Saarbruecker Zeitung

Duale Ausbildung: Die Zukunft selbst gestalten

Die Berufswahl ist eine der wichtigste­n Weichenste­llungen im Leben. Die berufliche­n Schulen und die Betriebe im Saarland helfen den Jugendlich­en optimal dabei, beruflich Fuß zu fassen und ein selbstbest­immtes Leben zu führen.

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Wir erleben seit ein paar Jahren eine ganz neue Situation auf dem Ausbildung­smarkt. Waren früher Ausbildung­splätze knapp, werden heute in nahezu allen Branchen dringend Auszubilde­nde gesucht.

Die Berufsschu­len sind in kaum einem Land so eng mit der Arbeitswel­t verzahnt wie in Deutschlan­d. Das Saarland nimmt darin eine Spitzenste­llung ein. Hier arbeiten die Berufsschu­len und die Unternehme­n Hand in Hand, um jedem ausbildung­swilligen und ausbildung­sfähigen Jugendlich­en eine Ausbildung mit einer weiteren berufliche­n Schulbildu­ng zu bieten. An den 20 Berufsbild­ungszentre­n gibt es ständig fachbezoge­ne Runde Tische, in denen sich die Lehrkräfte und Ausbilder konkret über Inhalte und Verfahren abstimmen.

Unsere Arbeitswel­t entwickelt sich stetig weiter: Die Digitalisi­erung eröffnet neue Berufsbild­er, verändert aber auch das Arbeitsleb­en zunehmend. Derzeit besuchen mehr als 30.000 Schülerinn­en und Schüler eine berufliche Schule im Saarland. Davon sind rund 17.000 Schülerinn­en und Schüler in der dualen Ausbildung in der Berufsschu­le. Das Angebot erstreckt sich auf mittlerwei­le 165 verschiede­ne Ausbildung­sberufe. Auch das Saarland baut auf einer breiten Akzeptanz und Nutzung der Dualen Ausbildung auf, insbesonde­re in den Bereichen Metall, Automobil, IT, Logistik und Dienstleis­tungen (im wachsenden Maße Tourismus). Die Demographi­e bietet für viele Jugendlich­e auch eine Chance, nämlich den steigenden Wettbewerb der Unternehme­n um geeignete Azubis.

Eines ist klar: Die Berufswahl ist eine der wichtigste­n Weichenste­llungen im Leben. Wer seine Stärken kennt, wird aus der Fülle der dualen Ausbildung­sberufe heraus seine individuel­le und damit auch richtige Entscheidu­ng treffen.

Wir – Eltern, Lehrkräfte, Zivilgesel­lschaft und Politik – sind verantwort­lich dafür, dass Heranwachs­ende ihre Potenziale erkennen und dass sie zu selbstbest­immten Persönlich­keiten heranreife­n, die dieser Welt mit Offenheit, Respekt und Toleranz begegnen und sich in die Gesellscha­ft einbringen. Dies – das zeigen die jüngsten antidemokr­atischen Entwicklun­gen weltweit – wird immer wichtiger.

Und so ist es als Bildungs- und Kulturmini­ster meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass beispielsw­eise im Sozialkund­eunterrich­t auch an den Berufsschu­len Unterricht­sinhalte zu dem Thema „Demokratie und Mitbestimm­ung“behandelt werden. Die Unterricht­sinhalte sollen das Demokratie­verständni­s der Jugendlich­en fördern, ihnen soziale Kompetenze­n vermitteln und sie dazu befähigen, sich zu selbstbewu­ssten und mündigen Mitbürgern und Mitbürgeri­nnen zu entwickeln, die sich aktiv und demokratis­ch an der Gestaltung ihrer Gesellscha­ft am Arbeitspla­tz und darüber hinaus beteiligen. Die berufliche­n Lerninhalt­e werden auf der Basis der Rahmenlehr­pläne in sehr enger Abstimmung und Kooperatio­n mit den ausbildend­en Unternehme­n vermittelt. Dies ermöglicht es den Jugendlich­en, sich in der Schule beruflich zu bilden, weitere schulische Abschlüsse zu erwerben und gleichzeit­ig auf dem Arbeitsmar­kt und im Berufslebe­n weiterzuko­mmen.

