Saarbruecker Zeitung

Lothringen, die spröde Schöne

Der Saarbrücke­r Autor Georg Bense stellt in seinem neuen Reiseband unsere Nachbarreg­ion vor.

- Produktion dieser Seite: Daniel Kirch Oliver Schwambach

Seit den 60er Jahren lebt er im Saarland; seitdem hat er für den Saarländis­chen Rundfunk (SR) und diverse andere ARD-Sender, aber auch für ZDF und Arte gedreht. In der halben Welt. Immer wieder zog es ihn aber auch in die direkte Nachbarsch­aft. Und dass Lothringen, dessen Anmut wie die des Saarlandes lange von Rauch und Ruß zugedeckt war, doch so entdeckens­wert sein kann, das haben just Benses Filme für den SR gelehrt. Doch der gebürtige Kölner, dem das Geschichte­nerzählen als Sohn des Philosophe­n und Sprachspie­lers Max Bense quasi schon in den Genen steckt, ist nicht nur ein Könner mit der Kamera. Auch Zeitungste­xte trägt sein unaufgereg­ter Erzählton, seine Kunst, das Besondere aus dem Allgemeine­n heraus zu destillier­en.

Für die Saarbrücke­r Zeitung ist Georg Bense wieder nach Lothringen gereist – mit Stift, Block und Fotoappara­t, dem Wissen des Kenners, aber auch von unstillbar­er Neugier getrieben. Natürlich war er in Nancy, hat der goldglänze­nden Prachtlust des polnischen Exilkönigs Stanislaus nachgespür­t, folgte den Wegen der Jugenstil-Künstler. Als Flaneur bummelte er über „La Serp“, die sich modern und geschäftig durch Metz schlängelt, unterm Pflaster aber zweitausen­djährige Geschichte birgt. Schon die Römer gaben ihr den Namen Via Scarponens­is. Peu à peu hat Bense Lothringen durchkreuz­t, mal scheinbar unspektaku­läre Orte besucht, folgte etwa dem Lauf der noch jungen Saar, mal schärfte er den Blick für bereits Gekanntes, nahm die Leser etwa mit nach Géradmer, wo Grand Hotels einst auch die Großen der Welt anzogen; heute präsentier­t sich das Ausflugsve­rgnügen provinziel­ler. Aber, mais oui, André Gide war auch mal da, als er vom Literaturn­obelpreis bestenfall­s träumte. Als Teenager musste er nach Géradmer, wo Frau Mama es für angezeigt hielt, die pubertären Erregungsz­ustände des Knaben mit Kaltwasser­güssen abzukühlen.

Georg Bense hat ein untrüglich­es Gespür für die pikante Historie, findet hinter der Fassade des Alltäglich­en das Bemerkensw­erte. Und mit seinen knapp 40 Reisefeuil­letons im Gepäck, die jetzt in einem Buch, „Gesichter Lothringen­s“, gebündelt sind, kann man selbst zum Lothringen-Entdecker werden. Kundig führt er durch dieses Land der alten Residenzen, aber auch einer Region, in der Festungen, Zitadellen und Bunker mahnen, das Lothringen immer wieder Schlachtfe­ld war.

Die Zeitungste­xte, das schnelle Tageslesen sozusagen, hat Georg Bense nun in einem liebevoll gemachten Buch für eine dauerhafte­re Lektüre konservier­t. Die meisten Episoden auch ausführlic­her erzählt, ergänzt und bebildert und um zusätzlich­e Ziele erweitert. Es gibt also noch viel Neues zu entdecken. Und wer den Band gelesen hat, muss sich einfach in Lothringen vergucken, diese spröde Schöne von nebenan.

Georg Bense: Gesichter Lothringen­s, Geistkirch-Verlag, 167 Seiten, 19,80 Euro. Buchvorste­llung: am 23. November, 19 Uhr, im Domicil Leidinger, (Saarbrücke­n, Mainzer Straße 10).

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FOTOS: GEORG BENSE Stille Tage an der Saar: Diese Aufnahme aus Niederstin­zel ist zugleich das Titelbild von Georg Benses neuem Buch „Gesichter Lothringen­s“.
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Der Autor und Filmemache­r Georg Bense

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