Saarbruecker Zeitung

„Fast alle heimischen Baumarten haben unheimlich­e Probleme“

Der Präsident der deutschen Waldbesitz­er und Bruder des CSU-Politikers fordert von der Bonner Klimakonfe­renz auch Signale zur Rettung der Wälder.

- DIE FRAGEN STELLTE HAGEN STRAUSS

BERLIN Dem deutschen Wald geht es ökologisch zwar so gut wie nie, dennoch macht ihm der Klimawande­l zunehmend zu schaffen. Anlässlich der heute in Bonn beginnende­n Weltklimak­onferenz fordert Philipp zu Guttenberg, Präsident der Arbeitsgem­einschaft Deutscher Waldbesitz­er (AGDW ), effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaverän­derungen.

Herr zu Guttenberg, inwieweit gefährdet der Klimawande­l den Wald?

ZU GUTTENBERG Da schauen wir mit bangem Blick in die Zukunft. Unsere heimischen Baumarten haben ihr eigenes Klimaregim­e. Der Klimawande­l verändert die Standortbe­dingungen und damit auch die Voraussetz­ungen, ob diese Bäume hier weiterhin wachsen können. Fakt ist: Wir haben inzwischen bei fast allen heimischen Baumarten unheimlich­e Probleme durch extreme Trockenhei­t, Temperatur­schwankung­en und die Veränderun­gen der Niederschl­agsverhält­nisse.

Zuletzt sind sehr schwere Stürme über Deutschlan­d hinweggefe­gt. Welche Folgen hatten die Orkane?

ZU GUTTENBERG Ganz gravierend­e für betroffene­n Waldeigent­ümer. Für viele ist von heute auf morgen ein Baumbestan­d weggebroch­en, in den über Generation­en hinweg investiert wurde. Man kann sich gegen solche Wetterkapr­iolen auch nicht wirklich schützen. Selbstvers­tändlich müssen wir unsere Wälder vitaler und klimaresis­tenter machen. Aber gegen extreme Stürme hilft kein Mischwald, keine größere Palette an Baumarten. Da hilft gar nichts.

Aber auch die Stürme sind offenbar Folgen des Klimawande­ls. Welche Erwartunge­n haben Sie daher an die Bonner Konferenz?

ZU GUTTENBERG Von der Konferenz muss das Signal ausgehen, dass die nachhaltig­e Waldbewirt­schaftung und die Verwendung von Holzproduk­ten künftig stärker Anwendung findet. Damit lässt sich energieint­ensives Bauen und der Einsatz von fossilen Brennstoff­en gut ersetzen. Und das ist eine der effektivst­en Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawande­ls. Was wiederum wissenscha­ftlich belegt ist.

Die Jamaika-Sondierer tun sich in der Klimapolit­ik besonders schwer. Bereitet Ihnen das Sorgen?

ZU GUTTENBERG Ja, das macht mir große Sorgen. Ich kann an die Verhandler nur appelliere­n, keine ideologisc­hen Auseinande­rsetzungen zu führen. Wir brauchen Lösungen – und wir Waldbesitz­er haben einige parat.

Wie geht es denn den deutschen Wäldern insgesamt?

ZU GUTTENBERG Alles in allem geht es unseren Wäldern ökologisch so gut wie nie. Aber wir müssen uns halt rüsten, um mit den neuen Herausford­erungen umgehen zu können.

Gehört dazu auch der zunehmende Schädlings­befall?

ZU GUTTENBERG Eindeutig ja. Das ist ein immer größer werdendes Problem. Zum Beispiel sind in Brandenbur­g inzwischen 40 000 Hektar von Schädlinge­n befallen, darunter alle möglichen Baumarten. Unser Problem ist, dass wir geeignete Waldschutz­maßnahmen kaum noch anwenden können durch immer mehr Auflagen bei den Zulassunge­n, die wir erfüllen müssen. Wollen wir Schädlinge bekämpfen mit Waldschutz­mitteln und Wälder erhalten, oder wollen wir riesige Kahlschläg­e über Tausende von Hektar – das ist die Frage, vor der wir zunehmend stehen. Wenn wir nicht handeln, gibt es womöglich in ein paar Jahren hierzuland­e keine Eichen,

Eschen oder Erlen mehr.

Welche Schutzmaßn­ahmen meinen Sie?

ZU GUTTENBERG Damit meine ich unterschie­dlichste Pflanzensc­hutzmittel. Auch biologisch­e. Alle sind jedoch im Zulassungs­verfahren sehr schwierig umzusetzen. Übrigens werden in der Waldwirtsc­haft lediglich rund 15 Tonnen jährlich an chemischer Schädlings­bekämpfung eingesetzt, das entspricht 0,05 Prozent des gesamten Einsatzes in der Landwirtsc­haft und im Gartenbau. Das ist so gut wie gar nichts und immer nur als das letzte mögliche Mittel vor dem Totalausfa­ll.

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FOTO: JENSEN/DPA Philipp zu Guttenberg, jüngerer Bruder von Karl-Theodor.

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