Homburger Siebenpfeiffer-Preis für Can Dündar
Saar-Grüne fordern mehr Investitionen in Bildung und Infrastruktur im Saarland. Landeschef Markus Tressel prophezeit „schwere Endrunde“der Jamaika-Sondierungen in Berlin.
HOMBURG (jos) Der türkische Journalist Can Dündar ist gestern in Homburg für seinen Kampf für Demokratie und Pressefreiheit in der Türkei mit dem 14. Siebenpfeiffer-Preis ausgezeichnet worden. Der 56-Jährige, dem in seiner Heimat fast sechs Jahre Gefängnis wegen eines Berichts über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien drohen, nannte den mit 10 000 Euro dotierten Preis eine Warnung an all jene, „die uns als Terroristen bezeichnen“.
SPIESEN-ELVERSBERG Die nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen dringen auf einen politischen Kurswechsel im Saarland. Der Grünen-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Markus Tressel griff am Sonntag auf dem Landesparteitag in Spiesen-Elversberg die große Koalition unter Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) scharf an. „Die Landesregierung fährt das Land auf die Knochen“, sagte er und fuhr unter kräftigem Applaus der Delegierten fort: „Wir wollen den Raubbau an den Zukunftschancen des Landes beenden.“
Einstimmig verabschiedeten die Saar-Grünen eine Resolution mit dem Titel „Sechs Monate Saar-Groko: Ein Kurswechsel tut not!“. Darin verlangen sie mehr Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur, ein eigenes Landesklimaschutzgesetz, einen neuen Landesentwicklungsplan und eine dem Bevölkerungsrückgang gerecht werdende Demografie-Strategie. Während es vor dem Parteitagslokal, der CFK-Eventhalle in Spiesen-Elversberg, wie aus Eimern regnete und drinnen die Sonnenblumen-Transparente der Grünen leuchteten, eröffnete Landesvize Barbara Meyer-Gluche den Parteitag mit den Worten: „Es gibt wohl Schöneres an einem regnerischen Sonntag, zum Beispiel die Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien in Berlin.“Dort ist die saarländische Bundesvorsitzende Simone Peter mit dabei. Grünen-Landeschef Tressel betonte, er erwarte in der Endrunde der Jamaika-Sondierungen keine einfachen Gespräche: „Wir wollen und werden in keine Koalition eintreten, in der die Grünen zwar als Mehrheitsbeschaffer willkommen sind, inhaltlich aber an den Rand gedrängt werden“. Beifall brauste auf und auch dafür: „Schwarz-Gelb mit grünem Trostpflaster wird es definitiv nicht geben.“Komme es zu einem Jamaika-Koalitionsvertrag werde es dazu auf jeden Fall eine Urabstimmung unter den Parteimitgliedern geben.
Tressel, der wegen kurzfristiger Erkrankung der Co-Vorsitzenden Tina Schöpfer für sie auch den inhaltlichen Schwerpunkt „große Koalition - Stillstand im Saarland“darlegen musste, schwor die Mitglieder im Land bereits auf die Kommunalwahl 2019 und die nächste Landtagswahl ein. „In den nächsten viereinhalb Jahren werden wir dieser Landesregierung nichts schenken.“Bei der Energiewende liege das Saarland auf dem letzten Platz aller Bundesländer, und der Kohlendioxidausstoß sei hier doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Umweltminister Reinhold Jost (SPD) sei nichts weiter als „ein Minister für Lyonerwurst und Dummgeschwätz“. Das Saarland brauche auch eine Verkehrspolitik mit besser funktionierendem ÖPNV und mehr Radwegen. In gesonderten Anträgen verlangen die Saar-Grünen zudem ein Verbot des Pflanzenschutzgiftes Glyphosat auf öffentlichen Flächen sowie den Stopp des Planfeststellungsverfahrens für ein weiteres Ansteigen des Grubenwassers.
Laut dem von Landesschatzmeisterin Ingrid Britten vorgelegten Finanzplanung 2018/19 haben die Saar-Grünen trotz einer Strafzahlung von 116 000 Euro für verbotene Wahlwerbung (im Jahr 2009), die der Bundesverband beglich, „noch nie so viele Rücklagen gehabt wie derzeit“. Das vom Bundesverband gewährte Darlehen in vier Jahren komplett zurückgezahlt sein. Gespart werden müsse aber dennoch. Für die Kommunalwahl 2019 seien bislang erst 5000 Euro Wahlkampfkosten eingeplant. Mitgliedermäßig haben die Saar-Grünen nach dem zufriedenstellenden Ergebnis bei der Bundestagswahl (6,1 Prozent auf Landesebene) wieder etwas Aufschwung genommen. Nach knapp zwei Dutzend Neueintritten liegen sie derzeit bei rund 1350 Mitgliedern.