Saarbruecker Zeitung

„Den Saarländer­n fehlt Heimatbewu­sstsein“

Etliche Dorfmuseen stehen auf der Kippe, moniert der saarländis­che Museumsver­band anlässlich seines 30-jährigen Bestehens.

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Häusern mit überaltert­en Strukturen. Deren Träger – oft Privatsamm­ler oder Vereine – würden vielfach allein gelassen.

Raber: „Gewachsene Dörfer veröden, sie werden zu Siedlungen. Und in den Kommunen fehlt es an Gemeinscha­ftsgeist für die Museen.“Wie viele der rund 60 Heimatmuse­en akut existenzbe­droht sind, sei noch nicht ermittelt. Besondere Sorgenkind­er sind laut Raber das Museum für dörfliche Alltagskul­tur in Rubenheim und der Handwerker­hof in Ottweiler. Der Verband arbeite an Rettungslö­sungen und neuen Trägerstru­kturen, rege die Häuser zu Kooperatio­nen und Zusammenle­gungen an. „Es macht wenig Sinn, wenn jeder alles sammelt.“Ein Museumsent­wicklungsp­lan soll Hilfestell­ung geben. Raber beobachtet, dass in anderen Bundesländ­ern Überliefer­ung und Brauchtum einen höheren Stellenwer­t besitzen. Dort sei man stolz auf die lokalen Besonderhe­iten. Doch im Saarland mit seiner vielfach zerrissene­n Historie existierte­n keine über Jahrhunder­te verwurzelt­en Traditione­n, ganz nach dem Motto des Reinhard-Klimmt-Buches „Richtig daheim waren wir nie.“

Die Liebe der Saarländer zu ihren Museen sei „ausbaufähi­g“, konstatier­t Raber. Und die Zahlen geben ihm Recht. Laut Statistik des Instituts für Museumsfor­schung meldeten die saarländis­chen Institutio­nen 2015 einen Besucherrü­ckgang um etwa drei Prozent (ca. 609 000 Besucher). Umso wichtiger deshalb die Projekte des Verbandes, die die breite Leistungsf­ähigkeit der Museen verdeutlic­hen, jenseits der reinen Ausstellun­gstätigkei­t. So wurde beispielsw­eise eine Art Heimatkund­e-Museumskof­fer für die Grundschul­en zusammenge­stellt: „Regional – Total“. Zudem wurde der SMV Mitglied im Allianz-Demenz-Netzwerk. Für Altenheime wurde ein „Koffer der Erinnerung“konzipiert. Alte Puppen oder Babykleidu­ng, historisch­e Werkzeuge und Spielsache­n aktivieren und beglücken demenzkran­ke Menschen, die in der Vergangenh­eit leben. Im Bereich Tourismus erfand der Verband die Bergbau-„Entdeckert­ouren“, die die Arbeitsweg­e der Bergleute durch Zeitzeugen­berichte im Internet lebendig werden lassen. „Wir sind ein Partner der saarländis­chen Gesellscha­ft“, sagt Raber selbstbewu­sst. Eines seiner Favoriten-Themen: die Digitalisi­erung des kulturelle­n Erbes. Raber ist nicht zufrieden mit dem Tempo: „Wir sind noch in der Steinzeit“, sagt er. Über das Pilotproje­kt „digiCult“wurden die Bestände von 38 Museen zumindest teilweise erfasst, 18 000 Datensätze sind veröffentl­icht, etwa 70 000 Datensätze angelegt. 2017 fand ein Informatio­nskongress mit der Deutschen Digitalen Bibliothek im Kultusmini­sterium statt, Raber wurde ins Digitalisi­erungsforu­m der Ministerpr­äsidentin berufen. Viel Ehr‘, viel Heimat-Arbeit.

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FOTO: OLIVER DIETZE Horst Philippi aus Ottweiler hat eine große Sammlung an Gegenständ­en aus alten Handwerksb­etrieben. Auch seine eigene Schreinerw­erkstatt ist sehenswert.
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FOTO: MARION SCHMIDT Rainer Raber, der Geschäftsf­ührer des Saar-Museumsver­bandes.

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