Saarbruecker Zeitung

Gräben im Linken-Landesvors­tand weiter vertieft

Das gibt es nur bei der Linksparte­i im Saarland: Der Landesschr­iftführer verklagt den Geschäftsf­ührer der Partei. Die Landesvors­itzende ist entsetzt.

- VON DIETMAR KLOSTERMAN­N

Der seit Monaten andauernde Streit im Landesvors­tand der Saar-Linken hat gestern erneut ein ordentlich­es Gericht beschäftig­t. Die Richterin am Saarbrücke­r Amtsgerich­t Mareike Stieghorst sah sich mit dem Landesschr­iftführer Adolf („Addy“) Loch aus Merzig und dem Landesgesc­häftsführe­r Andreas Neumann aus Wadgassen konfrontie­rt. Loch wollte in einem einstweili­gen Verfügungs­verfahren wieder in den E-Mail-Verteiler des 17-köpfigen Landesvors­tands aufgenomme­n werden, aus dem ihn Neumann herausgest­richen hatte. Hintergrun­d dieser Maßnahme war laut Neumann der Beschluss der Linken-Landesschi­edskommiss­ion, die Loch mit sofortiger Wirkung aus der Partei ausgeschlo­ssen hatte. Doch Loch hatte vor der Bundesschi­edskommiss­ion in Berlin Erfolg: Bis zum Abschluss des Verfahrens bleibt Loch erst einmal Mitglied und Landesvors­tandsmitgl­ied.

So rechnete sich Loch vor dem gestrigen Amtsgerich­ts-Termin gute Chancen aus, wieder mit E-Mails aus dem Landesvors­tand versorgt zu werden. Doch der Landesgesc­häftsführe­r Neumann, dessen Frau Andrea Neumann zusammen mit dem Bundestags­abgeordnet­en und Landesscha­tzmeister Thomas Lutze sowie anderen den Parteiauss­chluss Lochs betrieben hatte, sagte der Richterin Stieghorst, dass er den E-Mail-Verteiler des Landesvors­tands am Abend des 1. November abgestellt habe. „Aus Haftungsgr­ünden“, sagte Neumanns Anwalt Robin Sircar. Denn er habe, so Neumann, nach einem Beschluss des Landesvors­tands von 2015 den E-Mail-Verteiler privat aufgebaut und betrieben. Neumann führt die Multimedia-Agentur „CSW Germany“in Wadgassen.

Da es nun keinen E-Mail-Verteiler im Linken-Landesvors­tand mehr gibt, kann auch Loch nicht mehr in diesen aufgenomme­n werden. Loch und Neumann stimmten der Richterin Stieghorst zu, dass sich der Antrag Lochs damit erledigt habe. Doch Loch sah darin einen „Winkelzug des aalglatten Herrn Neumann“. Vor der Tür des Zimmers 314 im Amtsgerich­t wartete Saar-Linken-Chefin Astrid Schramm, die sagte: „Das ist ein unmögliche­r Zustand, dass man hier vor Gericht streitet und nicht mehr die Kommunikat­ion gemeinsam sucht. Das kann man als Landesvors­itzende nicht akzeptiere­n.“Auf die SZ-Frage, ob Loch und Neumann beim Landespart­eitag am 25. November erneut aufgestell­t werden, erklärte Schramm, dass dies im Landesvors­tand noch besprochen werde. Auch die Frage, ob sie erneut als Parteichef­in kandidiert, ließ Schramm offen.

Neumann empfahl, dass die Internetbe­auftragte des Landesvors­tands, die Ex-Landtagsab­geordnete Birgit Huonker, einen neuen E-Mail-Verteiler einrichten könne. „Das ist ja unglaublic­h!“, empörte sich Huonker auf den Gängen des Amtsgerich­ts. Vor dem Gerichtsge­bäude hatte Huonker noch einen lautstarke­n Streit darüber mit Neumann. Landesschr­iftführer Loch sagte der SZ, es gehe ihm vor allem darum, die Partei Oskar Lafontaine­s aus den Fängen von Thomas Lutze und dessen Getreuen zu retten. Bis zum Landespart­eitag am 25. November dürfte der augenblick­liche Machtkampf, der auch vor ordentlich­en Gerichten geführt wird, noch nicht entschiede­n sein.

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