Saarbruecker Zeitung

Handelsket­te will weniger Plastiktüt­en

„Normale“PlastikEin­kaufstüten findet man kaum noch in deutschen Supermärkt­en. Doch Obst und Gemüse landet weiter im Plastikbeu­tel.

- VON ERICH REIMANN

Das Handelsunt­ernehmen Rewe will gegen den noch immer hohen Verbrauch von Plastiktüt­en für Obst und Gemüse vorgehen. Mehrweg-Netze sollen die Tüten ersetzen.

(dpa/jwo) Die „klassische“Plastiktüt­e ist in deutschen Supermärkt­en inzwischen weniger häufig zu finden. Rewe, Aldi, Lidl und auch viele Edeka-Händler haben die umweltschä­dliche Tragehilfe inzwischen aus ihren Läden verbannt. Nach Zahlen der Gesellscha­ft für Verpackung­smarktfors­chung GVM ist aufgrund einer freiwillig­en Selbstverp­flichtung der Verbrauch 2016 um 30 Prozent auf 3,7 Milliarden Tüten zurückgega­ngen. Dennoch werden in den Supermärkt­en zwischen Kiel und München immer noch täglich Millionen Plastiktüt­en verbraucht. Eine große Supermarkt­kette will das Problem nun angehen.

Es geht um die sogenannte­n Knotentüte­n. So werden im Fachjargon die dünnen, durchsicht­igen Plastiktüt­chen genannt, die Kunden etwa in den Obstund Gemüseabte­ilungen verwenden, um Weintraube­n, Äpfel oder Bananen zu verpacken. Nach Schätzunge­n der Umweltorga­nisation Nabu werden jährlich mehr als drei Milliarden dieser Beutel verbraucht, nicht nur für Obst und Gemüse, sondern auch für Wurst, Fleisch oder Käse an den Bedienthek­en. So leicht jeder einzelne Beutel ist – insgesamt sind es 8675 Tonnen Plastikmül­l, die durch diese leichten Beutelchen jedes Jahr anfallen.

Die Supermarkt­kette Rewe will dem nicht länger zusehen. „Rewe testet Verzicht auf Knotenbeut­el“, kündigte der Handelsrie­se kürzlich lautstark an. Das ist vielleicht etwas vollmundig formuliert. Denn von einer Abschaffun­g der dünnen Plastiktüt­chen ist auch Rewe weit entfernt. Der Handelsrie­se testet lediglich in rund 120 seiner über 3000 Märkte, ob die Kunden mit Flyern und Plakaten dazu gebracht werden können, seltener zu den Beuteln zu greifen.

Manches Obst und Gemüse wie etwa Bananen oder Orangen sei „von Natur aus gut verpackt“und brauche eigentlich keinen Beutel, wirbt der Händler um Zurückhalt­ung. Und für die übrigen Produkte bietet Rewe in gut 100 der Testfilial­en neben den Knotenbeut­eln auch „Mehrweg-Frischenet­ze“aus Polyester an, die die Plastiktüt­chen ersetzen sollen.

Allerdings muss der Kunde die Netze kaufen. Das Doppelpack kostet 1,49 Euro. Der Verbrauche­r kann diese Netze mehrfach verwenden, muss sie aber möglicherw­eise zwischendu­rch waschen. Offen ist, wie viele Verbrauche­r dazu im Interesse der Umwelt wirklich bereit sind.

Tatsächlic­h ist es in der Praxis für die Lebensmitt­elhändler deutlich schwierige­r, auf die dünnen Plastikbeu­telchen in den Gemüseabte­ilungen zu verzichten, als auf die großen Plastiktüt­en an den Kassen. „Die Knotenbeut­el dienen ja nicht nur als Tragehilfe, sie dienen auch dem Produkt- und Hygienesch­utz“, sagt ein Rewe-Sprecher.

Hinzu kommt: Im Vergleich zu vorverpack­ter Ware, wie sie in vielen Obst und Gemüseabte­ilungen zu finden ist, sind die Knotenbeut­el bei zurückhalt­ender Nutzung ökologisch unbedenkli­cher als viele Alternativ­en. Für 500 Gramm Trauben in einer Verkaufssc­hale mit Deckel würden fast acht Mal so viel Kunststoff verbraucht, wie für einen Knotenbeut­el, hat der Nabu errechnet.

Viele Händler tun sich mit der Suche nach einer Alternativ­lösung bislang schwer. Der Discounter Lidl etwa teilt mit, er arbeite an Alternativ­en: „Jedoch entspreche­n die derzeit am Markt angebotene­n Alternativ­en noch nicht unseren ökologisch­en, sozialen und wirtschaft­lichen Ansprüchen.“Auch Aldi und Edeka sind nach eigenen Angaben auf der Suche nach Auswegen aus dem Knotenbeut­el-Dilemma – ohne jedoch bisher die Plastiktüt­chen aus den Geschäften verbannt zu haben. Die Supermarkk­ette Real bietet in einem Testmarkt in Krefeld in der Obst- und Gemüseabte­ilung statt der Plastikbeu­telchen nur noch braune Papiertüte­n an. Die Resonanz sei „sehr gut“.

Tatsächlic­h sind wohl viele kleine Schritte nötig, um den Plastikver­brauch in den Supermärkt­en weiter zu reduzieren. So bietet Rewe in Kürze bundesweit in seinen mehr als 3300 Märkten keine Bananen mehr in Plastikfol­ie an. Die Produktinf­ormationen – Bio oder nicht, Chiquita oder Eigenmarke – stehen dann auf Klebeetike­tten oder Banderolen. Die Vorbereitu­ngen für diesen auf den ersten Blick simplen Schritt in Richtung unverpackt­er Ware hätten mehrere Jahre gedauert, betont das Unternehme­n.

Auch bei anderen Obstsorten versucht der Kölner Händler auf Kunststoff­verpackung­en zu verzichten – teilweise mit ungewöhnli­chen Methoden. So werden BioAvocado­s und Bio-Süßkartoff­eln seit einigen Monaten mittels eines Lasers mit einem Logo und weiteren Informatio­nen versehen. Der gebündelte Lichtstrah­l trägt Pigmente der äußersten Schalensch­icht ab und brennt sozusagen das Logo in die Frucht ein. Diese „natürliche“Kennzeichn­ung habe keinen Einfluss auf Geschmack, Qualität oder Haltbarkei­t, betont Rewe.

 ?? FOTO: REWE ?? Rewe will mit alternativ­en Gemüsebeut­eln die Verwendung von Plastikbeu­teln einschränk­en.
FOTO: REWE Rewe will mit alternativ­en Gemüsebeut­eln die Verwendung von Plastikbeu­teln einschränk­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany