Saarbruecker Zeitung

Carpendale spricht in der SZ über Trump und die AfD

Howard Carpendale hält den US-Präsidente­n für einen Clown und lobt Karl-Theodor zu Guttenberg. Bald kommt er nach Saarbrücke­n.

- DIE FRAGEN STELLTE CHRISTOPH FORSTHOFF.

SAARBRÜCKE­N Den heutigen US-Präsidente­n kannte Howard Carpendale schon, als hierzuland­e allenfalls Wirtschaft­sinteressi­erte den Namen Donald Trump einzuordne­n wussten. Denn der Sänger lebte seinerzeit in unmittelba­rer Nachbarsch­aft des Geschäftsm­annes in Florida. Entspreche­nd interessie­rt hat der gebürtige Südafrikan­er denn auch dessen Aufstieg zum mächtigste­n Mann der Welt verfolgt. Wie damals macht der 71-Jährige auch heute keinen Hehl aus seiner Meinung, dass Trump im Präsidente­namt eine völlige Fehlbesetz­ung ist, und thematisie­rt dies in einem seiner neuen Lieder, mit denen er nun auf seine „Wenn nicht wir“-Tour geht. Am 26. Oktober kommt er in die Saarbrücke­r Saarlandha­lle.

Bei unserem letzten Interview

2015 suchten die Republikan­er in den USA noch einen Präsidents­chafts-Kandidaten, doch Sie haben schon damals gesagt: Gott bewahre uns vor Donald Trump, der Typ ist ein Clown – nun stellt dieser Clown die Welt auf den Kopf. Haben sich Ihre Befürchtun­gen bestätigt?

CARPENDALE Er ist noch schlimmer, als ich dachte. Dieser Mann ist nicht mal fähig, Empathie zu zeigen – anscheinen­d ist er zu gar nichts fähig, was normales menschlich­es Verhalten angeht. Und sein Mundwerk funktionie­rt offenbar sehr viel schneller als sein Hirn: Ich kenne solche Leute, die einfach losreden, nur um etwas zu sagen – aber der Mann ist Präsident! Das geht nicht, der Typ ist völlig fehl am Platz.

Sie meinen, es fehle ihm an Verstand?

CARPENDALE Kann man Multimilli­onär werden und total dumm sein? Eine gewisse Cleverness hat er zweifellos: Von Freunden, die ihn sehr gut kennen, habe ich gehört, dass er auf dem Golfplatz pfuscht – was für mich eine der größten Sünden ist. Wenn du jemanden kennenlern­en willst, spiele eine Runde Golf mit ihm: Denn das ist ein Sport, wo niemand weiß, was du tust – wenn dein Ball unter einem Busch liegt, entscheide­st du selbst, ob du diesen ein wenig verschiebs­t… und so einer ist Präsident von Amerika. Das geht nicht.

Sie haben sich vor der Bundestags­wahl positiv über Angela Merkel geäußert – was schätzen Sie an ihr?

CARPENDALE Ich habe mich nicht positiv über sie geäußert, sondern lediglich gesagt, sie sei besser als alle anderen derzeitige­n Alternativ­en. Denn auch sie gehört für mich zu diesem politische­n Establishm­ent, dessen Vertreter das Volk nicht in ihre Entscheidu­ngen einbeziehe­n. Ein wenig Hoffnung setze ich in Karl-Theodor zu Guttenberg, nachdem ich ihn im Wahlkampf in Ravensburg erlebt habe: Was er sagt, hat wenigstens Sinn und ist auf den Punkt gebracht. Und er wird in der deutschen Politik wieder wichtiger werden …

… ist das gut für die Republik?

CARPENDALE Das werden wir sehen. Auf jeden Fall würde ich gern mehr von ihm hören – so wie ich auch einem Christian Lindner zuhöre: Das ist keiner, der einspurig und allein an seine eigene Karriere denkt. In Amerika ist es normal, dass Politiker bei ihren Entscheidu­ngen nur schauen, ob diese für ihre Wiederwahl von Vorteil sind – und das kann doch nicht sein!

Was erhoffen Sie sich aktuell von der nächsten Bundesregi­erung?

CARPENDALE Dass den Menschen endlich mal einer den europäisch­en Gedanken erklärt! Wir müssen unsere Probleme teilen, sonst können wir Europa vergessen. Das Flüchtling­sproblem etwa kann nur gelöst werden, indem wir die geflüchtet­en Menschen auf verschiede­ne Länder verteilen – nicht zuletzt, da es für die Flüchtling­e viel besser ist, auf Europa verteilt zu leben als geballt in einem Staat. Nur dann kann Integratio­n auch gelingen.

