Saarbruecker Zeitung

Bahn-Projekt Stuttgart 21 soll noch teurer werden

Die Kosten für das Bahnhof-Großprojek­t Stuttgart 21 steigen und steigen. Wer für die Mehrkosten aufkommt, ist offen und sorgt für Streit.

- VON ROLAND BÖHM, BETTINA GRACHTRUP UND JULIA KILIAN

Das Bahn-Großprojek­t Stuttgart 21 wird mit voraussich­tlich 7,6 Milliarden Euro noch teurer als von der Bahn bislang angenommen. Gestiegene Baukosten sollen schuld daran sein. Außerdem verzögert sich das Vorhaben bis Ende 2024.

Das Verlagern von Gleisen unter die Erde schafft neue Räume.

STUTTGART/BERLIN (dpa) Das Großprojek­t Stuttgart 21 ist seit Jahren umkämpft – nun gibt es neuen Ärger. Das Bauvorhabe­n wird nochmal gut eine Milliarde Euro teurer. Die Bahn rechnet nun mit einem Kostenrahm­en von 7,6 Milliarden Euro. Außerdem verzögert sich das Vorhaben und soll erst Ende 2024 fertig werden.

Warum wird das Projekt teurer? Offiziell hat sich die Bahn nicht dazu Produktion dieser Seite:

Lothar Warscheid

Thomas Sponticcia, Barbara Scherer geäußert. Aus Kreisen des Aufsichtsr­ats werden jedoch etwa gestiegene Baukosten genannt, Verzögerun­gen in den Planungsve­rfahren und strenge Vorschrift­en des Artenschut­zes für Eidechsen und Käfer. Diese Gründe wurden schon vor vier Jahren aufgezählt, als der Kostenrahm­en um zwei Milliarden Euro erhöht wurde. Die Bahn wollte gegensteue­rn, um Kosten und Zeitplan im Griff zu halten, das hat offenkundi­g nicht geklappt.

Wer kommt für die Mehrkosten auf?

Schwierige Frage, denn darüber wurde schon vor den neuen Nachrichte­n gestritten. Ein Knackpunkt ist ein Passus im Finanzieru­ngsvertrag: Die sogenannte Sprechklau­sel sagt, dass im Fall weiterer Kostenstei­gerungen die Eisenbahnu­nternehmen und das Land „Gespräche“aufnehmen. Aber was heißt das genau? Aus Sicht der Bahn ist auch eine finanziell­e Mehrbeteil­igung vor allem des Landes und der Stadt Stuttgart gemeint. Die Projektpar­tner pochen allerdings darauf, dass die Klausel lediglich zum Sprechen auffordert.

Wie soll der Streit gelöst werden?

Die Bahn setzt auf die Justiz. Ende 2016 reichte der Konzern Klage gegen das Land Baden-Württember­g ein. Er will damit nach eigenen Angaben verhindern, dass mögliche finanziell­e Ansprüche auf eine Beteiligun­g der Partner an den Mehrausgab­en verjähren.

Was macht die Arbeiten komplizier­t?

Aus dem oberirdisc­hen Bahnhof soll ein Tiefbahnho­f werden. Der bisherige Kopfbahnho­f mit 16 Gleisen soll durch eine unterirdis­che Durchgangs­station mit acht Gleisen ersetzt werden.

Was soll das Bauprojekt bringen?

Die Bahn setzt darauf, dass der Zugverkehr besser abgewickel­t werden kann. Der Kopfbahnho­f wird unter der Erde zum Durchgangs­bahnhof. Damit werde der neue Bahnhof leistungsf­ähiger, argumentie­ren die Befürworte­r. Bisher mussten die Züge auf den Gleisen immer wenden. Die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Ulm soll von 54 auf 31 Minuten verringert werden. Stuttgart 21 ermöglicht auch den Lückenschl­uss in der europäisch­en Magistrale Paris-Budapest. Die Stadt gewinnt zudem neuen Baugrund: Durch das Verlagern von Gleisen unter die Erde werden Parkanlage­n erweitert, Wohnungen und Büros können entstehen.

Sind 7,6 Milliarden Euro eigentlich viel für ein Verkehrspr­ojekt?

Jedes Bahnvorhab­en fällt anders aus, Vergleiche sind schwierig. Der größte Bahnhof, der zuletzt in Deutschlan­d gebaut wurde, war der Berliner Hauptbahnh­of: Mit 1,2 Milliarden Euro geriet er zum teuersten Bahnhof der Nachkriegs­zeit.

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FOTO: GOLLNOW/DPA Rund um den Stuttgarte­r Hauptbahnh­of wird kräftig gebaut. Das wird auch noch eine Zeitlang so bleiben.

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