Saarbruecker Zeitung

Das Doppel-Leben der Martina Hingis

Die Schweizeri­n kehrt im Alter von 37 Jahren an die Spitze der Weltrangli­ste zurück. Einzel möchte sie aber nicht mehr spielen.

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PEKING (sid) Martina Hingis ließ sich zur Feier des Tages nicht zweimal bitten. Aufgeregt wie ein kleines Kind pustete die Schweizeri­n die Kerzen auf der Torte zu ihrem 37. Geburtstag aus. Dass dabei schon nach dem ersten Versuch kein einziges Lichtlein mehr brannte, passte ins Bild. Wenn Martina Hingis etwas macht, dann richtig. Das Alter spielt keine Rolle. Seit Montag steht die „Swiss Miss“wieder an der Spitze der Doppel-Weltrangli­ste.

Im Einzel hatte sie 1997 mit 16 Jahren als bislang jüngste Spielerin erstmals den Tennis-Thron bestiegen. „Das“, sagt die einstige Rivalin von Steffi Graf mit breitem Grinsen, „fühlt sich allerdings so an, als wäre es in einem anderen Leben gewesen.“Heute führt sie auf dem Court nur noch ein Doppel-Leben. Derzeit an der Seite von Chan Yung-Jan aus Taiwan, mit der sie erst seit Februar zusammensp­ielt, aber schon acht Turniere gewonnen hat. Von einer Rückkehr als Solokünstl­erin will Hingis nach wie vor nichts wissen. Ihr Motto: „Ich gebe lieber Vollgas im Doppel, anstatt im Einzel irgendwo zwischen Platz 30 und 50 zu stehen.“

2007 hatte die im slowakisch­en Kosice geborene Rechtshänd­erin nach einer positiven Kokainprob­e ihre erfolgreic­he Karriere vorerst beendet. Bis dahin standen fünf Major-Einzeltite­l auf ihrem Konto. Was abseits des Circuits folgte, waren einige Teilnahmen an Reitturnie­ren und die schlagzeil­enträchtig­e Trennung von ihrem Mann Thibault Hutin, einem französisc­hen Springreit­er.

Ihre wahre Leidenscha­ft aber ließ Hingis einfach nicht los. Kurios, dass sie nur wenige Wochen vor ihrer Rückkehr auf die Doppel-Tour 2013 bereits in die Hall of Fame aufgenomme­n worden war – mit 32 Jahren. Bei den Feierlichk­eiten posierte Hingis mit einem Holzschläg­er auf dem saftgrünen Rasen von Newport für die Fotogaleri­e der Ruhmeshall­e. Ein Stück Vergangenh­eit, so schien es. Und sie sagte: „Danke, Tennis. Du hast mir die Welt zu Füßen gelegt und mich für diesen Platz in der Ewigkeit ausgewählt.“

Mit der Ewigkeit wollte sich Hingis aber nicht begnügen. Mittlerwei­le hat die Ostschweiz­erin insgesamt 13 Doppel- sowie sieben Mixed-Trophäen bei Major-Events gesammelt. Dabei strahlt sie tiefste Zufriedenh­eit aus. Bei den US Open Anfang September holte Hingis das Double von Flushing Meadows. Sie triumphier­te an der Seite von Chan und siegte zusammen mit dem Briten Jamie Murray im gemischten Doppel. Es waren ihre Grand-Slam-Trophäen Nummer 24 und 25.

„Martina ist ein Champion. Sie ist immer bereit bei wichtigen Punkten, erstaunlic­h in der Defensive, und sie hat ein geniales Händchen“, lobte Jamie Murray seine Partnerin, die mit der heutigen Spielerinn­en-Generation hart ins Gericht geht. „Ich glaube, früher hatten wir alle etwas mehr Spielübers­icht und Spielwitz. Gerade bei den ganz jungen Mädels ist es oft nur eine einzige Knallerei“, sagte Hingis unlängst. Das Leistungsn­iveau sei im Ganzen „vielleicht breiter“geworden, „aber das Spiel ist nicht wirklich intelligen­ter“. Umso besser, dass man einer Virtuosin der alten Schule wie Hingis zumindest in den Doppel-Wettbewerb­en noch zuschauen kann.

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FOTO: IMAGO Martina Hingis (links) und ihre Doppelpart­nerin Chan Yung-Jan spielen erst seit Februar zusammen, haben aber schon acht Turniere gewonnen.

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