Saarbruecker Zeitung

Brüssel will Bauern in der EU auf Diät setzen

Auch wegen des Brexits sollen die Subvention­en für die Landwirtsc­haft zusammenge­strichen werden.

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BRÜSSEL (dr) Eine starke Landwirtsc­haft, die für gesunde Lebensmitt­el sorgt – das hat die EU-Kommission gestern in Brüssel versproche­n. Doch der Zukunftsen­twurf kommt einer Augenwisch­erei gleich: Den Bauern drohen Kürzungen ihrer Subvention­en, die viele Existenzen kosten dürften.

Der Verteilung­skampf hat begonnen. Gut sechs Monate, bevor im Mai 2018 der erste Entwurf für den siebenjähr­igen EU-Finanzrahm­en nach 2021 vorgelegt wird, präsentier­ten Kommission­svize Jyrki Katainen und sein Kollege aus dem Agrar-Ressort, Phil Hogan, erst einmal ein Loblied auf die europäisch­e Agrarpolit­ik. Europa sei Dank der gemeinsame­n Agrarpolit­ik (GAP) zu einer „Supermacht in der Landwirtsc­haftsund Ernährungs­politik“geworden, heißt es in der Vorlage. Die Gemeinscha­ft werde auch künftig dafür sorgen, dass sie „weiterhin gesunde und schmackhaf­te Lebensmitt­el für die Verbrauche­r bereitstel­lt und Wachstum in ländlichen Gegenden schafft“. Dazu sollten moderne Technologi­en gefördert, junge Menschen für den Beruf des Landwirts gewonnen werden und nachhaltig­e Erzeugung verstärkt werden. Dass dies nur Sprechblas­en sind, die wenig mit der Realität auf den Äckern zu tun hat, weiß die Kommission. Schließlic­h hat sie selbst ihre zuständige­n Generaldir­ektionen beauftragt auszurechn­en, wie es um die Zukunft wirklich bestellt ist. Die Zahlen sind dramatisch.

Bisher gibt die Union jedes Jahr rund 50 Milliarden Euro und damit 39 Prozent ihres Etats für den Agrarberei­ch aus. Nicht nur wegen der wegfallend­en britischen Zahlungen stehen nun allerdings massive Einschnitt­e an. „In einigen Sektoren läge der Einkommens­rückgang bei 26 Prozent“, heißt es in einer Studie der EU-Verwaltung­sbehörde für Landwirtsc­haft und ländliche Entwicklun­g. Besonders betroffen wären Bauern, die in folgenden Bereichen tätig sind: „Rinderzuch­t, Getreide-Anbau, Ölsamen und Proteinpfl­anzen sowie Haltung von Schafen und Ziegen.“

Auch Deutschlan­d wäre massiv betroffen. Bereits in der Vorwoche hatten Umweltverb­ände eine vernichten­de Studie von Fachleuten veröffentl­icht, die an der GAP kaum ein gutes Haar lässt: Zwar seien die Direktzahl­ungen für die Bauern wichtig, würden aber auch die Abhängigke­it von Subvention­en verstärken. Die Effekte der Fördermitt­el im Bereich der ländlichen Entwicklun­g verfehlten wesentlich­e Ziele für den Schutz des Wassers, der Umwelt und der Artenvielf­alt bei weitem.

Trotzdem dürfte genau diese Entwicklun­g fortgesetz­t werden. Erste Äußerungen aus dem Umfeld der Kommission belegen, dass der Agrarsekto­r künftig noch mehr Verantwort­ung für Klimaschut­z und Artenerhal­tung bekommen soll. Das deutet auf eine Umwidmung von Direktzahl­ungen an die Landwirte auf die Programme für die ländliche Entwicklun­g hin. Ob das effizient ist, bleibt unbeantwor­tet. „Die Landwirte werden weiterhin im Rahmen von Direktzahl­ungen Unterstütz­ung erhalten“, versprache­n die Kommissare. Und die Förderung eines „intelligen­ten und krisenfest­en Agrarsekto­rs“bleibe ein Schwerpunk­t. Wie die Kommission über die Zukunft einer ihrer wichtigste­n Säulen debattiere­n will, ohne konkrete Zahlen vorzulegen, blieb vorerst einmal ihr Geheimnis.

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FOTO: FÖRSTER/DPA Unter anderem beim Getreide-Anbau will die EU sparen.

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