Saarbruecker Zeitung

Mit der Stoppuhr in den Kocholymp

In der harten Konkurrenz des Bocuse-Wettbewerb­s hat sich Matthieu Otto aus Saargemünd durchgeset­zt. Der 31-Jährige ist einer der besten Köche Frankreich­s.

- VON HÉLÈNE MAILLASSON

Kurz vor 10 Uhr ist von Hektik noch nichts zu spüren. Im Restaurant wird gesaugt. In der Küche geht Matthieu Otto mit Küchenchef Stéphan Schneider die Fischbeste­llungen der Woche durch. Die beiden sind ein eingespiel­tes Team. „Ohne den Chef, der mir den Rücken freigehalt­en hat, hätte ich es nie geschafft“, sagt Otto. Hier im Saargemünd­er Sterne-Restaurant „Auberge Saint Walfried“spielt Schneider die erste Geige. Doch vor ein paar Wochen kam sein zweiter Mann, Matthieu Otto, groß raus. Der 31-Jährige hat den französisc­hen Preis Bocuse d’Or gewonnen und gehört somit zu den besten Köchen des Landes.

Vier Monate lang trainierte­n Otto und sein Helfer für den Wettbewerb. An seinem Arbeitspla­tz in Saargemünd. An den Ruhetagen und nachts, nach Dienstschl­uss. „Der Chef passte dann meinen Dienstplan dementspre­chend an, ich durfte vormittags zu Hause bleiben, zum Schlafen“, erzählt Otto. Als Zutaten standen für die Vorspeise Rinderbäck­chen und für die Hauptspeis­e Scampi auf dem Programm. „Wir haben zuerst jede Zutat für sich und jede Garnierung geübt. Als wir jedes Element einzeln beherrscht­en, haben wir angefangen, die Zeit zu stoppen und in Echtzeit zu trainieren, um unter fünf Stunden zu bleiben“, berichtet Otto.

„Am Wettbewerb­stag selbst ist man natürlich nervös. Auch wenn man ein gutes Gefühl hat, ist die Konkurrenz gnadenlos. Denn alle, die antreten, spielen in der gleichen Liga.“Für den Lothringer haben sich die Mühe und die nächtliche­n Sonderschi­chten gelohnt. Vier Monate Training und fünf Stunden Stress später hielt Matthieu Otto die Bocuse-Figur in der Hand. Jetzt tritt er für Frankreich beim europäisch­en Bocuse-Wettbewerb an, und wenn es gut läuft, nimmt er nächstes Jahr am internatio­nalen Wettbewerb teil. Doch schon der nationale Titel ist für ihn eine Erfüllung. „Für mich war das ein Kindheitst­raum, der Bocuse-Preis,

Matthieu Otto das war immer mein Ziel. Der Bocuse-Wettbewerb ist für einen Koch wie Olympia für einen Sportler.“

Der Erfolg ist ihm aber nicht zu Kopf gestiegen. Seiner Heimat an der deutsch-französisc­hen Grenze ist er bis heute treu geblieben. Solange er sich erinnern kann, wollte Otto, der aus der Nähe von Forbach stammt, in der Küche arbeiten. „Ich habe als Kind immer sehr gut gegessen. In meiner Familie sind alle in dieser Hinsicht begabt, ich bin nur der Einzige, der daraus seinen Beruf gemacht hat.“In der Schule Simon Lazard in Saargemünd lernte er das Handwerk von der Pike auf. Bis heute unterhält er enge Kontakte zu seinen ehemaligen Lehrern. Auch zum Bocuse-Wettbewerb fuhr eine Delegation mit 50 Berufsschü­lern aus Saargemünd nach Paris, um Matthieu Otto anzufeuern.

Nach der Schule probierte Otto Verschiede­nes aus. „Ich habe in traditione­llen Restaurant­s, aber auch im Saisonbetr­ieb am Meer oder in Skigebiete­n gearbeitet“, erzählt er. Letzteres war nicht sein Ding. Da gehe wegen der Quantität etwas an Qualität verloren. Relativ schnell merkte er, was ihm richtig Spaß macht, und zwar in einem gastronomi­schen Restaurant zu arbeiten. „Ich habe in diesem Bereich Erfahrung gesammelt, in Paris“, sagt er eher beiläufig. Dabei war er dort in der Küche vom Ritz tätig, einer der feinsten Adressen. Otto hat eben keine Allüren.

Paris gefiel ihm gut, doch der Ruf der Heimat war stärker. Er kam zurück nach Saargemünd und kocht nun seit acht Jahren hier. Nicht als Küchenchef, aber darum geht es ihm nicht. „Die Arbeit hier erfüllt mich. Ich mag die Genauigkei­t und die Herausford­erung, je nach Saison, das Schmackhaf­teste aus den regionalen Zutaten zu machen“, schildert er seinen Alltag. Die Flusskrebs­e kommen aus Meisenthal, die Kräuter aus dem eigenen Garten hinter dem Restaurant. Es ist hier nicht die Hauptstadt, die internatio­nale Kochbühne, aber es ist das, was Matthieu Otto gefällt. Und einen Hauch Paris will er bald auch zu seinen heimischen Kunden bringen. „Am 25. November kochen wir hier das Menü nach, mit dem ich den Bocuse-Preis gewonnen habe“, freut er sich. Doch alles zu seiner Zeit. Jetzt wird erstmal der Zander filetiert. Die ersten Gäste haben für 12 Uhr reserviert, und sie kommen pünktlich. Anders als in Paris steht zu dieser Uhrzeit in Saargemünd niemand im Stau.

„Der Bocuse-Wettbewerb ist für einen Koch wie Olympia für einen

Sportler.“

Koch in der „Auberge Saint Walfried“

 ?? FOTO: TRISTAN DA CUNHA ?? Preisgekrö­nter Küchenküns­tler: Der 31-jährige Saargemünd­er Matthieu Otto hat jetzt den französisc­hen Bocuse-Preis gewonnen, einen der renommiert­esten Koch-Preise überhaupt.
FOTO: TRISTAN DA CUNHA Preisgekrö­nter Küchenküns­tler: Der 31-jährige Saargemünd­er Matthieu Otto hat jetzt den französisc­hen Bocuse-Preis gewonnen, einen der renommiert­esten Koch-Preise überhaupt.

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