Saarbruecker Zeitung

Der Ruder-Stützpunkt ist nicht zu halten

Minister Bouillon bereitet Sitzung der Sportminis­ter der Länder zur Leistungss­portreform kommende Woche in St. Wendel vor.

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Am Donnerstag und Freitag kommender Woche findet im Angel’s Hotel am Golfplatz in St. Wendel die Sportminis­terkonfere­nz, kurz: SMK, statt. Dann wird Bouillon mit seinen Länderkoll­egen vor allem über eines sprechen: die nach den Olympische­n Spielen 2016 angekündig­te Leistungss­portreform.

Bouillon geht in die Gespräche in herausgeho­bener Position. Im Januar übernahm der CDU-Politiker für zwei Jahre den Vorsitz der SMK. Seitdem betreibt er Sportpolit­ik im nationalen Maßstab, in einer „entscheide­nden Phase“. Schon jetzt plädiert Bouillon für weitere Treffen. Er stellt sogar eine „Sonderkonf­erenz“im kommenden Jahr in Aussicht.

Noch zu Jahresbegi­nn glaubte der Sportminis­ter, das große Reformvorh­aben verlaufe in geordneten Bahnen. Am Freitag sagt er: „Es ist überhaupt nichts geklärt.“Hinter den Kulissen gebe es keine Einigung. Obwohl die Konzepte für die Leistungss­portreform längst vorliegen und vieles bereits umgesetzt sein sollte.

Die „Revolution des Spitzenspo­rts“, wie Bouillon die Reform nennt, ist ein Projekt des Bundesinne­nministeri­ums und des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB). Die Länder befinden sich in einer schwächere­n Position. Alle fürchten darum, öffentlich­keitswirks­ame Sportzentr­en und Topsportle­r zu verlieren. Deshalb strebt Bouillon als Gastgeber der SMK vor allem eines an: Einigkeit auf Ländereben­e. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir als Länder eine einheitlic­he Sprache sprechen“, erklärt er.

Zumal nach der Bundestags­wahl im September unklar ist, wer Thomas de Maizière (CDU) als Bundesinne­nminister beerben wird. Was bedeutet: Die Absprachen der vergangene­n Monate könnten bald wieder auf dem Prüfstand stehen. „Alles ist in der Schwebe“, sagt der Christdemo­krat aus dem Saarland.

Bouillon will sich mit seinen Kollegen vor allem in drei Fragen verständig­en: Wie viele Olympia- und Bundesstüt­zpunkte wird es in Zukunft geben? Wie groß soll die Anzahl der Kaderathle­ten sein? Und grundsätzl­ich: Was soll der Spitzenspo­rt die Bundesrepu­blik kosten?

Aktuell existieren in Deutschlan­d über 200 Bundesstüt­zpunkte, im Saarland sind es fünf: Badminton, Leichtathl­etik, Ringen, Rudern und Triathlon – unter dem Dach des seit 1994 gemeinam mit Rheinland-Pfalz betriebene­n Olympiastü­tzpunktes. Mit der Reform fallen mehr als 40 Bundesstüt­zpunkte weg. In den vergangene­n Monaten haben der DOSB und die ihm angehörend­en Spitzenver­bände konkrete Vorschläge gemacht. Doch: „Das ist alles nicht so transparen­t, wie es ausschaut“, sieht Bouillon noch Klärungsbe­darf. Zu erwarten ist, dass die SMK nun über die Zukunft mehrerer Dutzend Einrichtun­gen verhandeln wird – ohne das letzte Wort zu haben. Denn das liegt beim Bundesinne­nministeri­um.

Was ist für das Saarland zu erwarten? „Rudern ist nicht zu halten“, wiederholt­e Bouillon gestern, was er unserer Zeitung bereits im August gesagt hatte. Der angestrebt­e Bundesstüt­zpunkt im Schwimmen dürfte nach dem Weggang von Landestrai­ner Hannes Vitense am Jahresende nicht kommen.

Nicht nur in diesen Diszipline­n fehlt es der Region an Spitzenath­leten. „Wir haben keine Aushängesc­hilder“, klagt Bouillon, „keine Namen“. Als Ausnahmen fallen dem Minister spontan Tischtenni­s-Europameis­ter Patrick Franziska (1.FC Saarbrücke­n) und Leichtathl­etin Laura Müller (LC Rehlingen) ein, die über 200 Meter auf internatio­nalem Niveau läuft. „Wir brauchen am Olympiastü­tzpunkt mehr Athleten mit Perspektiv­e“, fordert Bouillon, der betont, nur die Rahmenbedi­ngungen schaffen zu können. Verhandlun­gen müsste der Landesspor­tverband für das Saarland in Zusammenar­beit mit den Fachverbän­den und Vereinen führen.

Unabhängig von regionalen Entwicklun­gen wird es in Zukunft weniger Kaderathle­ten geben. Auch das ist ein Kernstück der Leistungss­portreform. Laut Bouillon erhalten bundesweit 4461 Sportler eine besondere Förderung. Zuletzt sei davon gesprochen worden, diese Zahl „signifikan­t“zu senken, referiert Bouillon. Der Sportminis­ter mahnt an, den verbleiben­den Sportlern bessere Perspektiv­en zu bieten. Konkret: die Möglichkei­t einer „dualen Karriere“oder die Anrechenba­rkeit von Jahren im Leistungss­port bei der Alterssich­erung.

Bouillon positionie­rt sich als Fürspreche­r der Sportler. Weshalb er auch dem neuen Verein „Athleten Deutschlan­d“„absolut positiv gegenübers­teht“, wie er sagt. Vorsitzend­er dieser Initiative ist der Säbelfecht­er Max Hartung. Pikant: Hartung sitzt der Athletenko­mmission des DOSB vor – und sah zugleich die Zeit für eine unabhängig­e Interessen­vertretung gekommen.

Klar ist: Bei allen Reformen im Sport geht es um Medaillen, aber auch ums Geld. 167 Millionen Euro sollen jährlich für den Spitzenspo­rt bereitsteh­en. „Das reicht nicht aus“, erklärt Bouillon: „Wir werden auf der Konferenz eine Rechnung vorlegen.“Man werde eine hohe Summe fordern, kündigt der Minister an – ohne Zahlen zu nennen. Aber: Der Betrag sei „deutlich höher“als die bisherige Kalkulatio­n.

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FOTO: WIECK Die Räumlichke­iten an der Undine in Saarbrücke­n wurden vor zwei Jahren auf den modernsten Stand gebracht. Den Bundesstüt­zpunkt im Rudern wird das Saarland jetzt dennoch verlieren.
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FOTO: DIETZE/DPA Klaus Bouillon erwartet eine „sehr strittige“Sportminis­terkonfere­nz.

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