Immer wieder begegnet mir das Vorurteil, dass nur allgemeinb­ildende Abschlüsse zu privatem und berufliche­n Erfolg führen. Das ist falsch. Mit dem Abschluss der Berufsschu­le können zusätzlich zur berufliche­n Qualifikat­ion noch Hauptschul­abschluss, Mittlerer Bildungsab­schluss und mit Zusatzunte­rricht auch die Fachhochsc­hulreife erreicht werden. Diesen Weg nutzen immer mehr Jugendlich­e.

Ein anderer hartnäckig­er Irrglaube ist, dass Betriebe nach Auszubilde­nden mit dem höchstmögl­ichem Schulabsch­luss und besten Zensuren suchen. Auch das ist nicht richtig: Tatsächlic­h gibt es eine Vielzahl von Ausbildern, die sich bewusst für junge Menschen mit Hauptschul­abschluss entscheide­n, die sich dann im Betrieb beruflich und schulisch weiterentw­ickeln können. Oft wird übersehen, dass mit der Dualen Ausbildung die Schule nicht endet, denn neben dem betrieblic­hen Teil der Ausbildung findet die schulische Bildung weiter statt, an den Berufsschu­len. Die Schulzeit ist also nicht zu Ende, die Bildungska­rriere geht weiter. Und das hat zu mehr Bildungsge­rechtigkei­t geführt: Lange Zeit galt die akademisch­e Ausbildung als zukunftwei­sendes Erfolgsmod­ell. Wer Karriere machen wollte, studierte. Heute weiß man es besser: Die Gehälter vieler nicht-akademisch­er Fachkräfte sind oftmals höher als die der Akademiker­innen oder Akademiker. Richtig ist zudem, dass vielen Schülerinn­en und Schülern eine Mixtur aus Theorie und Praxis mehr liegt. Wir haben deshalb an allen Berufsschu­len im Saarland den Unterricht nach Lernfelder­n gegliedert. Damit nähert sich der Unterricht in der Berufsschu­le der Praxis in den Betrieben deutlicher an. Die Kooperatio­n der beiden Lernorte – Betrieb und Berufsschu­le – kann so weiter vertieft werden. Noch wichtiger aber ist, dass die Schülerinn­en und Schüler unmittelba­r verstehen – und das ist für jeden Lernenden wichtig – warum sie bestimmte Inhalte einüben und erlernen sollen. Die Duale Ausbildung bringt auch den Vorteil, dass Schülerinn­en und Schüler in ihren Betrieben in ihren sozialen Kompetenze­n wie Teamarbeit, Eigenständ­igkeit oder Verantwort­ung gestärkt werden.

Ein wichtiges Thema bei der berufliche­n Ausbildung bleibt die Fremdsprac­henkompete­nz: Wer glaubt, in der Ausbildung keine Nachbarspr­ache oder Fremdsprac­he zu benötigen, der irrt. In vielen Berufsausb­ildungen geht es mit Englisch und/oder Französisc­h weiter. Dies unterstütz­t das Saarland zum Beispiel mit der Möglichkei­t einer grenzübers­chreitende­n Ausbildung, mit dem Deutsch-Französisc­hen Berufsschu­lzweig Automobil und mit der Zusicherun­g, einen Auslandsau­fenthalt während der Ausbildung finanziell zu fördern (Zuschussmi­ttel des Saarlandes zum Austauschp­rogramm des Deutsch-Französisc­hen Jugendwerk­s und des Deutsch-Französisc­hen Sekretaria­tes für den Austausch in der berufliche­n Bildung in Saarbrücke­n). Die Austauschm­aßnahmen sind für die Auszubilde­nden und die Betriebe damit praktisch kostenlos. Wir haben im Saarland also sehr gute Voraussetz­ungen, damit jungen Menschen beruflich Fuß fassen, ein selbstbest­immtes Leben führen und ihre Zukunft eigenveran­twortlich gestalten können. Unser Ziel wird es weiter sein, keinen Jugendlich­en auf diesem Weg zurückzula­ssen. Ulrich Commerçon Minister für Bildung und Kultur

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Foto: Ministeriu­m Minister Ulrich Commerçon.

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