Saarbruecker Zeitung

Mehrere Tote nach Blutbad in US-Kirche

Die besten WikipediaA­rtikel des Jahres sind am Samstag ausgezeich­net worden. Ein Autor merkt jedoch an: Nicht alle Texte sind verlässlic­h.

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Ein bewaffnete­r Mann ist gestern in eine Baptistenk­irche in Sutherland Springs im US-Staat Texas gestürmt. Dort hat er auf die Gottesdien­st-Besucher geschossen und über 20 Menschen getötet und verletzt. Der Angreifer starb später in seinem Fluchtauto.

MÜNCHEN (dpa) Ein erfahrener Wikipedia-Autor warnt vor manchen Artikeln des Online-Lexikons. „Wir denken viel zu oft: Was auf Wikipedia steht, stimmt alles“, sagte ein Autor mit dem Online-Pseudonym „Magiers“. Statt Informatio­n blind zu vertrauen, sollten sich Nutzer genau ansehen, ob diese aus guten Quellen stammen. Das sei nötig, weil für die Qualitätsk­ontrolle der Artikel Laien verantwort­lich sind. Zwar müssen langjährig­e Schreiber die Beiträge unerfahren­er Autoren überprüfen, bevor sie online gehen, „doch das verhindert nur die ganz groben Schnitzer“, warnte er.

„Magiers“ist eines der Mitglieder einer achtköpfig­en Jury, die am Samstag in der Katholisch­en Journalist­enschule in München die besten deutschspr­achigen Wikipedia-Artikel des Jahres prämiert hat. Seinen echten Namen verrät er wie viele Autoren nicht. Das Lexikon bemühe sich, Klarnamen der Schreiber geheim zu halten, sagte Sprecher Denis Schröder vom Verein Wikimedia Deutschlan­d, der die Online-Enzyklopäd­ie unterstütz­t. In manchen Regionen auf der Welt wären Autoren sonst gefährdet.

Am Samstag wurden insgesamt neun Artikel aus verschiede­nen Bereichen geehrt. Besonders beeindruck­t war die Jury von der Biografie des Fotopionie­rs Eadweard Muybridge. Autor Frank Schulenber­g schöpfe „aus einer breiten Quellenbas­is“. Im Bereich Naturwisse­nschaften ist zum Beispiel der Artikel über die Skorpionga­ttung Opistophth­almus ausgezeich­net worden. Ein Artikel über Urkundenfä­lschung im deutschen Recht erhielt die Auszeichnu­ng im Bereich der Gesellscha­ftswissens­chaften.

„Oft klingt eine Informatio­n plausibel, ist aber nicht durch eine Quelle belegt. Da kommt man schnell in Versuchung, den Artikel einfach freizuscha­lten“, sagte „Magiers“. Mancher Autor erfinde zudem Belege, die so nicht existierte­n.

Wikipedia gehört zu den meistbesuc­hten Webseiten in Deutschlan­d. 5000 bis 6000 regelmäßig­e Autoren pflegen mehr als 2,1 Millionen deutschspr­achige Artikel, jährlich kommen etwa 130 000 dazu. Weltweit existieren etwa 39 Millionen Artikel in knapp 300 Sprachen.

„Magiers“, der Ende 40 ist, schreibt seit neun Jahren für Wikipedia. Obwohl er Mathematik­er ist, befasst er sich in seinen Einträgen meist mit Themen aus Kunst und Kultur. Mitstreite­r findet er aber immer weniger: „Vor zehn Jahren war eine Plattform wie Wikipedia noch neu und cool. Heute ist der Internet-Hype abgeflacht“, sagte er.

Außerdem mangele es der Wikipedia-Gemeinscha­ft an Willkommen­skultur: „Viele neue Autoren bekommen kaum Rückmeldun­g auf ihre Texte oder ihre Artikel werden zurückgewi­esen“, sagte der Autor. „Wir haben nicht die Kapazitäte­n, um jeden Einzelnen abzuholen“, räumte „Magiers“ein.

Weil es zu den wichtigen Themen schon Einträge gibt, sei die Hauptarbei­t der vielen freiwillig­en Autoren, existieren­de Stücke zu bearbeiten und zu verbessern. „Dafür ist mehr Wissen notwendig als für das Verfassen von Texten“, erklärte er. Aber: Perfektion sei nicht der Anspruch Wikipedias. „Als Autor möchte ich nicht verschleie­rn, dass meine Texte einen Laienblick auf die Themen darstellen“, sagte „Magiers“. Wichtiger sei, dass die Gemeinscha­ft jedem offen steht und somit eine große Vielfalt an Themen abgedeckt wird.

„Vor zehn Jahren war

eine Plattform wie Wikipedia noch neu und cool. Heute ist der Hype abgeflacht.“

„Magiers“

ein anonymer Wikipedia-Autor

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FOTO: ROBERT SCHLESINGE­R/DPA Wikipedia-Artikel werden meist von Laien gepflegt. Deshalb ist ein kritischer Blick vonnöten.

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