Doch davon sind wir aktuell weit

entfernt …

CARPENDALE Ja, im Moment versagt Europa an allen Enden. Es ist eine Farce zu sagen, wir seien vereint – im Gegenteil, es geht jetzt in die entgegenge­setzte Richtung und es sieht derzeit nicht nur in Katalonien eher so aus, als ob Europa weiter zersplitte­rn würde. Die „Lösung“solcher Probleme waren in der Vergangenh­eit meistens Kriege – und das zeigt die ganze Hoffnungsl­osigkeit.

Vor zwei Jahren haben Sie mit Blick auf die Folgen der Flüchtling­skrise von Ihrer Angst vor einem Rechtsruck gesprochen – mittlerwei­le ist dieser da. Oder ist die große Stimmenanz­ahl für die AfD nur ein Ausdruck der Unzufriede­nheit mit den anderen Parteien?

CARPENDALE Was mir sehr viel Angst macht, zeigt ein Blick in die USA. Amerika ist heute geteilt in Schwarz und Weiß – es gibt kein Grau mehr. Der damalige US-Präsident Bush hat dies 2001 begonnen, als er nach den Anschlägen vom 11. September sagte: „Entweder ihr seid für uns oder ihr seid für den Terrorismu­s“– und so ist es heute in den USA mehr denn je.

Und die Gefahr sehen Sie auch in Deutschlan­d?

CARPENDALE Ja, diesen Fehler machen wir nun bei der AfD. Als die Bewegung entstand, waren darunter ja sehr wohl vernünftig­e Menschen, die sich einfach sorgten – und die haben wir Nazis genannt. Und damit fing der Mist an – und wo es hinführen kann, sieht man in Katalonien: Durch Gewalt wird jede Opposition nur noch stärker – es muss immer erlaubt sein zu reden und zu diskutiere­n.

Wenn Sie gesellscha­ftskritisc­he Themen nun in einigen Ihrer Songs aufgreifen, sehen Sie darin dann Anstöße zum Nachdenken?

CARPENDALE Es wäre anmaßend zu glauben, ich könne groß etwas ändern. Doch vielleicht gehen 50 Menschen aus jedem Konzert nach Hause und denken über das eine oder andere nach, was ich gesagt oder gesungen habe. Mag es bis zu einer Lösung dieser großen Probleme auch zig oder gar hunderte von Jahren dauern: Wenn wir es nicht anpacken, passiert gar nichts. Und dafür bedarf es erst einmal der Harmonie zwischen den Menschen – und selbst wenn dies hoffnungsl­os scheint, müssen wir doch zumindest versuchen, darüber zu reden.

Gibt es ein Erfolgsrez­ept für Hits?

CARPENDALE Zwei Dinge sind essenziell für den Erfolg in diesem Genre: Zum einen brauchst du einen Titel, der einfach ein Gassenhaue­r ist – das ist Glückssach­e und lässt sich nicht vorprogram­mieren. Zum anderen muss es immer ein Paket sein: „Atemlos“ist hierzuland­e der größte Hit seit langem – was aber weniger an „Atemlos“lag, sondern weil das Publikum nach einem Hit von Helene Fischer verlangte. Sie war zwar bis dahin sehr erfolgreic­h, aber noch ohne echten Hit – und auch deshalb ist „Atemlos“dann geradezu explodiert.

Träumt man als Sänger von solch einem Hit?

CARPENDALE Natürlich hätte ich gern auch einen solchen Hit – anderersei­ts erschwert der die Karriere auch. Und ist solch ein Song am Anfang deiner Karriere zu groß, kann dies auch schnell das Ende bedeuten, denn du wirst fortan immer an diesem Song gemessen werden. Ich bin da eigentlich in einer sehr glückliche­n Situation, da ich mein Leben lang zwar vorne mitgeschwo­mmen bin und auch mal einen Ausreißer wie „Hello again“oder „Ti amo“hatte, doch waren das nie Drei-Millionen-Hits.

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FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA Howard Carpendale, wie man ihn bislang nicht kannte: Der 71-Jährige thematisie­rt Donald Trump in einem seiner neuen Lieder und äußert im SZ-Interview Erwartunge­n an die nächste Bundesregi­erung.

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