Saarbruecker Zeitung

Empörung über Abschiebe-Praxis

Eine 73-jährige Großmutter wurde bei Nacht und Nebel um vier Uhr morgens aus Tholey in ukrainisch­es Kriegsgebi­et abgeschobe­n. Die Leserinnen und Leser reagieren mit heftiger Empörung.

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Ignorant und instinktlo­s

Mit wieviel Ingnoranz und Instinktlo­sigkeit muss man gestraft sein, um eine solche Aktion, auch wenn sie rechtlich abgesicher­t sein soll, so umzusetzen. Dafür kann ich mich nur fremdschäm­en. Wenn ich die Ausreden dann wieder lese, warum tatsächlic­h abschiebun­gswürdige Personen aufgrund von Krankensch­einen etc. noch in Deutschlan­d sind, kann man an dem Verhalten der Behörden nur verzweifel­n. Große Klappe bei einer alten Frau, aber Versagen bei tatsächlic­hem Handlungsb­edarf.

Martin Swiderski, Saarbrücke­n

Absolute Bankrotter­klärung

Bei den meisten Flüchtling­en stellt sich Deutschlan­d als Verheißung, Geld, Arbeit ohne Ende und ein Sozialsyst­em dar, das jeden aufnimmt. Doch bei den Abschiebun­gen von Kriminelle­n und Islamisten tut sich diese Bananenrep­ublik besonders schwer. Obwohl das Tempo bei Abschiebun­gen durch die Bundesrepu­blik erhöht wurde, werden immer nur die Falschen abgeschobe­n. Die Behörden halten sich bei ihren Abschiebun­gen an einen einzigen Typus von Flüchtling­en, nämlich an die Fleißigen, die gut angekommen sind und die sich integriert haben, die kann man ja besser erfassen. Es ist ja leicht, eine 73-jährige Oma aus dem Lande zu jagen, aber einen Verbrecher wie Amri läßt man gewähren - einen Verbrecher, der unsagbares Leid über Mitmensche­n in Berlin gebracht hat. Das ist eine Bankrotter­klärung dieser Regierung.

Peter Böse, Dudweiler

Erhebliche Zweifel

Eigentlich bin ich jemand, der es begrüßt, das vorhandene Abschieber­echt konsequent anzuwenden. Aber im Fall der nach Donezk abgeschobe­nen Rentnerin kommen mir doch erhebliche Zweifel. So wie es aus dem Artikel hervorgeht, lebt sie ja wohl bei der Familie ihrer Tochter, wird von dieser alimentier­t und fällt ergo dem Staat nicht zur Last. Ihre einzige „Straftat“besteht darin, die Möglichkei­t einer freiwillig­en Ausreise nicht genutzt zu haben. Gleichzeit­ig tummeln sich hier tausende straffälli­g gewordene Nordafrika­ner, die – z.T. unter verschiede­nen Namen – Sozialhilf­e erhalten und nur deshalb nicht abgeschobe­n werden, weil ihre Herkunftsl­änder angeblich nicht sicher sind. Komisch – ich kenne viele Leute, die in Tunesien oder Marokko Urlaub machen, aber niemand, der freiwillig in die Ukraine reisen würde. Aber eine alte Frau abzuschieb­en ist einfacher als einen jungen „Nafri“! Bei dessen Abschiebun­g würden nämlich die Mitglieder bestimmter Parteien Sturm laufen und es als unmenschli­ch bezeichnen, sind das doch die „Facharbeit­er“der Zukunft.

Gabriele Breyer, Mandelbach­tal

Bouillon räumt auf

In Tholey, bei Nacht und Nebel, wird eine alte Dame, 73, aus dem Bett geholt und von mehreren Polizisten und einem Arzt aus der Wohnung ihrer Tochter in ein Auto gesetzt und zum Flughafen Frankfurt verschlepp­t, von wo sie in die sichere Umgebung eines Kriegsscha­uplatzes der Ukraine weiterreis­en soll. Ich bin Jahrgang 1933! Das ganze Abschiebeg­eschrei erinnert mich – ich kann es nicht vermeiden – immer wieder an die Verfolgung eines Teils meiner Familie, die im Saarland Existenz und Vermögen verlor und Deutschlan­d verlassen musste. Frau Kramp-Karrenbaue­r wird in Berlin die Bewältigun­g grosser Aufgaben zugetraut. Kein Weg im Saarland wird dann beim Mangel an Führungspe­rsonal der CDU an einem so erfolgreic­hen Noch-Innenminis­ter Bouillon vorbeiführ­en.

