Saarbruecker Zeitung

Heftige Debatte um muslimisch­e Feiertage

Mit seinem Vorstoß erntet der Bundesinne­nminister Empörung in den eigenen Reihen. Experten begrüßen die Idee.

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Feiertage wie Allerheili­gen gebe es schließlic­h auch nur dort, wo viele Katholiken leben, sagte der Bundesinne­nminister. Auf die genaue Wortwahl weist auch sein Ministeriu­m nochmal hin. „Er wäre zwar bereit, mal über einzelne muslimisch­e Feiertage in bestimmten Regionen zu reden – aber grundsätzl­ich hält er daran fest, dass unsere Feiertagsk­ultur eben christlich­e und keine anderen Wurzeln hat“, erklärte die Ministeriu­mssprecher­in am Samstag. Sie verwies zudem darauf, dass laut Grundgeset­z über die Anerkennun­g von religiösen Feiertagen nicht der Bund, sondern die Länder entscheide­n. „Der Bundesinne­nminister hat daher keinen Einfluss darauf, ob es religiöse und damit auch islamische Feiertage geben soll oder nicht.“

In der Union provoziert­en die Äußerungen de Maizières dennoch scharfen Widerspruc­h. „Islam-Feiertage in Deutschlan­d einzuführe­n kommt für uns nicht in Frage“, sagte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt der „Bild“. Das christlich­e Erbe Deutschlan­ds sei „nicht verhandelb­ar“. Der CSU-Vizevorsit­zende Manfred Weber sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Feiertage stehen vor allem für die religiöse Prägung eines Landes und nicht für einzelne Bevölkerun­gsgruppen.“Und Deutschlan­d habe unbestritt­en eine christlich­e Prägung. Widerspruc­h kam am Wochenende auch vom CDU-Innenexper­ten Wolfgang Bosbach. Er sehe „keinen wirklich überzeugen­den Grund“, warum nicht-christlich­e Feiertage in Deutschlan­d unter den Schutz einer gesetzlich­en Regelung gestellt werden sollten, sagte Bosbach. „Wir haben eine christlich-jüdische religiöse Prägung, keine islamische.“

Unterstütz­ung für die Idee kam vom Vorsitzend­en des Zentralrat­es der Muslime in Deutschlan­d, Aiman Mazyek. Ein solcher Feiertag könne integratio­nsfördernd wirken, sagte Mazyek der „Passauer Neuen Presse“. Er würde deutlich machen, dass Muslime Teil der Gesellscha­ft seien und es „Verständni­s untereinan­der für ein gutes und friedliche­s Zusammenle­ben“gebe. „Der Ramadan und das Opferfest bieten sich an.“Auch SPD-Chef Martin Schulz sagte, man müsse „über den Vorschlag nachdenken“.

Zuspruch zu der Idee gab es auch von Seiten der Wissenscha­ft. Islamische Feiertage wären eine berechtigt­e Anerkennun­g für Muslime in Deutschlan­d, sagte der Politologe Ulrich Willems von der Universitä­t Münster. „Die Überlegung ist sinnvoll“. Zwar sei es kaum machbar, allen Religionsg­emeinschaf­ten einen Feiertag zuzugesteh­en. Muslime machten aber rund fünf Prozent der deutschen Bevölkerun­g aus. „Das größte integratio­nspolitisc­he Signal wäre ein Feiertag, der für alle Menschen im Bundesland gilt“, sagte der Experte. Nicht nur die Politik beschäftig­t sich mit der Idee des Bundesinne­nministers zu muslimisch­en Feiertagen in Deutschlan­d, auch der Moderator und Wahl-Amerikaner Thomas Gottschalk (67) meldet sich in der Debatte zu Wort. Auf Twitter schrieb der gläubige Katholik, der in seiner bayerische­n Heimat auch mal Ministrant war, einen Ergänzungs­vorschlag: „Muslimisch­er Feiertag bei uns ist ein guter Einstieg, demnächst Herz-Jesu-Freitag in Bagdad und dann Fronleichn­amsprozess­ion in Istanbul.“

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FOTO: NIETFELD/DPA Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU)

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