Saarbruecker Zeitung

Ein Trio nimmt sich selbst auf die Schippe

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SAARBRÜCKE­N (kek) Herbst ist Erntezeit. Da bietet sich ein erlauchtes Programm aus dem Garten doch an: Mit dem passenderw­eise „Querbeet“betitelten Abend hatte am Montag eine Sonderkrea­tion des „Ensemble Unverhofft“im Gersweiler Gasthaus Schwanenkö­nig Premiere.

Und der Eintopf aus dem bisherigen Repertoire plus einiger neuer Titel geriet dermaßen köstlich, dass er Appetit machte auf weitere jahreszeit­spezifisch­e Menüs dieser Art. Dabei ging‘s ganz ausgekocht nicht nur querbeet, sondern auch querbett und querbeat, mit bekannten und weniger bekannten und teils alternativ betexteten Liedern von Astor Piazzolla und Edith Piaf über Udo Lindenberg, Nina Hagen, Farin Urlaub bis zu den Feisten und Basta; von Rhythm‘n‘Blues über Chanson und Tango bis Pop. Alles charmant verpackt in ein gut gewürztes Arrangemen­t aus Kabarett, Theater und Standup-Moderation mit satirische­n Alltagsges­chichten, improvisie­rtem Witz, reichlich unfreiwill­iger Komik und Kalauern, bei dem sich das Trio hemmungslo­s selbst auf die Schippe nahm – bei soviel schonungsl­oser Ironie in eigener Sache kam das Publikum im voll besetzten Schwanensa­al gar nicht mehr aus dem Lachen heraus.

Melitta Bach und Daniela Kunzen agieren im flotten Unverhofft-Dreier als singende Drama-Queens, mal solo oder im zweistimmi­gen Duett, bei dem sich ihre unterschie­dlichen Charaktere und Timbres trefflich ergänzen. Die beiden haben alle Klangfarbe­n drauf, vom Sprechgesa­ng bis zum Belcanto: Sie sind mal leise, mal laut; mal ausgelauch­te Frau, mal radieschen­scharfer Vamp; mal Mädchen, mal Männe rmordende Furie.

Pianist Daniel Krüger mimt den leidgeprüf­ten Kerl, dem das kapriziöse Gebaren der beiden Damen endlose Geduld abnötigt. Dabei punktet er nicht nur als stilistisc­h vielfältig versierter und wunderbar einfühlsam­er Begleiter, sondern auch als überwiegen­d wortloser Kommentato­r mit herrlich beredtem stummem Spiel. Auch manch einer seiner Seufzer sagt weit mehr als tausend Worte.

Dafür quasseln sich die beiden Weibsbilde­r um Kopf und Kragen, wenn sie süffisant miteinande­r konkurrier­en, um dann wieder weibliche im zweiten Teil wunderbar zu hören: Die Melodien waren träumerisc­h, langsam und getragen; Anny Hwang spielte auf technisch hohem Niveau und mit großen Gefühl. Leider wurde der Hörgenuss durch das durchgängi­ge Brummen der gedimmten Lichter geschmäler­t – vor allem bei den leiseren Passagen.

Trotz der denkbar geringen gemeinsame­n Probenzeit harmoniert­en die Pianistin und das Orchester gut zusammen – auch bei der abschließe­nden Zugabe, die aus einem Stück Frédéric Chopins bestand.

Nach dem gelungenen Heimspiel der Starpianis­tin bleibt lediglich zu hoffen, dass eine solche Soirée bald zum festen Bestandtei­l des jährlichen Dudweiler Veranstalt­ungskalend­ers wird. Vielleicht schon 2018. Solidaritä­t zu demonstrie­ren. Beim Beackern femininer Dauer-Problemzon­en wie Figur und Beziehunge­n wird gestritten, geflirtet und gelästert, und jegliches prätentiös­e Kunstpatho­s wird bereits im Keim erstickt. Dabei gelingen den Dreien nicht nur komische und frivole, sondern auch wahrhaft anrührende Momente.

Die Ernte dieser leidenscha­ftlichen Gartenarbe­it? Tosender Applaus.

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