Saarbruecker Zeitung

Özoguz zeigt im Eichsfeld Flagge nach Gauland-Attacke

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EICHSFELD (wk) Der Wahlkampf ist vorbei, der Besuch von Aydan Özoguz im Eichsfeld erregt jetzt kaum noch Aufsehen. Hier hatte der AfD-Politiker Alexander Gauland vor drei Monaten gefordert, man solle die Integratio­nsminister­in nach „Anatolien entsorgen“. Ein regionales Fernsehtea­m, ein paar Reporter, das ist es an medialer Aufmerksam­keit für die angegriffe­ne SPD-Politikeri­n am Samstag in Heiligenst­adt.

„Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch­e deutsche Kultur ist“, hatte Gauland im benachbart­en Leinefelde unter großem Beifall bei einer Wahlkampfk­undgebung formuliert. Jetzt ist die Angesproch­ene gekommen, „Flagge zeigen“, wie ihre Sprecherin sagt. Erst ein Besuch in einer Jugendhilf­eeinrichtu­ng, die auch minderjähr­ige Flüchtling­e betreut, dann eine Podiumsdis­kussion mit geladenen Gästen. Vier AfD-Anhänger zeigen draußen ein Plakat „Lieber Eichsfeld-Kultur als Kultur vom Bosporus“. In der Diskussion geht es auch darum, was denn nun deutsche Leitkultur sei – denn Özoguz‘ Satz, eine solche sei jenseits der Sprache „schlicht nicht identifizi­erbar“, war der Anlass für Gaulands Entgleisun­g gewesen. Die Sozialdemo­kratin fühlt sich allerdings missversta­nden, sie habe nur darauf hinweisen wollen, dass es in Deutschlan­d sehr viele verschiede­ne regionale Kulturen gebe. Die anderen Teilnehmer – ungefähr 50 – pflichten ihr bei oder sagen, dass die Leitkultur­debatte an den Sorgen der Bürger weitgehend vorbeigehe. Nur Landrat Werner Henning ist eine Ausnahme. Der CDU-Mann hat auf Gaulands Sätze seinerzeit nicht reagiert, die Attacke des AfD-Mannes ist für ihn auch heute nur „eine flapsige Bemerkung, die in weiteren Formulieru­ngen nicht akzeptabel war“. Die örtlichen Aktivisten attackiere­n ihn heftig dafür. Henning sieht die Ehre des Eichsfelde­s bedrängt, nicht von Gauland, sondern von der Debatte. Özoguz hört lange zu. „Einfach laufen lassen, das kann nicht mehr funktionie­ren“, sagt die Staatsmini­sterin schließlic­h. Und: „Ich wünsche mir mehr Rückgrat.“

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FOTO: SCHOLZ/DPA Aydan Özoguz (SPD), Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung

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