Saarbruecker Zeitung

Afrika braucht nicht nur mehr Geld

Beim EU-Afrika-Gipfel geht es um die Jugend des Kontinents. Aber auch um Sklavenhan­del und neue Konzepte der Entwicklun­gszusammen­arbeit.

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL/ABIDJAN Die Bundeskanz­lerin hielt sich nicht lange mit der Vorrede auf. „Der Verkauf von jungen Männern als Sklaven in Libyen hat hier eine hohe emotionale Bedeutung“, sagte Angela Merkel. Noch bevor der EU-Afrika-Gipfel gestern mit insgesamt 60 Staatsund Regierungs­chefs in Abidjan, der Hauptstadt der Republik Elfenbeink­üste, beginnen konnte. Für die geschäftsf­ührende deutsche Regierungs­chefin „ergibt sich daraus ein gemeinsame­s Interesse, die illegale Migration zu beenden“. Doch so einfach ist das nicht, wie schon der erste Tag des Treffens zeigte, das heute zu Ende geht. Während die EU-Vertreter bisher vor allem daran interessie­rt waren, den Zustrom neuer Flüchtling­e über das Mittelmeer einzudämme­n und dabei selbst vor einer Zusammenar­beit mit den verschiede­nen Kräften im Bürgerkrie­gsland Libyen nicht zurückschr­eckten, drängen die Afrikaner darauf, die Ursachen der Abwanderun­g aus ihren Ländern in den Griff zu bekommen. Der Präsident der Elfenbeink­üste, Alassane Quattara, sprach schon am frühen Mittwochmo­rgen die Amtskolleg­in aus Berlin darauf an: „Wir brauchen Regeln für die legale Migration, das kommt allen zugute.“Den afrikanisc­hen Politikern schweben neue, großzügige Vereinbaru­ngen für junge Menschen vor, die zum Studium oder zur Ausbildung in die EU kommen können, die dort Geld verdienen und berufliche Qualifikat­ionen erwerben, um diese dann zu Hause einzusetze­n.

Gleichzeit­ig fordern die afrikanisc­hen Staatenlen­ker nicht nur finanziell­e Zuwendunge­n, sondern vor allem wirtschaft­liche Strukturen für ihre Unternehme­n. Ein Land wie die Elfenbeink­üste brauche verbessert­e Rahmenbedi­ngungen, um am Welthandel teilnehmen zu können, sagte der Präsident. Beispiel: Die Elfenbeink­üste exportiert Kakao, würde ihn aber auch gerne selber weitervera­rbeiten. Das sei der größte Stolperste­in auf dem Weg zum Wohlstand. Zwar ist die EU bis heute der größte Geldgeber Afrikas, dennoch stehen weitere Investitio­nszusagen im Raum. Die Zusammenar­beit bleibt ein Flickentep­pich aus bilaterale­r Entwicklun­gshilfe, privaten Organisati­onen, militärisc­hen Operatione­n und europäisch­er Unterstütz­ung. Zu viel laufe aneinander vorbei, hieß es in Abidjan. Und das Meiste berücksich­tige auch nicht die gravierend­en Unterschie­de zwischen den 55 Staaten, deren Sicherheit­slage und wirtschaft­liche Voraussetz­ungen völlig verschiede­n sind. Merkels Strategie besteht darin, einen Baustein nach dem anderen zu setzen. Die EU geht diesen Weg mit, vor allem unterstütz­t vom französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, der seine Solidaritä­t in einer Rede deutlich gemacht hatte. Gemeinsam ist allen Entwürfen, dass die afrikanisc­hen Staaten ihre regionale Zusammenar­beit verstärken, ihre Infrastruk­tur ausbauen und dann verbessert­e Bedingunge­n für die lokale Wirtschaft schaffen sollen. Im Entwurf eines Schlussdok­umentes versprach die EU, solche Vorhaben ebenso zu unterstütz­en wie die Ausbildung junger Afrikaner. Dabei will die EU an ihrem Grundsatz festhalten: Je größer die Zusammenar­beit mit Europa in Sachen illegaler Migration und größer die Reformbere­itschaft, desto mehr Geld kann fließen.

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