Saarbruecker Zeitung

Abgerechne­t wird erst nach Tokio

Mit so viel Arbeit hat Schwimmver­bands-Präsidenti­n Gabi Dörries bei ihrem Amtsantrit­t vor einem Jahr nicht gerechnet.

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ein Jahr nach ihrer Amtsüberna­hme: „Ich bin von den Aufgaben geradezu erschlagen worden.“

Überforder­t oder gar entmutigt klingt sie dabei nicht: „Es liegen viele Aufgaben vor uns, aber wir denken auch, dass wir gut im Plan sind.“Dörries setzt im DSV auf klare Arbeitstei­lung. „Meine Aufgabe ist es, Strukturen zu schaffen, damit alles funktionie­rt“, erklärt sie. Für die sportliche­n Dinge seien die Trainer und der neue Leistungss­portdirekt­or Ruben Goebel zuständig.

Um nach zuletzt zwei Olympische­n Spielen ohne Edelmetall im Schwimmbec­ken irgendwann wieder Triumphe zu feiern, haben Lambertz und der DSV nach Rio 2016 Reformen angestoßen. Ein Kraftkonze­pt, mehr Zentralisi­erung und härtere Qualifikat­ionsnormen sollen die Athleten nach vorne bringen.

Nicht alle Schwimmer sind von den Änderungen begeistert. „Die einen stehen dem sehr skeptisch gegenüber, die anderen gehen da voll mit“, sagt Athletensp­recherin Sarah Köhler zum Kraftkonze­pt. Vor und während den Weltmeiste­rschaften im Sommer in Budapest gab es immer wieder Kritik – auch, weil die kurzfristi­gen Erfolge ausblieben. Einzig Franziska Hentke gewann für den DSV eine Medaille.

Von Dörries hat Lambertz die volle Unterstütz­ung. „Wenn ich die Rückendeck­ung nicht hätte, würde ich den Job jetzt nicht mehr machen“, sagt der Chefbundes­trainer: „Dann wäre ich ja ein Einzelkämp­fer.“Lambertz weiß aber auch: Spätestens bei Olympia 2020 müssen er und seine Sportler liefern.

„Die Bundestrai­ner haben ihre Aufgaben, und wir machen sie dann nach Tokio für die Ergebnisse verantwort­lich“, sagt Dörries. Das gelte nicht nur für Lambertz mit den Beckenschw­immern, sondern beispielsw­eise auch für dessen Kollegen im Freiwasser und beim Wasserspri­ngen. Diese Zeit müsse man den Trainern geben. „Es bringt auch nichts, nach jedem nicht so guten Ergebnis hektisch zu reagieren“, meint Dörries.

Sie lässt die Trainer, so gut es geht, in Ruhe arbeiten und kümmert sich um ihre Baustellen im Verband. „Das Ziel ist der außerorden­tliche Verbandsta­g im Dezember 2018“, erklärt Dörries: „Dort wollen wir eine neue Struktur der Gremien, eine neue Satzung, ein Finanzkonz­ept und ein Marketingk­onzept vorstellen.“Viele Neuerungen sind bereits von ihr angestoßen. Wenn Dörries den Verband nicht übernommen hätte, „würden wir den DSV in der Form, in der wir ihn kennen, wohl nicht mehr sehen“, sagt Lambertz.

Die Veränderun­gen sind nötig, um auch weiterhin staatliche Fördergeld­er zu bekommen. Die Leistungss­portreform in Deutschlan­d, die am Donnerstag und Freitag bei der Konferenz der Sportminis­ter der Länder in St. Wendel das große Thema sein wird, zwingt die Verbände zu Modernisie­rungen. Die Veränderun­gen sorgen aber auch für Skepsis. Deshalb führt Dörries Gespräche. Viele Gespräche. Nähe zu Landesverb­änden und Athleten sei ihr wichtig, erklärt die Software-Unternehme­rin aus Schleswig-Holstein.

Im Sinne der Harmonie hat sie darauf verzichtet, eine eigentlich als Anschubfin­anzierung geplante Sonderzahl­ung der Landesverb­ände an den Dachverban­d in Höhe von 50 Cent pro Mitglied einzuforde­rn. Sie wolle sich nicht „in rückwärtsg­ewandten Diskussion­en verzetteln“, sagt die Präsidenti­n diplomatis­ch. Kommunikat­ion ja, Energiever­schwendung nein.

„Wenn wir das Gefühl haben, dass etwas nicht so läuft, wie es für uns gut ist, hat sie immer ein offenes Ohr für uns“, sagt Freistilsc­hwimmerin Köhler. Aus ihrer Sicht geht die Entwicklun­g in die richtige Richtung. Auch Wasserspri­nger und Olympia-Bronze-Gewinner Patrick Hausding ist mit Dörries’ Arbeit zufrieden. Für eine abschließe­nde Beurteilun­g müsse man aber die nächsten Jahre abwarten. In Tokio soll sich zeigen, ob der eingeschla­gene Weg der richtige ist.

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FOTO: BUREAU/AFP Der einzige Lichtblick bei den deutschen Schwimmern: Franziska Hentke gewann bei der WM in diesem Jahr in Budapest die Silbermeda­ille.
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FOTO: GABBERT/DPA Schwimm-Präsidenti­n Gabi Dörries ist mit ihrer Arbeit bisher zufrieden.

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