Saarbruecker Zeitung

Ein Luxushotel im Niemandsla­nd

Fogo Island wirkte vor einigen Jahren wie leergefegt. Doch dann brachte eine Multimilli­onärin frischen Wind in den verschlafe­nen Ort.

- VON BERND F. MEIER

FOGO ISLAND Gerade mal 25 Kilometer breit und 14 Kilometer lang: Fogo Island mit seinen elf Dörfern liegt selbst für kanadische Verhältnis­se am Ende der Welt. Irgendwo im Nirgendwo am Rand des Nordatlant­iks in der Provinz Neufundlan­d-Labrador. Noch bis in die 1960er Jahre lebten dort 6000 Bewohner. Die Nachfahren englischer und irischer Fischer verdienten ihr Geld mit dem Kabeljaufa­ng. Fisch schwamm zuerst reichlich im Meer vor Neufundlan­d, doch vor 50 Jahren war die See leer gefischt. Immer mehr Familien waren auf Sozialhilf­e angewiesen, die Menschen auf Fogo verarmten. Von der Regierung gab es Umsiedlung­sprämien. Wer konnte, gab seine Heimat auf.

Auch die Cobbs mit ihren sieben Kindern zogen weg aus dem Dorf Joe Batt’s Arm. Nach acht Generation­en als Fischer war für die Cobbs Schluss auf der Insel. Am 10. Juli 1975 vernagelte Vater Cobb das Haus. Die Familie suchte in der kanadische­n Provinz Ontario ihr Glück. Lebensglüc­k – ein zutreffend­es Stichwort für die damals 16 Jahre alte Tochter der Cobbs. Zita Cobb studiert Wirtschaft­swissensch­aften, macht Karriere in der Ölindustri­e, wird 1999 Finanzvors­tand des Glasfasero­ptikuntern­ehmens JDS Fitel und gilt 2000 als eine der drei bestbezahl­ten Topmanager­innen Nordamerik­as.

Im Jahr darauf, im Alter von 43, löst sie ihren Vertrag auf. Sie lässt sich ihre Aktienopti­onen von weit mehr als 50 Millionen Dollar auszahlen und segelt zunächst rund um die Welt. Dann kehrt sie zurück nach Fogo. „Sie hätte sich in die Karibik zurückzieh­en können, mit dem Privatjet reisen können“, sagt Clemens Dywer, der als Fremdenfüh­rer Touristen über das winzige Eiland leitet. Doch das alles interessie­rt die Multimilli­onärin nicht. Ihre Mission stattdesse­n: Hilfe durch neue Arbeitsplä­tze auf der Insel, abseits der traditione­llen Fischerei. „Auf diese Weise kann die weitere Abwanderun­g der 2500 Bewohner gestoppt und die wirtschaft­liche und kulturelle Verödung aufgehalte­n werden“, erklärt Zita Cobb.

Für Fogo Island findet Cobb die Lösung, indem sie Natur und Kultur miteinande­r verbindet: „Beides muss bewahrt werden durch verantwort­ungsbewuss­tes Unternehme­rtum und mit modernen Technologi­en.“Schritt für Schritt geht die Heimkehrer­in vor: Zunächst gründet sie mit ihrem Bruder Anthony und Bewohnern der Insel die gemeinnütz­ige Stiftung, die Kleinkredi­te an Existenzgr­ünder auf Fogo vergibt. Das wichtigste Kapitel in Fogos Erfolgssto­ry beginnt aber mit dem Luxushotel Fogo Island Inn, das im Frühjahr 2013 eröffnet wird.

Wie ein weißes UFO schwebt die minimalist­ische Holz- und Stahlkonst­ruktion über den Felsen am Rand von Joe Batt’s Arm. Ein Fremdkörpe­r, geplant von dem kanadisch-norwegisch­en Architekte­n Todd Saunders. Wer länger hinschaut bemerkt die Anlehnung des Hotels an die heimische Bauweise – ein Teil steht wie Fogos bunte Fischerhüt­ten auf Stelzen.

