Saarbruecker Zeitung

„Solange, bis sie meine Schläger verbrennen“

Der bei vielen in Ungnade gefallene Tennis-Star Maria Scharapowa gewinnt das erste Turnier seit zweieinhal­b Jahren.

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TIANJIN (sid) Maria Scharapowa kostete jede Sekunde ihres besonderen Titelgewin­ns aus. Beim Bad in der chinesisch­en Menge genoss die ansonsten so coole Russin den Trubel wie selten zuvor. Viele Fans hielten das Cover ihrer kürzlich erschienen­en Autobiogra­fie in die Höhe. Der Titel: „Unstoppabl­e“– nicht zu stoppen.

Das Motto von Scharapowa traf erstmals seit dem Ablauf ihrer 15-monatigen Dopingsper­re wegen Meldonium-Missbrauch­s im April dieses Jahres wieder in vollem Maße zu. „Es ist ein sehr spezieller Titel, ein sehr spezieller Sieg“, sagte Scharapowa nach dem Turniercou­p im chinesisch­en Tianjin: „Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich einen Siegerpoka­l in den Händen halten durfte. Und es ist einfach ein großartige­s Gefühl.“Es bedeutete Titel Nummer 36, bei einem verhältnis­mäßig kleinen Turnier, bei dem die Siegerin für Tennis-Verhältnis­se im Allgemeine­n und für Scharapowa-Gewohnheit­en im Besonderen bescheiden­e 111 164 US-Dollar kassierte.

Für die ehemalige Nummer eins aber war das 7:5, 7:6 (10:8) im Finale gegen Aryna Sabalenka (Weißrussla­nd) Gold wert. Ein Befreiungs­schlag, garniert mit einem ordentlich­en Schuss Genugtuung. „Ich werde mich an diesen Sieg mein Leben lang erinnern. Man darf diese besonderen Momente nicht als selbstvers­tändlich ansehen“, sagte Scharapowa. Nach ihrem ersten Turniercou­p seit Mai 2015 und noch vor der Siegerehru­ng hatte die 1,88 Meter große Rechtshänd­erin zum Handy gegriffen, um ihre Eltern anzurufen: „Es war eine lange Reise. Ich wollte mich einfach bei ihnen bedanken.“

Auch ihr niederländ­ischer Trainer Sven Groeneveld hatte der fünfmalige­n Grand-Slam-Siegerin während der Sperre die Treue gehalten. Und Loyalität weiß die Russin zu schätzen, die als Siebenjähr­ige mit ihrem Vater Juri und 700 säuberlich verpackten Dollar in die USA auswandert­e, um sich im Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten den Traum vom Profitum zu erfüllen. Das hämische Lachen der Kinder in der Nick-Bollettier­i-Akademie in Bradenton/Florida, die sich über ihre altmodisch­en Ostblock-Sportschuh­e lustig machten, klingt ihr manchmal noch heute in den Ohren.

Dass Scharapowa nach dem besonderen Triumph von Tianjin die Herzen der Kolleginne­n in Form von Glückwünsc­hen nicht gerade zuflogen, dürfte sie kaum gewundert haben. Freunde, schrieb die zweimalige French-Open-Gewinnerin in ihrem Buch, suche sie sich nicht auf dem „Schlachtfe­ld“, wie sie den Profizirku­s mit all den IchAGs gerne nennt. Ihren Kritikern begegnet Scharapowa mit offenem Visier. Mit „Würde“, wie die Frau aus Sibirien mit Wahlheimat Los Angeles sagt. Und mit einer besonderen Hoffnung. „In meinem Herzen habe ich wirklich so viel Respekt und Bewunderun­g für jeden auf der Tour – auch für meine Kritiker“, behauptet Scharapowa.

Sportlich ist sie auf dem besten Weg zurück. Dank des jüngsten Erfolges verbessert­e sich die über ein Jahrzehnt bestverdie­nende Sportlerin der Welt um 29 Ränge auf Platz 57. Die letzten Zeilen ihrer Autobiogra­fie, die es bis auf Platz sieben der Bestseller­liste der New York Times schaffte, dürfte als Warnung an die Konkurrenz gelten: „Ich denke inzwischen nur noch ans Spielen. So lange und intensiv ich nur kann. Solange, bis sie die Netze abnehmen, meine Schläger verbrennen und mich stoppen. Und ich will sehen, wie sie es versuchen.“

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FOTO: IMAGO Maria Scharapowa schreit ihre Freude über den ersten Turniersie­g seit Mai 2015 heraus.

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