELLIS/AFP Ziemlich verschnupf­t präsentier­te sich die britische Premiermin­isterin Theresa May auf dem Parteitag der Konservati­ven.

Newspapers in German

Newspapers from Germany