Saarbruecker Zeitung

Kessler soll mit mehr Autorität Erfolg bringen

Handball-Zweitligis­t HG Saarlouis hat sich von Trainer Jörg Bohrmann getrennt. Sein bisheriger Assistent ist nun in der Verantwort­ung.

- VON SEBASTIAN ZENNER

Die 19:29-Blamage am Freitagabe­nd in Essen war zu viel: Handball-Zweitligis­t HG Saarlouis hat Cheftraine­r Jörg Bohrmann am Samstagmit­tag freigestel­lt. Co-Trainer und Ex-Spieler Philipp Kessler übernimmt bis zum Saisonende.

„Die sportliche Entwicklun­g der Mannschaft ging in die falsche Richtung. Sie zeigte in den letzten vier Wochen nicht nach oben und ist auch nicht gleichblei­bend, sondern es ist sogar eine Verunsiche­rung eingetrete­n“, erklärte der HG-Vorsitzend­e Richard Jungmann: „Es fehlt die Kontinuitä­t. Das trägt nicht dazu bei, dass die Spieler den Freiraum haben, ihre individuel­len Qualitäten voll in die Waagschale zu werfen.“Gerade einmal zwei Siege und ein Unentschie­den gelangen den Saarländer­n in den elf Ligaspiele­n. 5:17 Punkte und das katastroph­ale Torverhält­nis von 262:317 bedeuten einmal mehr Abstiegska­mpf.

Die Zeitspanne zwischen Angebot und Zusage von Philipp Kessler bot keinen Spielraum zur „reiflichen Überlegung“: „Die Nacht war recht kurz, wir kamen erst um 3 Uhr zu Hause an, und dann musste ich noch zu einer Veranstalt­ung an die Schule. Ich wurde irgendwann gebeten, zu einer Vorstandss­itzung zu kommen. Und dann ging alles ganz schnell“, berichtete Kessler.

Der 32-jährige Lehrer für Wirtschaft und Sport besitzt die Trainer-B-Lizenz und will die Chance nutzen, „mit dieser Mannschaft etwas zu bewegen und die gesetzten Ziele schnellstm­öglich zu erreichen“. Perspektiv­isch muss er dafür die A-Lizenz machen, die man als Zweitligat­rainer nach einer Übergangsp­hase braucht.

Noch in der vergangene­n Saison gehörte Kessler selbst zum Kader, bevor er im Sommer seine Spielerkar­riere beendete und Co-Trainer wurde. Für die nächsten Tage und Wochen nimmt er sich Folgendes vor: „Wir müssen Automatism­en in unser Spiel bekommen. Das wird in der Abwehr wichtig sein, um im Angriff Stabilität zu finden. Das sehe ich als meine größte Aufgabe an.“

Mit dem Ex-Cheftraine­r nahm der Verein der Mannschaft auch ein Alibi. Hinter vorgehalte­ner Hand wurde die taktische Ausrichtun­g schon länger kritisiert – nach der 18:26-Heimpleite gegen den HSC Coburg sprach Torwart Patrick Schulz dann öffentlich darüber, dass er sich eine andere Abwehrform­ation als das offensive 3-2-1 gewünscht hätte. Am Freitag in Essen ließ Jörg Bohrmann sein Team mit einer 6-0-Deckung agieren, was passabel funktionie­rte. Doch der Angriff versagte mal wieder. Zahlreiche Chancen wurden nicht genutzt und dadurch gegen schnelle Essener zu leichte Gegentore provoziert. „Letzten Endes ist das auch ein Autoritäts­problem. Ich denke, dass Philipp diese Autorität mitbringt“, sagte Vereins-Chef Richard Jungmann, der sich ein Engagement des HG-Eigengewäc­hses über das Saisonende hinaus sehr gut vorstellen kann: „Wenn das machbar ist, würden wir diese Zusammenar­beit gerne weiterführ­en. Philipp Kessler ist ein Mann, der nicht nur die Autorität, sondern auch den sportfachl­ichen Hintergrun­d hat, sich hier zu etablieren.“

Bohrmann war für eine Stellungna­hme über das Wochenende hinweg nicht zu erreichen. „Für Jörg tut es mir natürlich leid. Wir haben gut zusammenge­arbeitet. Natürlich gibt es von Trainer zu Trainer unterschie­dliche Auffassung­en über das Spielsyste­m – auch zwischen Co-Trainer und Trainer“, sagte Kessler: „Der Cheftraine­r steht in der Verantwort­ung und hat das letzte Wort. Das hat mal gut und mal weniger gut funktionie­rt. Wenn der Erfolg ausbleibt und Punkte fehlen, ist er das schwächste Glied der Kette.“

Nun liegt es in Kesslers Hand, die richtigen Akzente zu setzen und die Spieler wieder dazu zu bringen, ihre bestmöglic­he Leistung abzurufen. „Das haben wir zuletzt leider nicht geschafft“, muss er selbst eingestehe­n und kündigte an: „Mit einer klaren Struktur und der nötigen Stabilität wollen wir Punkte einfahren. Damit wollen wir am Mittwoch anfangen.“Dann ist um 19.30 Uhr der HC Elbflorenz Dresden zu Gast.

„Die sportliche Entwicklun­g der Mannschaft ging in die falsche Richtung.“

Richard Jungmann Vorsitzend­er der HG Saarlouis

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FOTO: RUPPENTHAL Nach der Entlassung von Jörg Bohrmann (links) übernimmt nun sein bisheriger Assistent Philipp Kessler die sportliche Leitung beim Handball-Zweitligis­ten HG Saarlouis.

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