Der teure Flirt mit falschen Internet-Partnern
Mit Ersatzforderungen und unechten Profilen versuchen viele Dating-Portale, Nutzern das Geld aus der Tasche zu ziehen.
SAARBRÜCKEN Ilka Weber (*Name geändert) hatte viele Hoffnungen in eine Online-Dating-Agentur gesetzt: „Gutgläubig“, blickt sie zurück, hatte sie sich für eine Mitgliedschaft entschieden und für einen Monat Laufzeit 21,99 Euro bezahlt. Doch der Schock kam, als sie nach wenigen Tagen von ihrem 14tägigen Widerspruchsrecht Gebrauch machen wollte: Denn als „Wertausgleich“zog das Unternehmen noch 154,99 Euro von ihrem Konto ein. „Warum muss ich nach nur acht Tagen Mitgliedschaft und kaum erbrachter Leistung durch die Agentur noch so viel Geld extra bezahlen?“, schrieb sie an die Verbraucherzentrale. „Bitte helfen Sie mir! Ich bin völlig fertig!“
Verzweifelte E-Mails wie die von Ilka Weber und andere Beispiele von Abzocke dieser Art kennen Verbraucherschützer zur Genüge. „Betreiber von Online-Dating-Portalen agieren nicht immer verbraucherfreundlich“, sagt Susanne Baumer, Teamleiterin beim Marktwächter Digitale Welt der Verbraucherzentrale Bayern. Ilka Weber habe eigentlich alles richtig gemacht und sich zuvor auch über die Kosten für die Mitgliedschaft und Kündigungsfristen informiert. „Trotzdem ist sie hereingefallen“, so Baumer, „denn die Bestimmungen sind so kompliziert, dass sie für einen Nicht-Juristen kaum verständlich sind.“Das Problem sei, dass viele Partnervermittlungen hohe Geldbeträge als Ersatzforderungen beim Widerruf stellen.
Doch das ist nicht das einzige Beispiel, wie Verbraucher ausgenutzt werden, wenn sie online auf der Suche nach einer neuen Beziehung sind. Eine Untersuchung der Marktwächterexperten, bei der sie mehr als 300 Beschwerden auswerteten, ergab zudem: Singlebörsen und Erotikportale setzen mitunter sogenannte Fake-Profile ein, um Verbraucher zu hohen Ausgaben zu verleiten.
Felix Schmidt (*) etwa hatte sich auf der Website einer Online-Dating-Agentur angemeldet, die damit wirbt, dass „die Echtheit der Profile handgeprüft“werde. Das glaubt Schmidt jedoch nicht. Im Gegenteil: „Meine begründete Annahme nach zehn Kontakten ist, dass es sich hierbei um reine Fake-Profile handelt, mit denen der Verbraucher animiert wird, für den weiteren Kontakt einen Mindestbetrag zu bezahlen“, bilanziert er. Denn jede Nachricht koste einen Betrag. Doch jeglicher Erfolg und sogar eine Kommunikation außerhalb der Bezahl-Variante blieben aus. „Ich habe meine private E-Mail für den weiteren Kontakt in die Nachricht geschrieben“, schildert Felix Schmidt. „Doch alle Personen ignorierten dies und wollten den Kontakt ausschließlich über das Portal weiterführen.“Das Verhalten sei ungewöhnlich, da die Kontaktperson dafür ebenfalls bezahlen müsste.
Die Annahme des Verbrauchers, sei „wirklich begründet“, so Marktwächterin Susanne Baumer. Das ergebe sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Denn dort heißt es unter anderem,
„Betreiber von Online-Dating-Portalen
agieren nicht immer verbraucherfreundlich.“
Susanne Baumer Verbraucherzentrale Bayern
dass der Service „eine Vielzahl von Möglichkeiten zum Kommunizieren und Flirten bis eventuell hin zu realen Treffen sowie viele weitere Portal-Funktionen wie Kommunikation (Nachrichten im Portal, Telefon, SMS, Freundschaftsanfragen) mit realen Profilen“, aber auch mit vom Betreiber „erstellten und betriebenen Profilen“biete. Diese so genannten „CUser“seien „ausschließlich zur Auslebung von virtuellen und erotischen Fantasien gedacht“. Reale Treffen seien nicht möglich. Vielmehr biete „die kostenpflichtige Kommunikation mit CUsern Liebhabern der verbalen und non-verbalen erotischen Kommunikation vielfältige Möglichkeiten, sich zu unterhalten und zu vergnügen.“
Gerade diese „moderierten Dienste“von Online-Agenturen sind nach Ansicht der Verbraucherschützer besonders ärgerlich, denn deren Mitarbeiter verleiten Nutzer mit frei erfundenen Profilen, möglichst viele kostenpflichtige Kontakte aufzurufen. „Hier geht es nach unserer Einschätzung ausschließlich darum, die Umsätze der Portalbetreiber zu erhöhen“, sagt Baumer. Die Wahrscheinlichkeit echter Kontakte sei „äußerst gering“. Daher rät sie grundsätzlich dazu, sich nicht auf die Werbung zu verlassen und tatsächlich in die AGB zu schauen, „ob man überhaupt bekommen kann, was man haben möchte: nämlich echte Kontakte.“
Es gibt jedoch auch umgekehrte Beispiele: Diese zeigen, was passieren kann, wenn Nutzer solche Dating-Börsen wieder verlassen möchten. Diese Erfahrung machte Petra Schmidt (*), als sie einen Account bei einem Singe-Chat eröffnet hatte und für das Schreiben von Nachrichten so genannte „Flirtpunkte“kaufen musste. Nachdem
ihr Kontostand aufgebraucht war, und sie zudem „von Männern aller Altersgruppen belästigt“worden sei, entschied sie sich, ihr Profil wieder zu löschen. Vergebens. Denn auch dafür, so erfuhr sie, sei der Erwerb von weiteren Flirtpunkten erforderlich. Als Petra Schmidt dem Betreiber schrieb, er habe „fragwürdige Geschäftsmethoden“und mit einem Anwalt drohte, sei wenige Stunden später die freche Antwort gekommen: „Oh, haben wir aber Angst.“Die Bilanz der Single-Frau: „Wirklich unglaublich diese Seite. Seriös kann die nicht sein!“