Streit bei saarländischen Linken eskaliert
Der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze sieht keine Zukunft mehr für Astrid Schramm an der Parteispitze. Wer wird Vorsitzender?
Mehrere Wochen vor der Neuwahl des Linken-Landesvorstands spitzt sich der innerparteiliche Machtkampf zu. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze geht hart mit der jetzigen Führung ins Gericht und sieht für Landeschefin Astrid Schramm keine Zukunft mehr an der Parteispitze. „Ich glaube nicht, dass sie zurzeit eine Mehrheit hat“, sagte er der SZ. „Der Landesvorstand braucht eine komplette Neuausrichtung, die ganz oben anfangen muss.“In den vergangenen zwei Jahren sei der Vorstand komplett
Thomas Lutze unpolitisch geworden. „Er streitet sich tagelang darüber, in welchem Ort wir den Landesparteitag machen oder wer beim Sommerfest wann am Kuchenstand steht.“
Der Landesvorstand wird am 25. November neu gewählt. Schramm bestätigte auf SZ-Anfrage, dass sie gerne als Landesvorsitzende weitermachen würde. „Die Parteiarbeit macht mir Spaß“, sagte sie. Allerdings knüpfte sie dies an eine Bedingung: „Das ist abhängig davon, wer mit dabei ist. Ich möchte nicht mehr mit jedem zusammenarbeiten“, sagte sie. Im vergangenen Jahr habe sich herauskristallisiert, dass es gewissen Leuten „nur noch um eigene Interessen“gehe. Namen nannte sie auf Nachfrage nicht, doch dass Schramm damit ihren Kontrahenten Thomas Lutze meinte, wird niemand in der Partei ernsthaft bestreiten.
Lutze sagte, er werde Schramm nicht wählen, sollte sie erneut antreten. Er riet ihr, sich aus der Landesspitze zurückzuziehen und sich auf ihre Arbeit als gesundheitspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion zu konzentrieren, da gebe es genügend Baustellen im Land. „Das täte dem ganzen Laden gut“, so Lutze.
Schramm und Lutze können sich mittlerweile nicht mehr ausstehen, obgleich sie einst auf der gleichen Seite in der Partei kämpften. Vor der Bundestagswahl hatte keiner von ihnen ein Interesse daran, den Kalten Krieg offen ausbrechen zu lassen. Das ist nun anders. Beide haben mächtige Unterstützergruppen, zu denen jeweils auch Landtagsabgeordnete gehören (Oskar Lafontaine steht auf Schramms Seite).
Lutze selbst will, wie er sagt, nicht als Vorsitzender antreten, sondern erneut als Schatzmeister. „Ich bin als
„Der Landesvorstand braucht eine komplette
Neuausrichtung.“
Bundestagsabgeordneter
Bundestagsabgeordneter beschäftigt genug.“Nach seinen Worten hat sich Lafontaine parteiintern dagegen ausgesprochen, dass Lutze wieder in den Landesvorstand kommt. „Das hat mich motoviert, noch einmal zu kandidieren“, so Lutze. Es gebe keine grundsätzlichen politischen Differenzen mit Lafontaine. Die Probleme lägen allein auf der menschlichen Ebene.
Lutze ließ offen, wen er sich als neuen Parteichef wünscht. Landtagsvizepräsidentin Barbara Spaniol, deren Name in der Partei genannt wird, gab kurz vor der Bundestagswahl zu Protokoll: „So weit habe ich in keinster Weise gedacht.“Aus Schramms Lager wird kolportiert, Lutze habe mit Spaniol ein Zweckbündnis geschlossen, um die Vorsitzende loszuwerden. Lutze sagte, auf Spaniols angebliche Ambitionen angesprochen, allerdings: „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“Er findet, dass es jemand ohne Mandat im Landtag oder im Bundestag werden sollte. Allerdings fällt einem da wirklich niemand ein.
Die Fronten sind auch deshalb so verhärtet, weil die Diskussion um die Aufstellung der Liste für die Bundestagswahl tiefe Wunden hinterlassen hat. Es gibt Strafanzeigen und Ausschlussverfahren. Einige Mitglieder berichten von Drohungen.
Lutze wirft Schramm vor, nicht gegen Schriftführer Adolf Loch eingeschritten zu sein, der die Landesliste mit Lutze als Spitzenkandidat mit allerlei juristischen Mitteln zu Fall bringen wollte. Die Mehrheit des Landesvorstandes, einschließlich der Vorsitzenden, habe den Wahlkampf sabotiert mit dem Ziel, dass das Wahlergebnis schlecht wird und es dann für sein Mandat nicht mehr reicht, glaubt Lutze.
Den Vorwurf der Manipulation bei der Listenaufstellung bestritt er. Es habe keine Zahlungen an Mitglieder gegeben („Unsinn“). Dass aus mehreren Landkreisen Mitglieder mit Bussen zur Listenaufstellung nach Saarbrücken-Klarenthal gekarrt wurden, bestätigte er. Viele Mitglieder lebten von Hartz IV oder hätten eine kleine Rente, sagte er, da sei es nicht leicht, sonntags morgens ohne Auto nach Klarenthal zu kommen.