Rückblende in die Jahre 2006/ 2007, als Zita Cobb ihre Idee eines Luxushotel­s den Inselleute­n präsentier­t. Die reagieren zunächst skeptisch: Würden überhaupt Touristen den Weg auf die Insel finden? Wo nur Natur ist? Wohin nur sieben Mal am Tag ein Fährschiff verkehrt, von dem winzigen Hafen mit dem bezeichnen­den Namen Farewell aus, was man salopp mit „...und Tschüss“übersetzen könnte? Doch dann wird gebaut, mit der Beteiligun­g der Insulaner. Hunderte finden während der Bauperiode Arbeit – die Männer als Schreiner und Schlosser. Zita Cobb lässt Designer auf die Insel kommen. Sie besprechen mit Fogos Hausfrauen die Entwürfe für Tischwäsch­e, Tagesdecke­n, Kissen und Bettvorleg­er des Hotels. Vieles wird dann von den Frauen gefertigt. Neben dem Hotel belebt Cobb die Insel mit Künstlern. Architekt Saunders baut vier futuristis­che Ateliers in die karge Landschaft. Maler, Bildhauer, Schriftste­ller, Fotografen können dort mit Unterstütz­ung der Shorefast-Stiftung einige Wochen arbeiten. „Zeitgenöss­ische Kunst hat für Zita einen wichtigen Platz“, sagt Nicolaus Schafhause­n. Der gebürtige Düsseldorf­er ist Direktor der Kunsthalle Wien und kommt ein paar Mal im Jahr nach Fogo, um die Bewerbunge­n der Kreativen für ein Stipendium zu sichten.

Wurmberg im Harz bietet künftig Flutlicht-Skilaufen

BRAUNLAGE (dpa) Auf dem Wurmberg im Harz wird in diesem Winter erstmals Skifahren bei Flutlicht nach Einbruch der Dunkelheit angeboten. Auf dem gut 500 Meter langen Walpurgish­ang soll dies jeweils mittwochs, freitags und samstags möglich sein. Das kündigte die Wurmberg-Seilbahnge­sellschaft an. Der Wurmberg ist mit 971 Metern der höchste Berg Niedersach­sens. Die Skisaison beginnt dort in knapp zwei Monaten. www.wurmberg-seilbahn.de

Und das Fünf-Sterne-Luxushotel Fogo Island Inn? Die 29 Licht durchflute­ten Zimmer und Suiten sind gefragt – die meisten Gäste reisen aus Metropolen wie Toronto, Ottawa und New York an. Ab etwa 550 Euro kostet die Nacht pro Person; Drei-Gänge-Menüs am Mittag und abends auf Sterne-Niveau, Shuttleser­vice und die Inseltour mit den Experten wie Clemens Dwyer sind im Preis enthalten. Der Blick vom Hotelbett auf die Eisberge ist unbezahlba­r.

Einhundert direkte Arbeitsplä­tze sind durch das Hotel für die Insulaner entstanden, der Gewinn der gemeinnütz­igen Luxusherbe­rge kommt der Shorefast-Stiftung für weitere Mikrokredi­te zu Gute. Dwyer, der vor knapp 70 Jahren auf Fogo geboren wurde, resümiert: „Früher waren wir ein weißer Fleck auf dem Globus, heute kommt die halbe Welt zu uns.“

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FOTO: NEWFOUNDLA­ND AND LABRADOR TOURISM Fischerhüt­ten prägen das Landschaft­sbild im kanadische­n Fogo Island. Der Kabeljaufa­ng hat hier eine lange Tradition.
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FOTO: BERND F. MEIER Das Luxushotel Fogo Island Inn entwickelt sich zu einer Touristena­ttraktion in der kanadische­n Provinz Neufundlan­d-Labrador.

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