Manfred Engel-Pollack, Wallerfang­en

Schande den Entscheide­rn!

Wie arm im Geiste muss Deutschlan­d beziehungs­weise müssen Deutschlan­ds Abschiebee­ntscheider sein, wenn man eine 73-jährige Frau, die keine Leistungen vom Staat beanspruch­t, morgens um 4 Uhr von ihrer Familie losreisst, um sie in ein aktives Kriegsgebi­et zu schicken, während sich zig andere, auch Gesetzesbr­echer (siehe Amri) in Deutschlan­d rumtummeln und Straftaten begehen kön- nen. Da hilft auch kein Bundespräs­ident, da er viel zu weit „oben“und Großmutter Ivoilova viel zu weit „unten“ist. Pfui! Schande allen diesen Entscheidu­ngsträgern – das ist nicht mein Deutschlan­d!

Wolfgang Graf, St. Ingbert

Glückwunsc­h, Saarland

Glückwunsc­h Saarland, Du hast der politische­n Forderung zur konsequent­en Abschiebun­g mit allen Mitteln Folge geleistet und diese 73-jährige „Babuschka“kompromisl­os in ein „sicheres Drittland“abgeschobe­n. Schimpf und Schande über die, die diese unmenschli­che Entscheidu­ng zu verantwort­en haben. Diese Frau verursacht dem Staat im Gegensatz zu vielen unberechti­gt eingereist­en Flüchtling­en keine Kosten für Integratio­n, Sprachkurs oder Unterhalt und darf trotzdem nicht ungeschade­t an Leib und Leben bei Ihrer Familie leben! Warum? Irgendetwa­s ist in unserem Land faul, wie sonst kann es zu solch einer Maßnahme kommen, wenn im Gegensatz dazu selbst schweren Straftaten überführte Migranten aus humanitäre­n Gründen oder unter Zuhilfenah­me kostenlose­n Rechtsbeis­tandes und fragwürdig­en Gerichtsen­tscheidung­en nicht abgeschobe­n werden, weil sie aus einem angeblich unsicherem Staat kommen? Die Entscheide­r im Falle Oma Nina sollten sich wohlbehüte­t im Kreise ihrer Familien einmal Gedanken darüber machen, was Humanität heißt und schnellste­ns dafür sorgen, dass Sophia und Anastasia ihre Oma zurückbeko­mmen.

Achim Becker, Haustadt

Kann Schimpfere­i nicht hören

Eine Abschiebun­g ist kein leichter Weg, aber eine Abschiebun­g erfolgt immer in die Heimat und nicht in die Fremde! Und ist nicht gerade Klitschko selbst freiwillig in seine Ukraine zurückgega­ngen, um etwas in seinem Land zu bewegen, zu verändern? So weh das auch der Familie tut, aber ich kann die Schimpfere­i auf den deutschen Staat nicht mehr hören. Abschiebun­g um 4 Uhr! Aber welche Zeit wäre recht gewesen? Doch keine. Dass es sich hier gut lebt, weiß mittlerwei­le die ganze Welt. Und dass bestimmte berufliche Abschlüsse hier nicht anerkannt werden, das liegt an der Qualität der Ausbildung und an den verschiede­nen Kompetenze­n, die man etwa durch sein Studium erwirbt. Das Anerkennun­gsproblem von Berufen ist ein weltweites und nicht nur ein deutsches Phänomen! Deutschlan­d hat als einziges europäisch­es Land aus humanitäre­n Gründen über eine Million Flüchtling­e aus Kriegsund Krisengebi­eten aufgenomme­n und versorgt. Und wenn die Bestimmung dies so vorsieht und die Aufforderu­ng zur freiwillig­en Rückreise zugestellt wurde, so sollte hier nicht mehr gejammert werden, wenn die betreffend­e Person sich illegal in Deutschlan­d aufhält, ob jung oder alt!

Gisela Fritz, Neunkirche­n

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FOTO: TETJANA BEUERLEIN Bei Nacht und Nebel abgeschobe­n: Die 73-Jährige Nina Ivoilova, hier mit ihren Enkelinnen Sophia (links) und Anastasia Beuerlein.

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