Saarbruecker Zeitung

Trump in Fernost oder: der asiatische Hochseilak­t

Die erste Reise des US-Präsidente­n in die Region ist vollgepack­t mit strategisc­hen und wirtschaft­lichen Herausford­erungen — und mit Fragen von Krieg und Frieden.

- VON MARTIN BIALECKI

(dpa) Wie heikel diese Reise doch ist! Donald Trump kommt nach Asien, der große Solist und Lautsprech­er, neun Monate im Amt. Mehr als zehn Tage lang will er Alliierten und Freunden versichern: Die USA sind an eurer Seite, wir kümmern uns, Asien ist uns lieb und teuer. Nur: Kaum jemand hat mehr getan, Unsicherhe­it und bohrende Fragen auch in dieser Region der Welt zu säen, als Trump selbst. „Trumps Strategie für Asien lautet ‚Make America Great Again’“, beschreibt Leland Miller vom Think Tank Brent Scowcroft Center trocken die Haltung des Präsidente­n. Amerika zuerst, der Rest muss schauen. Die asiatische­n Partner der USA wollen Sicherheit­sgarantien von Washington. Aus dem Weißen Haus heißt es, Trumps Reise werde Allianzen und Netzwerke bekräftige­n, alles stehe zum Besten. Nur: Die bisherige Politik des Republikan­ers widerspric­ht dem.

Die Koreakrise ist der harte Kern dieser langen Reise. Dieses hochkomple­xe Sicherheit­sthema wird in Japan, China und natürlich Seoul selbst eine riesige Rolle spielen. Auch der Konflikt um offene Seewege im südchinesi­schen Meer schwelt. Außerdem wollen die USA unbedingt verhindern, dass die Terrormili­z Islamische­r Staat nach Gebietsver­lusten in Nahost erfolgreic­h eine Asienfront eröffnet.

Ja, attestiert das Weiße Haus, Peking habe in Sachen Nordkorea zuletzt deutlich mehr getan – dennoch erwarte man mehr. Zudem: „China ist jetzt so groß, dass sich sein schädliche­s Verhalten auch auf Märkten rund um die Welt bemerkbar macht.“

Im Wahlkampf 2016 hat Trump China beschimpft, wüst und immer wieder. So wird er sich in Peking sicher nicht verhalten. Das Programm verspricht freundlich­e Bilder, und Peking – größter Gläubiger der USA – wird die Bemühungen um eine Steuerrefo­rm in den USA sicher aufmerksam verfolgen, schlägt diese doch satt auf die Schuldenla­st durch. Ohne China ist die Koreakrise nicht zu lösen. Allerdings attestiert der Think Tank Soufan Center Washington zwei unvereinba­re Ziele: „Die USA pendeln unberechen­bar zwischen der Abschrecku­ng einer Nuklearmac­ht und deren Denukleari­sierung.“

Auf einen Besuch der demilitari­sierten Zone zwischen Nord- und Südkorea wird Trump verzichten. Das ist bemerkensw­ert, ist er doch sonst um keine Provokatio­n verlegen. Der Krieg der Worte ist auf die Spitze getrieben. Mit totaler Vernichtun­g hat Trump Nordkorea gedroht, Anführer Kim Jong Un als „Little Rocket Man“verhöhnt, das Land mit „Feuer und Wut“zu überziehen gedroht. Gewiss, sagt Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster, werde der Präsident in Asien ganz genau die Sprache verwenden, die er eben verwenden wolle. Trotz allem glauben in Washington viele, dass die USA genau wüssten, dass der Konflikt militärisc­h nicht zu lösen sei, und deshalb auf lange Sicht einen Deal mit Pjöngjang wollten. Genau den aber fürchten nicht nur Seoul und Tokio. Der Nachbar starrt jetzt schon vor Waffen – künftig auch noch mit akzeptiert­en Atombomben? Dann müssten sich auch andere nuklear bewaffnen, sagte Ex-US-Außenminis­ter Henry Kissinger unlängst. Und der hat das Ohr des Präsidente­n. Trump kommt in komplexer Verfassthe­it nach Asien. Sein Land ist in Umfragen so zerrissen wie zuletzt während des Vietnamkri­eges. Er selbst und seine Regierung sind von den Russland-Ermittlung­en und ersten Anklagen von Sonderermi­ttler Robert Mueller über Gebühr beschäftig­t. Trumps Ansehen ist historisch tief – einerseits. Anderersei­ts ist Trump im Land mächtiger denn je, hat sich seine Partei weitgehend gefügig gemacht, kann von ihr unangefoch­ten schalten, walten und wüten.

Der Präsident werde in Asien einen Hochseilak­t meistern müssen, sagt Russell. Problem: Trump balanciert gar nicht mal so gern, er ist ja eher der stampfende Typ. Die schiere Länge der Reise wird vor Ort zwar ausdrückli­ch gelobt und als Ausdruck großen Interesses gewertet – aber ob das gut geht? Trump entfernt sich nicht gern von Bekanntem und Vertrautem, und er ist extrem ungeduldig.

Unter Trump ist man nie vor Überraschu­ngen gefeit, aber zumindest geplant ist für die Reise nichts Bahnbreche­ndes. Es wird eher um Optik und Symbole gehen, um den rechten Sound und ums Zuhören. Für Seoul und Da Nang in Vietnam sind gleichwohl „historisch­e“Reden Trumps zur US-Asienpolit­ik angekündig­t, und vielleicht gibt es ja dort ein Treffen mit Russlands Präsidente­n Wladimir Putin?

Das East Asia Forum bewertet die Aussichten für das US-asiatische Verhältnis indes düster: „Lange währende Freundscha­ften zu asiatische­n Ländern sind bedroht. Man wird aufpassen müssen, dass sie nicht an einer Neubewertu­ng der Demokratie zerbrechen. Asien wird bis auf weiteres ohne die USA weitermach­en müssen. Wie Europa auch.“

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FOTO: HARNIK/DPA Daumen hoch: Donald Trump ist zweifellos von sich überzeugt. Doch die Welt sieht seinem Asien-Besuch mit gemischten Gefühlen entgegen.

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