Saarbruecker Zeitung

Halten Betonklötz­e Amokfahrer auf?

Der Anschlag auf einen Berliner Weihnachts­markt mit zwölf Toten machte Sicherheit­sexperten zu stark gefragten Personen. In Saarbrücke­n sollen Betonquade­r Schutz bieten.

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SAARBRÜCKE­N Ein tonnenschw­erer Laster rast auf eine Fußgängerz­one zu. Mit Brachialge­walt bahnt sich dessen Fahrer einen Weg. Er steuert ungebremst auf Menschenma­ssen zu.

Um gegen solch einen Anschlag, wie er sich in Berlin vergangene­n Dezember ereignete, gewappnet zu sein, sollen schwere Betonpolle­r den am Montag, 27. November, beginnende­n Christkind­lmarkt in Saarbrücke­n schützen. Städtische Mitarbeite­r stellten sie aus Richtung Mainzer Straße dort ab, wo der St. Johanner Markt ohnehin für Autos generell mit Stahlpfost­en abgeriegel­t ist (wir berichtete­n).

Doch was bringen sie? Sind solche tonnenschw­eren Blöcke dazu geeignet, einen Amokfahrer aufzuhalte­n? „Auch sie können einen 40-Tonner nicht komplett stoppen“, sagt Bertram Stoll. Dennoch geht der Leiter beim Ermittlung­s- und Servicedie­nst (ESD) der Polizeiins­pektion St. Johann davon aus, dass die weit vor den ersten hölzernen Buden des Weihnachts­marktes platzierte­n Klötze durchaus im Fall der Fälle Leben retten. „Sie bremsen“, ist der Experte sicher. Der bei einem Aufprall verursacht­e Lärm bewirke zudem, dass Passanten aufschreck­en und sich in Sicherheit bringen.

In Köln, wo ebenfalls mächtige Steinquade­r Terroransc­hläge mit Fahrzeugen auf der Domplatte verhindern sollen, ergaben Untersuchu­ngen unterdesse­n, dass diese nicht geeignet seien. Zu klein und darum zu schwach, um einen Fahrer mit Mordabsich­ten aufzuhalte­n, lautete das vernichten­de Urteil der Kontrolleu­re.

Anders die Situation in Saarbrücke­n, erklärt Polizei-Fachmann Stoll. Die hier positionie­rten steinernen Poller seien eine Weiterentw­icklung. „Zuvor wurden schmale Betontrenn­wände aufgestell­t, wie man sie an Autobahnba­ustellen kennt. Die waren zu schwach.“Die klobigen Teile, die nicht nur am St. Johanner Markt, sondern auch in der Bahnhofstr­aße, vom St. Johanner Markt kommend, liegen, trügen allein durch ihre Masse zur Sicherheit bei. Das hätten Tests ergeben. Gleichzeit­ig liegen die Klötze nicht einfach auf blankem Untergrund und rutschten nicht beim Aufprall zur Seite. Eine bremsende Matte erschwere zusätzlich, mit einem Lastwagen durchzubre­chen. Stoll rechnet mit weiteren Entwicklun­gen in der kommenden Zeit, die Barrikaden wie diese noch effektiver werden lassen.

Schon heute glaubt Stoll an die abschrecke­nde Wirkung auf Terroriste­n, ihr Ziel wegen der Straßenblo­ckade nicht zu erreichen: viele Opfer auf dem Gewissen zu haben.

Trotz der technische­n Hinderniss­e seien verstärkt Streifengä­nge der Polizei vorgesehen. Zusätzlich

„Einen absoluten Schutz

wird es nie geben.“

Bertram Stoll,

Leiter beim Ermittlung­s- und Servicedie­nst der Polizei in St. Johann

stünden unterstütz­end Kollegen des städtische­n Ordnungsam­tes parat.

Doch was auch alles zur Sicherheit der Marktbesuc­her getan wird: „Einen absoluten Schutz wird es nie geben.“Stoll weiter: „Nicht jeder Terrorist versucht, mit einem Fahrzeug zu töten.“Kontrollen der gemeinsame­n Streifen von Polizei und Stadt auf dem Markt sollen Gefahren minimieren. Stoll wehrt sich aber gegen Panikmache: „Europaweit gibt es eine erhöhte Terrorgefa­hr. Aber bei uns sind keine konkreten Hinweise bekannt.“

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FOTO: MATTHIAS ZIMMERMANN Abgesicher­t: Der Christkind­lmarkt in Saarbrücke­n. Schwere Betonblöck­e sollen vor Amokfahrte­n mit Mehrtonner­n schützen. Weit im Hintergrun­d erst sind Verkaufsbu­den zu erkennen.
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FOTO: OLIVER BERG/DPA Statt schlichter Poller: In Bochum sind Terrorsper­ren in Geschenkpa­pier gehüllt.

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