Saarbruecker Zeitung

HTW-Hochhaus: Millionen-Klage gegen Land

Während der Streit um die Pannen beim HTW-Hochhaus in Saarbrücke­n vor Gericht landet, verzögert sich der Umzug erneut.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N Die 15. Zivilkamme­r des Landgerich­ts Saarbrücke­n hat eine brisante Klageschri­ft auf dem Tisch, die wohl auch in der Landespoli­tik für Zündstoff sorgen wird: Die privaten Baufirmen, die am Hochhaus der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Alt-Saarbrücke­n arbeiten, fordern vom Saarland als Auftraggeb­er unter anderem die Vergütung für millionens­chwere Nachbesser­ungen beim Brandschut­z. Zur „ARGE HTW“gehören

die OBG Hochbau in Ottweiler und die d& b Bau mit Sitz in Neustadt/ Weinstraße. Sie haben eine Frankfurte­r Anwaltskan­zlei beauftragt, die Klage mit einem vorläufige­n Streitwert von 8,9 Millionen Euro einzureich­en. Ein OBG-Sprecher lehnte gegenüber unserer Zeitung „zum gegenwärti­gen Zeitpunkt eine Stellungna­hme“ab.

Innen- und Bauministe­r Klaus Bouillon (CDU), der seit Mai dieses Jahres für alle Bauprojekt­e des Landes zuständig ist, bestätigte auf Anfrage, dass die millionens­chwere Klage vom Landgerich­t zugestellt wurde. Bouillon: „Ich habe diesen Prozess geerbt.“Bislang lag die Federführu­ng für das Projekt beim Finanzmini­sterium. Eine auf privates Baurecht und auf Projekte in öffentlich-privater Partnersch­aft (PPP) spezialisi­erte Frankfurte­r Großkanzle­i wurde mit der Vertretung der Interessen des Landes beauftragt.

Nach Angaben eines Gerichtssp­rechers wurde dem Land zur Erwiderung der Klage eine Frist bis zum 20. Oktober eingeräumt. Die Zivilkamme­r habe ein schriftlic­hes Vorverfahr­en angeordnet. Eine mündliche Verhandlun­g ist noch nicht terminiert.

Das für rund 20 Millionen Euro kernsanier­te HTW-Hochhaus (früher: Haus der Gesundheit) an der Malstatter Brücke sollte ursprüngli­ch bereits vor vier Jahren bezugsfert­ig sein. Wegen gravierend­er Defizite beim Brandschut­z verweigert­e die Bauaufsich­t eine Genehmigun­g für den Hochschulb­etrieb und forderte große Nachbesser­ungen (zwei neue Treppenhäu­ser als Fluchtwege).

In einem ersten Brandschut­zkonzept war zunächst nur vorgesehen, dass 200 Menschen sich gemeinsam in dem Hochhaus aufhalten. Damit wäre aber ein Hochschulb­etrieb nicht zu realisiere­n gewesen. Das neue Brandschut­zkonzept geht von 1000 Besuchern aus, die sich gleichzeit­ig in dem Gebäude aufhalten können. Die Mehrkosten für die so genannte „Ertüchtigu­ng des Brandschut­zkonzeptes“wurden vom damaligen Finanzstaa­tssekretär Axel Spies (CDU) im vergangene­n Jahr auf elf Millionen Euro beziffert. Dazu kommen voraussich­tlich noch weitere Millionen wegen der verzögerte­n Fertigstel­lung. So musste die HTW mehrere Ausweichqu­artiere anmieten. Das Land und die frühere Projektges­ellschaft Falko sowie die Baufirmen weisen sich bisher gegenseiti­g die Verantwort­ung für die teure Panne beim Brandschut­z zu.

Während bereits die Klageschri­ft eingereich­t ist, ist das Projekt Brandschut­z am HTW-Hochhaus immer noch nicht endgültig abgeschlos­sen. Zunächst hieß es, das Haus stehe der HTW Ende August dieses Jahres zur Verfügung, dann wurde über eine Verzögerun­g bis Ende Oktober informiert. Minister Bouillon bestätigte jetzt SZ-Informatio­nen, wonach nach Angaben der Firmen von einer erneuten Verzögerun­g bis Anfang Dezember dieses Jahres auszugehen ist. Ob dieser dritte Fertigstel­lungstermi­n eingehalte­n wird, steht in den Sternen. Die jüngste Verschiebu­ng wurde angeblich mit der aufwändige­n Bauweise bei der Erstellung der Treppentür­me erklärt.

HTW-Sprecherin Katja Jung erklärte unterdesse­n, ein kompletter Umzug im laufenden Lehrbetrie­b komme für die Hochschule nicht in Frage: „Die HTW Saar legt großen Wert darauf, dass ein ordnungsge­mäßer Studienbet­rieb sichergest­ellt ist.“Erst zum Beginn des Sommerseme­sters (April 2018) sei ein Wechsel der Fakultät für Sozialwiss­enschaften (rund 800 Stunden) vom Ausweichqu­artier auf dem Saarbrücke­r Rastpfuhl in das Hochhaus möglich. Etwa 100 Mitarbeite­r der Verwaltung könnten unmittelba­r einziehen. Dies gelte auch für das Institut für wissenscha­ftliche Weiterbild­ung, das ebenso wie der Studienber­eich Pflege von Beginn an dort seine Lehrverans­taltungen durchführe­n könne.

HTW-Präsident Wollrad Rommel ist zuversicht­lich, dass zu Sommerseme­sterbeginn der komplette Lehrbetrie­b an neuer Wirkungsst­ätte laufen kann.

„Ich habe diesen Prozess geerbt.“

Bauministe­r Klaus Bouillon

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FOTO: DIETZE An das Hochhaus mussten zwei Treppenhäu­ser angebaut werden.
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FOTO: BECKER&BREDEL Axel Spies (CDU), früherer Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium
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FOTO: OLIVER DIETZE/ DPA Innen- und Bauministe­r Klaus Bouillon (CDU)

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