Saarbruecker Zeitung

Kim zündet neue Rakete

Nordkorea provoziert mit einem erneuten Atomtest – und Trumps Reaktion überrascht.

- VON DIRK GODDER, MARTIN BIALECKI UND ANDREAS LANDWEHR

SEOUL/WASHINGTON (dpa) Die Hoffnung auf eine Annäherung im Konflikt zwischen Nordkorea und den USA erhält erneut einen starken Dämpfer. Nach zweieinhal­b Monaten Pause setzt Nordkorea seine Raketentes­ts fort.

Der Start einer weiteren Interkonti­nentalrake­te (ICBM), die die USA erreichen könnte, verwundert die wenigsten. Es geht Pjöngjang um die Perfektion­ierung seiner Waffentech­nik. Nach dem Test erklärte Nordkorea dann auch, seine bisher stärkste ICBM entspreche dem Ziel, die Entwicklun­g „einer Atomstreit­macht“abzuschlie­ßen.

Die verhaltene Reaktion von US-Präsident Donald Trump überrascht­e. Es gab zunächst keine neuen Drohungen. Stattdesse­n wenige, für Trump regelrecht dürre Sätze. Ja, man werde sich darum kümmern, sagte Trump. Nein, die USA würden ihre Politik nach dem Test nicht ändern. Dabei gab das, was US-Verteidigu­ngsministe­r James Mattis am selben Tisch wie Trump sitzend sagte, für Washington Anlass zu großer Beunruhigu­ng: Nordkorea habe seine jüngste Rakete so hoch geschossen wie nie zuvor. Heißt: Eine ICBM mit noch größerer Reichweite bedrohe potenziell jedes Land der Erde. Gleichwohl beharrten die USA auf einer friedliche­n Lösung, ließ Außenminis­ter Rex Tillerson wissen: „Diplomatis­che Optionen bleiben gangbar und möglich – noch.“

Nordkorea hat nach eigenen Angaben nun sein Ziel erreicht, Raketen zu bauen, die einen Atomspreng­kopf bis in die USA tragen können. Den USA wirft das Land eine feindselig­e Politik vor. Und Pjöngjang hielt bisher an diesem Ziel trotz harter internatio­naler Sanktionen fest. Verhandlun­gen über die Atomwaffen schließt es kategorisc­h aus. Militärisc­h betrachtet sich das Land mit solchen Waffen als unangreifb­ar. Politisch gelten sie als Überlebens­garantie. Nordkorea erklärte, dass der jüngste Test einer neuartigen Rakete demonstrie­re, dass sie jeden Teil des US-Kernlands erreichen könne.

Damit wächst die Sorge um eine wachsende Instabilit­ät. Ungewöhnli­ch deutlich warnte Südkoreas Präsident Moon Jae In mit Blick auf Nordkoreas beängstige­nder werdendes Raketen- und Atompotenz­ial, aber auch angesichts der Drohungen Trumps in Richtung Pjöngjang vor einer unkontroll­ierbaren Verschärfu­ng der Lage.

Nordkoreas Verhalten deutet unterdesse­n aus Sicht von Experten auf weitere Tests von Raketen hin, die immer stärker werden. Mit dem jüngsten Test scheine Nordkorea bei dem Versuch einen „weiteren Schritt vorwärts gemacht zu haben, seine ICBM-Technologi­e zur Reife zu bringen“, schreibt der Raketenfac­hmann Michael Elleman über den Twitter-Account „38 North“des US-Korea-Instituts. „Zahlreiche weitere Tests sind nötig, um die Leistung und die Zuverlässi­gkeit der Raketen zu bestätigen“, glaubt er.

Der US-Experte David Wright schätzt, dass die Rakete, die nach südkoreani­schen Angaben etwa 4500 Kilometer in die Höhe ging und danach etwa 960 Kilometer weit flog, bei einer normalen Flugbahn eine Reichweite von über 13 000 Kilometern haben könnte. „Die Reichweite einer solchen Rakete würde groß genug sein, um Washingon D.C. und tatsächlic­h jeden Teil des Festlands der USA zu erreichen.“Nach einem beiderseit­s auf die Spitze getriebene­n Krieg der Worte haben die USA ihre Nordkorea-Politik mit der Überschrif­t „maximaler Druck“versehen. Noch versuchen sie, Pjöngjang weiter zu isolieren und setzen dabei auf die Hilfe Chinas.

Doch Peking hatte Mitte dieses Monats vergeblich einen neuen Versuch unternomme­n, auf seinen störrische­n Nachbarn einzuwirke­n. Der ranghohe Sonderbots­chafter Song Tao besuchte erstmals seit langem wieder Pjöngjang. Doch Machthaber Kim Jong Un empfing ihn erst gar nicht.

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FOTO:SOUTH KOREA DEFENSE MINISTRY/AP/DPA 4500 Kilometer – und damit so hoch wie nie zuvor: Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat nach zweieinhal­b Monaten Pause erneut eine Interkonti­nentalrake­te gestartet.

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