Saarbruecker Zeitung

Jugend-Protest gegen Bäder-Politik

Juso-Chefs sehen Preisschub als „unverantwo­rtlich“an, weil Ertrinken zweithäufi­gste Todesursac­he sei.

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Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon hat die Kommunen aufgeforde­rt, die Eintrittsp­reise für Schwimmbäd­er zu erhöhen. Linksfrakt­ion und linksorien­tierte Jugend kritisiere­n den Vorstoß scharf – auch weil Ertrinken die zweithäufi­gste unfallbedi­ngte Todesart sei.

SAARBRÜCKE­N (dik) Die Forderung von Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon an die Kommunen, die Eintrittsp­reise für Schwimmbäd­er drastisch zu erhöhen, ist auf heftige Kritik bei der Linksfrakt­ion im Saar-Landtag und der linksorien­tierten Jugend gestoßen. Diese lehnen eine weitere Belastung der Saarländer durch steigende Bäder-Eintrittsp­reise ab. Der Abgeordnet­e Dennis Lander, 24, sagte gestern: „Durch eine Steigerung des Eintrittsp­reises werden wie üblich diejenigen mit wenig Geld am stärksten belastet.“Öffentlich­e Schwimmbäd­er würden „sich nie rechnen“, da sie einerseits auch für Menschen mit schmalerem Geldbeutel bezahlbar bleiben müssten und anderersei­ts ihr Personal fair bezahlen sollten. „Wenn nur das Betriebser­gebnis ausschlagg­ebend wäre, hätten wir nur noch teure Spaßbäder mit schlecht bezahlten, prekär beschäftig­ten Mitarbeite­rn“, betonte Lander.

Simon Ohliger, Vorstandsm­itglied der Linksjugen­d Saar „Solid“, fügte hinzu: „Schwimmen ist Grundbildu­ng und muss gerade Kindern möglich gemacht werden, leider können es aber viel zu wenig. Dafür sind auch soziale Gründe verantwort­lich.“Im Saarland seien mehr als ein Fünftel aller Kinder und Jugendlich­en bis 18 Jahre arm oder von Armut gefährdet. „Durch eine Verteuerun­g wird man den Betroffene­n die soziale Teilhabe noch mehr erschweren“, sagte Ohliger. Zudem sehe er Bouillons Äußerung, die Menschen wüssten, was die Stunde geschlagen habe, sie vertrügen die Wahrheit, als mehr als problemati­sch an, so Ohliger. „Die CDU sollte endlich mal erklären, warum die Gewinne, die die deutsche Wirtschaft einfährt, nicht bei der Bevölkerun­g ankommen“, betonte Ohliger.

Der Kreisvorsi­tzende der Jungsozial­isten in der SPD von Saarlouis Johannes Hiry sagte zu Bouillons Eintrittsp­reis-Vorstoß: „Es ist absolut unverständ­lich, dass die Bäder aufgeforde­rt werden, ihre Eintrittsp­reise zu erhöhen, um an einer finanziell­en Förderung des Landes beteiligt zu werden.“

Schwimmbäd­er gehörten zur öffentlich­en Daseinsvor­sorge, betonte Hiry. Sie seien gerade für Kinder und Jugendlich­e besonders wichtig. Nicht nur, um dort ihre Freizeit zu verbringen, sondern auch aus pädagogisc­hen Gesichtspu­nkten, so Hiry. „Wo sonst sollen junge Menschen Schwimmen lernen? Eine weitere Preiserhöh­ung würde vor allem zu Lasten junger Menschen gehen. Insbesonde­re sozial schwächere Familien würden darunter leiden. Anstatt die Preise zu erhöhen, wäre es eher an der Zeit, Kindern und Jugendlich­en den kostenfrei­en Zugang zu Bädern zu ermögliche­n!““, forderte der Juso-Kreischef.

Vor dem Hintergrun­d, dass Ertrinken für Kinder und Jugendlich­e unter 15 Jahren die zweithäufi­gste unfallbedi­ngte Todesart sei, sei die geforderte Preiserhöh­ung absolut unverantwo­rtlich, erklärte Hiry. „Anstatt auf Kosten der Kinder und Jugendlich­en Haushaltsk­onsolidier­ung zu betreiben, würde es dem Innenminis­ter gut zu Gesicht stehen, für eine gut finanziert­e öffentlich­e Daseinsvor­sorge zu sorgen. Dies schließt ein umfassende­s neues Bäderkonze­pt für das Saarland mit ein,“sagte Hanne Wendorff, ebenso Juso Kreischefi­n in Saarlouis.

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